Ist das die Ursache für unsere Rezession?

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neuester Beitrag: 23.06.03 20:09
eröffnet am: 23.06.03 18:41 von: kunibert Anzahl Beiträge: 4
neuester Beitrag: 23.06.03 20:09 von: Ding Leser gesamt: 518
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23.06.03 18:41

1849 Postings, 7972 Tage kunibertIst das die Ursache für unsere Rezession?

Ohne Marketing kein Konsum

Deutsche Unternehmen sparen im europäischen Vergleich am meisten an der Werbung / Controller haben das Sagen / Von Holger Jung und Rainer Zimmermann

22. Juni 2003 Der europäische Vergleich zeigt: Deutschland hat in den letzten drei Jahren seine Marketingausgaben drastisch gekürzt, im gleichen Zeitraum ist infolgedessen der Konsum zusammengebrochen. In allen anderen Ländern Kontinentaleuropas blieben die Marketingausgaben dagegen stabil mit dem Ergebnis, daß die Konsumausgaben sogar anstiegen. Offensichtlich besteht eine enge Korrelation zwischen Marketingausgaben, Konsumbereitschaft der Bevölkerung und damit indirekt mit dem Wirtschaftswachstum der jeweiligen Länder.

Wie die von BBDO Consulting im Auftrag des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen (GWA) durchgeführte Studie "Kein Marketing - Kein Konsum - Kein Wachstum - Deutschlands Marketingverhalten im europäischen Vergleich" ermittelte, sanken die Werbeausgaben in Deutschland um satte 15,3 Prozent, während im selben Zeitraum in Frankreich, Spanien, Italien, Schweden, Belgien und Dänemark die Investitionen auf hohem Niveau blieben. Deutschland - die einstige Marketinglokomotive in Europa - ist mittlerweile auf ein Volumen von 15,4 Milliarden Euro runtergegangen und wird bei fortgesetztem Abwärtstrend seine Spitzenposition bald an Frankreich abgeben, das letztes Jahr über 14 Milliarden Euro für Marketing ausgeben hat. Auf den weiteren Plätzen: Italien mit 7,6 und Spanien mit 5,4 Milliarden Euro.

Ein Vergleich mit der Konsumentwicklung in den jeweiligen Ländern macht deutlich, daß Konsumverzicht und Kaufzurückhaltung nur in Deutschland die Binnennachfrage und damit das Wirtschaftswachstum bedrohen. Setzt man die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten der Werbeausgaben mit dem durchschnittlichen jährlichen Konsumwachstum ins Verhältnis, zeigt sich, daß in den Ländern, die ihre Marketinginvestitionen nicht reduziert haben, eine deutlich höhere Konsumfreude herrscht als in Deutschland. So wuchsen in Frankreich die Werbeausgaben im Zeitraum 1998 bis 2002 jährlich um durchschnittlich über 5 Prozent, während die Konsumausgaben der Franzosen um immerhin über 2 Prozent anstiegen. In Italien erhöhten sich die Werbeausgaben durchschnittlich um knappe 6 Prozent, die Konsumausgaben sogar um über 9 Prozent im Jahr. Nur in Deutschland stagnierten die Konsumausgaben bei durchschnittlich 1,5 Prozent jährlich - hier wuchsen die Werbeausgaben über den betrachteten Zeitraum auch nur um knapp 1 Prozent. Volkswirtschaftler wissen: Ein positives Konsumklima ist für die Binnenkonjunktur unerläßlich, diese ist wiederum ein deutlicher Faktor für das Wirtschaftswachstum. Ein Vergleich innerhalb der europäischen Kernländer zeigt, daß mit der Höhe der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten der Marketingausgaben auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bessere Wachstumsraten aufweist. So verfügt die spanische Volkswirtschaft im Durchschnitt über die höchsten jährlichen Zuwachsraten beim Bruttoinlandsprodukt und gleichzeitig über die höchsten Wachstumsraten bei den Marketingausgaben. Auch in diesem Zusammenhang ist Deutschland wieder Schlußlicht. Mit dem niedrigen Wachstum der Werbeausgaben in den letzten vier Jahren geht auch ein deutlich gesunkenes Wirtschaftswachstum von durchschnittlich nur noch 1,5 Prozent einher. Wirtschaftsexperten und der Internationale Währungsfonds warnen inzwischen vor einer Deflation in Deutschland. Die GWA-Studie macht deutlich, daß höhere Investitionen in Marketing einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung des Konsums und des Wirtschaftswachstums leisten könnten.

Worin ist dieser deutsche Sonderweg im Investitionsverhalten begründet? Offensichtlich haben in deutschen Unternehmen in Zeiten schwacher Konjunktur die Controller eine viel stärkere Position als in vergleichbaren europäischen Unternehmen. Sie diktieren den Unternehmen harte Sparkurse. Blinde Kostenreduktion kann aber die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens drastisch verschlechtern. Investitionen in Forschung und Entwicklung und eben auch in die Marken des Unternehmens werden überproportional stark zusammengestrichen, weil sich nach deutschem Arbeitsrecht Budgets leichter als Mitarbeiter kündigen lassen. Mit allen fatalen Folgen. Offensichtlich können Unternehmenschefs in anderen europäischen Ländern und Rechtssystemen flexibler und intelligenter Kosten sparen als die deutschen Manager in unseren überregulierten Unternehmen. Da bringt die Kürzung von Marketingbudgets die schnelle Entlastung.

Doch die Bedeutung des Marketing für den Markterfolg ist seit langem kein Geheimnis mehr. Es schafft Vertrauen beim Kunden, dient der Orientierung, macht Innovationen bekannt und auf Angebote aufmerksam. Fehlt diese Orientierung und das durch die Unternehmen kommunizierte Vertrauen, so geht der Konsum zurück, und zwar stärker, als allein aufgrund der wirtschaftlichen Lage nachvollziehbar wäre. Das alte Bonmot der Anzeigenverkäufer "Wer nicht wirbt, der stirbt" bewahrheitet sich so zur Zeit für viele Marken und Unternehmen, die ihre Marketingausgaben überproportional gedrosselt haben.

Die Kaufzurückhaltung vieler Kunden ist nicht etwa durch direkte wirtschaftliche Not, sondern vielmehr durch Unsicherheit und mangelnde Orientierung begründet. Dadurch stagniert die Wirtschaft weiter, und das Wachstum bleibt aus. Drastisch reduzierte Werbebudgets sind in mehrfacher Hinsicht fatal, da die Konsequenzen nicht nur die Unternehmen selber, sondern auch das Konsumklima und indirekt sogar die allgemeine Wirtschaftslage treffen. Deshalb sollten deutsche Entscheider intelligenter sparen: Etats auf eine kleinere Zahl von Kommunikationsdisziplinen reduzieren, Prioritäten setzen und auf preiswertere Kommunikationslösungen ausweichen. Die Fallbeispiele der GWA/BBDO Consulting-Studie zeigen: Offensives, antizyklisches Handeln zahlt sich für die untersuchten Unternehmen bereits kurzfristig aus - und schafft die Voraussetzung für Konsum und Wachstum.

Holger Jung ist Präsident des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen (GWA), Dr. Rainer Zimmermann ist dort Vizepräsident.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.06.2003, Nr. 142 / Seite 19
 

23.06.03 19:33

21799 Postings, 8936 Tage Karlchen_IGenau - das isses.

Obwohl die leute nicht mehr Kohle in der Tasche haben (bei vielen ist es sogar real weniger) würden sie wie die Blöden konsumieren, wenn es mehr Reklame gäbe. Ist doch klar - oder? Oder will das Männeken nur durch seine blödsinnigen Thesen mehr Aufträge an Land ziehen?  

23.06.03 19:56

9123 Postings, 8631 Tage ReilaKarlchen, ich habe von den Bäckern gehört,

daß wir eine Rezession haben, weil die Leute zu wenig Brötchen kaufen.  

23.06.03 20:09

5258 Postings, 7922 Tage DingWir brauchen nicht mehr,

sondern besseres Marketing!

(Sach ich jetzt mal so)  

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