Chirac soll sich für China gegen das EU-Waffenembargo stark machen
HANDELSBLATT, 26.1.2004mg/cn PEKING/PARIS. Zu einer Gratwanderung für Frankreichs Präsident Jacques Chirac wird der viertägige Besuch seines chinesischen Amtskollegen Hu Jintao, der heute beginnt. Hu fordert die Unterstützung Chiracs für die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China und die Zurückweisung taiwanesischer Unabhängigkeitsbestrebungen. Im Gegenzug erhofft sich Chirac von Hu Entgegenkommen bei milliardenschweren Wirtschaftsprojekten wie dem Eisenbahnbau.
Hu wird bei seinen Treffen mit Chirac heute und morgen darauf drängen, dass Frankreich die Ein-China-Politik bestätigt. Im März will Taiwan ein Referendum abhalten, das in Peking als neuerlicher Schritt in Richtung politischer Unabhängigkeit der Inselrepublik interpretiert wird. " Wir rufen beide Seiten zur Besonnenheit auf" , heißt es in Paris. Auch die Ein-China-Politik werde Chirac nicht in Frage stellen, wird versichert.
Noch Mitte der neunziger Jahre hatte Frankreich Jagdflugzeuge und Kriegsschiffe an Taiwan geliefert. Dies führte zur einer schweren Krise in den französisch-chinesischen Beziehungen. Auf massiven Druck aus Peking versprach Frankreich jedoch 1994 schriftlich, dies nicht zu wiederholen.
Auch das 1989 nach dem Tiananmen-Massaker verhängte EU-Waffenembargo gegen China will Präsident Hu gegenüber Chirac zur Sprache bringen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte China im Dezember versprochen, sich für die Aufhebung einzusetzen. Chirac hält sich bisher bedeckt. Französische Diplomaten deuten jedoch an, dass Chirac die Position Schröders unterstützen könnte: " Tiananmen liegt immerhin fast 15 Jahre zurück." Das Waffenembargo steht heute auch auf der Tagesordnung des EU-Außenministerrates.
Die Unterzeichnung neuer Milliardenverträge erwartet sich Frankreich dieses Mal nicht von Hus Jintaos Besuch. Ein geplanter Abstecher des chinesischen Präsidenten ins Airbus-Werk nach Toulouse wurde wieder abgesagt, weil Verhandlungen über neue Flugzeugverkäufe noch nicht abgeschlossen seien. Statt dessen wird Hu Jintao der Unterzeichnung eines Joint Ventures zwischen dem französischen Unterhaltungselektronikkonzern Thomson Multimédia und der chinesischen TCL beiwohnen: Thomson bringt seine Fernseherproduktion in das neue Unternehmen ein, welches dadurch mit einer Jahresproduktion von 18 Mill. Stück Weltmarktführer bei TV-Geräten wird.
Hoffnung macht sich Frankreich im Eisenbahngeschäft. Nachdem Chinas Staatsrat am 7. Januar für den zügigen Ausbau des Eisenbahnnetzes votierte – und damit das Aus des Transrapid auf der Fernstrecke Peking- Schanghai besiegelte – rechnet sich Frankreich gute Chancen für den TGV aus. Der TGV wird vom Alstom-Konzern gebaut.
Frankreich sorgt seit langem mit gezielten Gesten für gute Beziehungen zur Volksrepublik. Premierminister Jean-Pierre Raffarin war der einzige westliche Regierungschef, der China auf dem Höhepunkt der Sars-Krise im April 2003 besuchte. Im Namen von Präsident Chirac lud er China auch zum G8-Gipfel im Juni 2003 in Evian ein.
Offiziell gedenkt Hu mit seinem Besuch der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Frankreich vor genau 40 Jahren. Präsident Charles de Gaulle war am 27. Januar 1964 der erste westliche Staatschef, der mit dem maoistischen China Botschafter austauschte. Dies ist der erste bilaterale Europabesuch Jintao Hus, der im März 2003 Präsident der Volksrepublik wurde. Als erster chinesischer Staatschef wird er vor der französischen Nationalversammlung reden. Am Donnerstag reist Hu nach Ägypten, Gabun und Algerien weiter.
Gruß michelb |