ftd.de, Mi, 9.10.2002, 14:20, aktualisiert: Mi, 9.10.2002, 17:49 Commerzbank: Finanzaufsicht prüft Kursentwicklung
Die Wertpapieraufsicht BAFin vermutet hinter den seit Tagen anhaltenden Gerüchten um die Commerzbank eine gezielte Manipulation des Aktienkurses. Offenbar wird die Bank auch nicht wie vermutet, drastische Abschreibungen vornehmen müssen.
"Wir untersuchen, ob es eine Kursmanipulation gegeben hat, und dies ist weit mehr als eine Routine-Überprüfung", sagte eine Sprecherin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) am Mittwoch in Bonn. Seit dem Wochenende war in der Presse und an den Kapitalmärkten über angebliche Liquiditätsschwierigkeiten und eine angeblich anstehende Kapitalerhöhung spekuliert worden. Bei den Gerüchten am Markt dränge sich die Frage auf, ob jemand versuche, den Kurs der Commerzbank-Aktie zu manipulieren, sagte die Sprecherin. Die Untersuchung richte sich aber nicht gegen die Commerzbank, hieß es.
Ein Commerzbank-Sprecher begrüßte die Entscheidung der Bafin. Angesichts täglich neuer rufschädigender Gerüchte, müsse man sich schon die Frage stellen, ob hier nicht systematische eine Kampagne gestartet worden sei. Vorstandschef Klaus-Peter Müller hatte erst jüngst wieder bekräftigt, die Commerzbank habe keine Liquiditätsprobleme. Ausdrücklich hatte er auch Gerüchte zurückgewiesen, die Commerzbank plane eine Kapitalerhöhung oder müsse sämtlich neu vergebenen Kredite zur Gegenzeichnung vorlegen.
Offenbar keine erheblichen Abschreibungen
Dennoch belasteten die gestreuten Meldungen über Probleme der Bank den Kurs. Am Mittwoch lagen die Commerzbank-Aktien zwischenzeitlich mit knapp vier Prozent im Minus bei 5,10 Euro, drehten anschließend aber gut ein Prozent ins Plus auf 5,36 Euro. Seit Jahresbeginn hat das Papier mehr als zwei Drittel an Wert verloren.
Bei den am 12. November anstehenden Neun-Monats-Zahlen wird die Commerzbank offenbar nicht wie vermutet, umfangreiche Abschreibungen auf ihr Beteiligungsvermögen vornehmen müssen. "Es wird zum 30. September voraussichtlich keine drastischen Abschreibungen geben, da die Bank den Wertrückgang im wesentlichen noch nicht als nachhaltig ansieht", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus Kreisen der Bank.
Bankchef Klaus-Peter Müller hatte in einem Zeitungsinterview am Dienstag gesagt, die Bank könnte für das dritte Quartal Abschreibungsbedarf haben, falls sie die Wertminderungen als dauerhaft ansehe. Die Commerzbank wird ihre Neun-Monatszahlen später als die Konkurrenten HypoVereinsbank und Deutsche Bank vorlegen. Denkbar ist deshalb, dass die Höhe der Abschreibungen auch ein wenig davon abhängig gemacht wird, in welchem Umfang die Wettbewerber ihre Beteiligungen abschreiben.
Ratingagentur bleibt skeptisch
Am Dienstag hatte die Ratingagentur Standard & Poor's das entscheidende Langfrist-Rating der Commerzbank herunter gestuft auf A- von A und dies mit dem schwächeren Geschäft sowie dem verschlechterten Risikoprofil der Commerzbank in einem insgesamt schwachen wirtschaftlichen Umfeld begründet. Die Rückstufung habe aber nichts zu tun mit den jüngsten Spekulationen über angebliche Liquiditätsprobleme der Bank, einer zu niedrigen Kernkapitalquote oder außergewöhnlich hohen Verluste in einem der Geschäftsbereiche.
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