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Drei Anlegergruppen und der freie Fall
Allein, warum fallen die Kurse so gnadenlos rasch, wenn Unternehmen so prima verdienen und Zinssorgen wie Dollarschwäche nicht wirklich als Verkaufsargument ziehen? Auch hier sind die Erklärungsansätze eher schlicht: "Nach der guten Quartalssaison und der Rekord-Ausschüttung Anfang Mai sind Anleger in ein Loch gefallen", meint Schallenberger. Frisches Geld gibts erst wieder im nächsten Jahr, und mit neuen Quartalszahlen ist erst Ende Juli zu rechnen. Zeit also, den Blick zu wechseln und sich unerfreulichen Dingen wie Zinsen, Devisen und der Inflation zu widmen. "Die eigentlich gar nicht dramatisch steigende Teuerungsrate zum Beispiel haben sich viele Investoren deshalb zu stark zu Herzen genommen", sagt Dit-Experte Naumer.
"In solch einer Phase sind Indizes anfällig", bestätigt Vorndran. Er unterscheidet drei Gruppen, die derzeit den Fall des Dax begleiten. Der Markt habe es derzeit mit "Hedgefonds, mittelfristigen Bullen und notorischen Bären" zu tun.
Hedgefonds: Herausgeschüttelt? Zunächst zu den Hedgefonds, die immer gern bemüht werden, wenn Kursschwankungen stark zunehmen. Dass Leerverkäufe die Indizes nach unten drücken, ist unwahrscheinlich: Spekulative Investoren, die in den vergangenen Monaten auf einen Rücksetzer gewettet hätten, müssten viel Geld verloren haben.
Nach Einschätzung von Vorndran waren viele spekulativen Investoren eher dem Aufwärtstrend gefolgt und ebenfalls als Käufer aktiv: "Diese Investoren sind rasch wieder ausgestiegen, als sich in dieser Woche der Kursverfall fortsetzte." Mit diesem Ansatz wäre der Kurseinbruch des Dax am Mittwoch Abend zu erklären – doch ihre Orderbücher werden die Finanzakrobaten nicht offen legen. "Wir gehen allerdings davon aus, dass diese spekulativen Investoren inzwischen überwiegend ihre Positionen glatt gestellt haben", meint Vorndran.
Dann zu den "notorischen Bären", die eine Korrektur für überfällig hielten und sich nun bestätigt sehen. Eine echte Trendwende am Aktienmarkt ist aber nur dann wahrscheinlich, wenn steigende Zinsen und haussierende Rohstoffpreise zu einer deutlichen Abkühlung der globalen Konjunktur führen. Diese Gruppe bildet nach Einschätzung des CSAM-Strategen noch nicht die Mehrheit.
Warten auf den Einstieg
Bleiben als dritte Gruppe die "mittelfristigen Bullen", die dem geplagten Anleger neue Hoffnung geben. "Die mittelfristigen Bullen warten ab, bis sich der Markt stabilisiert. Sie glauben an eine Erholung bis Jahresende und warten auf eine Einstiegschance", sagt Vorndran. Den sportlichen Ehrgeiz, den Tiefpunkt im Markt zu erwischen, hält der CSAM-Stratege für riskant: Sicherer sei, eine Beruhigung abzuwarten und dann wieder etwas teurer einzukaufen. Das Abwarten an der Seitenlinie ist für den Dax derzeit noch keine Hilfe. Doch ein großer Teil des Geldes, das in den vergangenen Tagen von "schwachen Händen" aus dem Markt genommen ist, dürfte nach Meinung von Vorndran und Schallenberger mittelfristig wieder in den Aktienmarkt zurückfließen. Vermutlich ist es das, was Ackermann mit seinem Bild vom "gesunden Bruch" im Sinn hatte. Oder schlicht gesagt: Was schnell fällt, kann sich auch rasch wieder erholen. Der Bärenmarkt, so die Mehrheit der Finanzprofis, kann also noch warten. |