18.05.2005 (17:21)
Im Rahmen seines Deutschlandbesuches traf sich die Redaktion von INVEST INSIDE in Frankfurt mit Gavin Rezos, Geschäftsführer der australischen Nanotechschmiede pSivida Limited. Lesen Sie nachfolgend einen Auszug aus dem geführten Interview:
Guten Tag Herr Rezos, bitte geben Sie uns einen Überblick über Ihr Unternehmen. Wer sind die wichtigsten Personen bei pSivida?
Die wichtigsten Personen von pSivida sind die Mitglieder unseres Management-Teams. Zuerst möchte ich hier Dr. Roger Brimblecombe erwähnen, den früheren Chairman von Smith Kline und French Research. Er bringt in unsere Firma seine exzellenten langjährigen Erfahrungen aus der Pharmabranche ein und wir profitieren natürlich ebenfalls von seinen hervorragenden Kontakten. Exemplarisch für die Qualität der anderen Manager möchte ich hier auch Dr. Roger Aston nennen, er ist einer der Gründer von pSivida und war früher CEO von Peptech Ltd. sowie in Großbritannien Direktor von der Cambridge Antibody Technology Ltd. Dies ist auch ein großartiger Fachmann, einer der besten dieser Branche überhaupt. Unser Chief Scientific Officer ist Prof. Leigh Canham, einer der berühmtesten und angesehensten Silikonspezialisten der Welt. Er ist auch der Entdecker von BioSilicon. Auch die anderen Boardmanager sind versierte Experten mit herausragender Reputation. Unser Management-Team hat, wie Sie sehen, erstklassige Erfahrungen im Pharmageschäft, in der Biotechnologiebranche und im Investmentbusiness.
Ihr Schlüsselprodukt ist eben besagtes BioSilicon. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Als echte Plattformtechnologie hat BioSilicon eine Vielzahl potenzieller Anwendungsmöglichkeiten im stark wachsenden Gesundheitssektor einschließlich kontrollierter Medikamentenabgabe, Brachytherapie, Tissue Engineering und Orthopädie. BioSilicon verfügt über die Struktur einer Honigwabe. Die Wände dieser Honigwabe bestehen aus Silizium in Nanogröße. Für den menschlichen Körper ist Silizium ein lebensnotwendiges Spurenelement. Wir können nun mit Hilfe unserer Technologie solche BioSilicon-Einheiten in verschiedenen Formen herstellen und sie mit Medikamenten versehen. Die Produkte können entweder geschluckt, inhaliert oder injiziert werden. Wie Sie sicher wissen, liegt unser zentraler Forschungsschwerpunkt auf der Brachytherapie. Diese hat das Ziel, bösartige Tumore, Krebsgeschwüre, unmittelbar am Tumor selbst zu bekämpfen. Dies ist gemessen an der bisherigen Praxis der sehr belastenden Chemotherapie geradezu revolutionär. Der Körper des Patienten wird auf diese Weise weitestgehend geschont und die Behandlung setzt genau dort an, wo es am sinnvollsten ist: Am Krankheitskern selbst. Wir verwenden poröses Silizium, bestücken es mit Phosphor, führen es in den Reaktor und erhalten 32P BioSilicon. Die Injektion erfolgt direkt in den Tumor und kann so extrem effektiv wirken. Während der Behandlung kann der Arzt in Reichweite des Patienten stehen bleiben, was für den Kranken sehr beruhigend ist. In den vorklinischen Studien konnte pSivida demonstrieren, dass BioSilicon biologisch abbaubar ist. BioSilicon ist nicht nur in der Krebstherapie anwendbar, sondern auch in der Diagnostik und der Orthopädie.
Welche Medikamente können denn aus BioSilicon bisher beispielsweise gewonnen werden ? Unser Kerngebiet ist in der Tat die Entwicklung und Kommerzialisierung neuer Medikamente auf der Basis unseres Produktes BioSilicon. Unser neues Medikament BrachySil hat in jüngsten Untersuchungsreihen exzellente Ergebnisse erzielt. Wir gehen heute davon aus, dass es sich hierbei um den großen Durchbruch in der Brachytherapie handelt. Die Brachytherapie-Behandlung durch Nutzung von BioSilicon umfasst signifikante potenzielle Vorteile: Kurze Reichweite – Das 32-P Isotop hat eine kurze aktive Reichweite, die zu weniger Schäden am gesunden Gewebe führt. - Immobilisation – Das 32-P Gerät ist fest im Tumor und reduziert das Risiko einer Leckage oder systemischer Nebenwirkungen deutlich. - Einfache Anwendung - BrachySil wird unter Lokalanästhesie verabreicht und Patienten können am Folgetag der Behandlung wieder entlassen werden. - Direkte Verabreichung – BrachySil wird über eine feine Nadel verabreicht und minimiert so Nebenwirkungen und Gewebetraumata. Abgeschirmte Räume oder robotische Injektionen sind nicht notwendig und erlauben die Behandlung in Krankenhäusern ohne Notwendigkeit zur Investition in spezialisierte Einrichtungen. - Reichweite der Tumore – Die Verabreichung über eine feine Nadel erlaubt im Gegensatz zu derzeitigen Brachytherapie-Produkten die potenzielle Anwendung auf viele Tumorarten. - Vertrieb – Die 32-P Halbwertszeit von 14 Tagen erlaubt bequemere Distribution an Krankenhäuser und Anwendung bei Patienten. - Herstellung - BioSilicon ist strahlungshart und erlaubt die einfache Herstellung von BrachySil aus phosphorisiertem Silizium, das in der Elektronikindustrie verwendet wird, ohne die Notwendigkeit, kostenintensive Produktionseinrichtungen aufzubauen.
Natürlich ist der Anwendungsbereich der Medikamentenentwicklung für pSivida momentan der wichtigste und gewinnbringendste Geschäftszweig, doch sollten Sie berücksichtigen, dass die Abteilung Diagnostik einen immer höheren und attraktiveren Stellenwert in der Gesamtstrategie des Unternehmens einnimmt. Hierzu hat pSivida in Australien die Tochter AION gegründet, um im Markt für Biosensoren und Gesundheitsdiagnostik ein Produktportfolio auf der Basis von BioSilicon zu entwickeln. AION arbeitet zu diesem Zweck mit Universitäten, privaten Forschungseinrichtungen und Industriepartnern zusammen. Es gibt eine Lizenzvereinbarung mit dem Forschungszentrum Jülich über den Gebrauch der optischen Silikon-Spiegelungstechnologie von AION. Auch in der Nahrungsmittelindustrie werden wir uns engagieren. Hier stehen wir allerdings erst am Beginn, doch zeigt unsere Kooperation mit ITOCHU, dass auch dieser Zweig langfristig sehr erfolgversprechend ist. pSivida hat, dies möchte ich erwähnen, drei hundertprozentige Tochtergesellschaften. 1) pSimedica in Großbritannien (zur Entwicklung und zum Ausbau der BioSilicon-Plattform) 2) pSiOncology in Singapur (für den Bereich Brachytherapie) 3) AION in Australien (Diagnostik) Ein anderer großer Anwendungsbezirk ist wie schon gesagt die Orthopädie. Wir haben Schultergelenke aus Titan und BioSilicon erzeugt. BioSilicon kann dabei mit einem Wachstumsmedikament zum besseren Knochenwachstum versehen werden. Im Bereich Tissue Engineering liefern wir mit BioSilicon eine Plattform für die Züchtung von Zellen, einschließlich Stammzellen. Wir arbeiten übrigens an der Stammzellenforschung und Wundheilung zusammen mit Cytomatrix in den USA, in Australien und im General Hospital in Singapur. Im Feld der Diagnostik streben wir Partnerschaften mit Chipherstellern an, die für uns winzige Implantate produzieren. Welche Kooperationspartner hat pSivida derzeit?
Wir haben selbstverständlich eine Vielzahl von Kooperationspartnern, die allesamt höchst seriös sind und deren Mitwirkung beweist, dass pSivida in der Forschung bereits ein sehr hohes Ansehen genießt. Im Feld der Brachytherapie sind unsere Partner beispielsweise die Birmingham Universität, die Universität Purdue und die Universität von Pittsburgh. Ferner kooperieren wir hier mit den fünf größten Pharmazieunternehmen der Welt. Im Bereich Orthopädie sind die Texas Christian University, das Londoner St. Thomas Hospital und die Universität von Nottingham unsere Partner, in der Stammzellenforschung wie gesagt Cytomatrix. Bei der Forschung und Kommerzialisierung unseres Medikamentes BrachySil konnten wir auf Hilfe von der HighForce Ltd, der Micron Group Atomising Systems Ltd. und Auriga Medical zurückgreifen. Der wichtige Bereich Diagnostik wird von uns zusammen mit der Forschungszentrum Jülich GmbH ausgebaut. Sie sehen, auch die exemplarische Auswahl der bedeutendsten Partnerschaften verdeutlicht die Qualität unserer wissenschaftlichen Bemühungen.
Wie sieht Ihre Strategie aus, zu nennenswerten Umsätzen in den nächsten Jahren zu gelangen? Wir haben im Moment 26 Patentfamilien, 29 gewährte Patente und 80 internationale Patentanwendungen. Diese wurden im Jahr 2000 zunächst in den USA angemeldet. Unsere Patente sind auch in Europa und Australien angemeldet. Unsere Position in Bezug auf Patente ist ausgezeichnet. Wir verfolgen eine zweigleisige Strategie: Einerseits wollen wir an den Lizenzen verdienen, andererseits aber auch eigenständig Produkte herstellen und vermarkten. Ich habe erwähnt, dass wir mit den größten Pharmaunternehmen der Welt zusammenarbeiten. Wir besitzen entsprechende Verträge darüber, dass wir im Falle der seriellen Produktion von Medikamenten auf der Basis unserer Technologie durch diese Gesellschaften jeweils finanziell am Erfolg beteiligt werden
Wie sehen Ihre Pläne für weiteres strategisches Wachstum aus?
Wir werden unser strategisches Wachstum vor allem auf Europa und die USA konzentrieren. Hier liegt unserer Einschätzung nach das größte Potenzial in den nächsten Jahren. Die USA haben großen Nachholbedarf im Segment der Nanotechnologie, weil die Gefahr besteht, dass andere Länder sie in dieser Zukunftstechnologie abhängen könnten. Deshalb wird die Regierung Bush ihre Investitionen in diesen Bereich deutlich erhöhen. Wir wollen von diesem Boom profitieren.
Haben Sie genügend liquide Mittel, um die weitere Ausdehnung finanzieren zu können oder steht eine Kapitalerhöhung ins Haus?
Mit über 20 Mio. AUS$ haben wir mehr als genug Cash auf der Bank, um die Ausgaben für Forschung und Expansion in den nächsten beiden Jahre aus alleiniger Kraft finanzieren zu können. Eine Kapitalerhöhung mit allen bekannten Verwässerungserscheinungen ist deshalb überhaupt nicht notwendig. Wir sind ausgesprochen bilanzstark und sehen diesen Umstand als großen Vorteil.
Wie beurteilen Sie den gegenwärtigen Aktienkurs?
Der Aktienkurs verfügt über immenses Potenzial. Ich darf mich natürlich nur bedingt auf Kursprognosen einlassen, doch reflektiert die gegenwärtige Notierung in keiner Weise unsere gigantischen Marktchancen.
Sie sind an der Börse Frankfurt gelistet. Welche Bedeutung hat für pSivida der deutsche Finanzmarkt?
Wir müssen wegen der hohen Bedeutung der Nanotechnologie in Europa ein Listing an einer europäischen Börse zwangsläufig haben. Zuerst waren wir an der AIM gelistet. Dort stellten wir aber fest, dass die Liquidität sehr unbefriedigend war. Deshalb sind wir an die Frankfurter Börse gegangen, wo die Liquidität ungleich höher ist. Wir sind stolz darauf, sowohl an der Nasdaq als auch an der Frankfurter Börse und unserer Heimatbörse ASX gehandelt zu werden. Unter unseren Aktionären befinden sich einige größere deutsche Fondsgesellschaften wie etwa Union Investment. Außerdem haben wir mit den Forschungszentren in Braunschweig und Jülich wichtige deutsche Kooperationspartner. Hinzu kommt, dass Deutschland ein hohes Interesse an moderner Spitzentechnologie besitzt sowie der deutsche Investor internationalen SmallCaps gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Dies alles sind gute Gründe, sich intensiv um den deutschen Finanzmarkt zu bemühen. Der deutsche Privatanleger ist außerdem sehr substanzorientiert und hat in der Regel eine hohe Bindung an seine Gesellschaft mit langfristiger Perspektive. Genau diese Art von Investoren suchen wir, nicht die schnellen Trader.
Wenn Sie bitte zusammenfassen wollen: Weshalb sollte ein deutscher Privatinvestor zum jetzigen Zeitpunkt in Ihre Firma investieren?
Wir bieten eine technologisch revolutionäre Forschungsplattform mit weitreichenden Perspektiven für die Krebsforschung, die Diagnostik, die Orthopädie und die Nahrungsmittelindustrie. Im Gegensatz zu den Produkten vieler Wettbewerber können unsere aus BioSilicon gewonnenen Medikamente auf verschiedene Krebsarten angewendet werden. Die Nanotechnologie ist ein ungeheurer Wachstumsmarkt. Hier liegen Verhundertfachungspotenziale. Wir sehen uns in diesem Markt, nicht zuletzt auf Grund der wesentlichen Unterstützung durch die britische Regierung über QinetiQ sehr gut positioniert. Wir haben ein exzellentes Management, unterliegen in Australien strengen Corporate Governance Regeln, die wir gerne erfüllen und unsere Forschungsaktivitäten sind in einem sehr fortgeschrittenen Stadium. Der aktuelle Aktienkurs bietet ein attraktives Einstiegsniveau. Außerdem besticht unsere ausgezeichnete bilanzielle Situation. |