Besonders in der Türkei sieht Thomas-Cook-Chef Fankhauser Potentiale für Pauschalreisen. Deutschland stehe auch gut da, müsse sein Angebot aber besonders in einem Bereich noch ausbauen. Die Anbieter von Pauschalreisen haben es nicht leicht. Die Billigkonkurrenz wächst, das wichtige Geschäft in Nordafrika ist eingebrochen. Dennoch ist Peter Fankhauser, Chef von Thomas Cook Deutschland, optimistisch. Große Wachstumspotenziale für Veranstalter sieht er vor allem bei All-Inclusive-Urlauben in der Türkei. Herr Fankhauser, alle befürchten, dass es mit dem Tourismus bergab geht. Wie sieht es bei Thomas Cook aus? Die Umsätze liegen momentan leicht über dem Vorjahr. Bei der Gästezahl liegen wir nur noch rund fünf Prozent zurück. Diesen Schwung werden wir ins neue Jahr mitnehmen. Im Januar wird sich der Jahresvergleich sicherlich weiter verbessern.
Das ist nicht schwer, im Januar 2010 begann die Krise in Nordafrika. Das stimmt. In Tunesien ging es Mitte Januar los, in Ägypten Ende Januar. Das hat bei uns schon gewaltige Turbulenzen gebracht.
"Ich bin für Tunesien zuversichtlich" Was meinen Sie damit? Viele Kunden haben voriges Jahr den im ersten Quartal geplanten Urlaub verschoben oder ganz abgeblasen. Dadurch sind uns im vergangenen Geschäftsjahr etwa sechs Millionen Euro Gewinn entgangen. Besonders Tunesien ist eben für uns ein sehr wichtiger Markt. Letztlich haben wir das alles aber gut verdaut. Vier Wochen vor Beginn der Sommersaison haben wir 30 Prozent der Flugkapazitäten umgelenkt – von Nordafrika nach Spanien, Griechenland und in die Türkei.
Das dürfte zu einer Dauerumleitung werden. Es wird doch Jahre dauern, bis Tunesien wieder für Urlauber attraktiv wird? Es dauert länger als wir alle gehofft hatten. Dennoch bin ich für Tunesien zuversichtlich, dort stabilisiert sich die Lage. Das Preis-Leistungsverhältnis ist hervorragend. Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer wieder ein gutes Tunesien-Geschäft sehen werden.
Ägypten war in den vergangenen Jahren einer der großen Gewinner gewesen, vor allem wegen attraktiver All-Inclusive-Angebote für Familien. Wer macht jetzt das All-Inclusive-Geschäft? Zunächst einmal: All-Inclusive-Reisen sind ein ganz starker Trend, weil sie für Familien Budgetsicherheit garantieren. Zweitens in der Türkei ist dieses Geschäft noch viel stärker gewachsen, viele sehr großzügige Anlagen sind dort gebaut worden. Das war übrigens einer der Gründe, warum wir Öger-Tours gekauft haben. Spanien war viel zögerlicher mit All-Inclusive-Angeboten, weil die Spanier zu Recht die gewachsene Infrastruktur mit Restaurants in ihren Ferienorten nicht kaputt machen wollten. Hinzu kam, dass es in Mallorca im Winter geschneit hat, das schreckt ab. Antalya wird jetzt im Winter stärker gebucht als Mallorca.
Welche Urlaubsziele werden weiter wachsen? Da nenne ich wieder die Türkei. Da sind Tausende Kilometer Strände im Osten des Landes überhaupt noch nicht erschlossen. Da gibt es riesige Potenziale.
Was ist mit Deutschland? Gibt es den Boom im Deutschland-Urlaub wirklich? Ganz eindeutig. Deutschland hat sich als Destination hinter Spanien und Türkei bei uns auf den dritten Platz geschoben – das Geschäft geht kontinuierlich nach oben. Wenn wir an Ostsee und Nordsee noch mehr All-Inclusive-Angebote hätten, würde das einen zusätzlichen Schub geben – das wiederhole ich wie ein Mantra, wenn ich mit Hoteliers rede. Da können die Deutschen von den Türken lernen.
Da haben Sie ein Luxusproblem im Vergleich zu Ihren Kollegen in Großbritannien. Dort ist das Geschäft massiv eingebrochen– auch weil eine Pleite von Thomas Cook befürchtet wurde. Wir in Deutschland haben wenig davon gespürt. Aber in Großbritannien sind die Buchungen für knapp drei Wochen um etwa 30 Prozent eingebrochen. Inzwischen hat sich die Lage beruhigt, der finanzielle Spielraum des Unternehmens wurde mit neuen Krediten erhöht. Jetzt ist der Konzern gegen alle Eventualitäten bis Mitte 2013 gewappnet. Um die Situation in UK zu verstehen, muss man wissen, dass die britischen Kollegen viel stärker unter der Nordafrika-Krise gelitten haben. Dort müssen noch Dinge nachgeholt werden, die wir in Deutschland schon umgesetzt haben.
Zum Beispiel? In Großbritannien gibt es bei den Pauschalreisen noch viele Standardangebote. Wir bieten hier immer mehr zielgruppenspezifische Angebote, die es nur bei uns gibt. Etwa für Sportler oder Menschen, die Wellness und Erholung suchen. Zugleich können Sie heute bei uns hier in Deutschland fast jeden Flug mit jedem Hotel kombinieren und für die von Ihnen gewünschte Zahl von Tagen buchen. Diese Individualisierung des Reisens ist auch ein wichtiger Trend in der Branche.
Und gebucht wird immer mehr übers Internet. Werden Reisebüros langsam aber sicher überflüssig? Die Leute informieren sich im Internet. Sie gehen dann aber ins Reisebüro, weil sie eine Vertrauensperson haben wollen, die sie berät. Deshalb mache ich mir um gute Reisebüros keine Sorgen. Die Reisebüros beschweren sich aber, dass Thomas Cook ihnen zu wenig Provision bezahlt. Zehn Prozent gelten als Minimum, um überlebensfähig zu sein. Ihre Provisionsliste fängt bei sieben Prozent an. Ich finde, wir haben faire Konditionen. Wer mit Thomas-Cook-Produkten einen Jahresumsatz von 145000 Euro erreicht, erhält mindestens die zehn Prozent. Das ist zu schaffen.
Gleichwohl wird es für Reisebüros enger, weil auch über die Websites der großen Veranstalter immer mehr gebucht wird. Am Internet kommt keiner mehr vorbei, auch die großen Reiseveranstalter nicht, zumal die Konkurrenz durch Anbieter, die Reisen zu tagesaktuellen Preisen verkaufen, wächst.
Für Laien ist das Angebot zwar schwer überschaubar. Aber das belebt doch den Wettbewerb? Das mag sein. Aber momentan ist es so, dass sich einer einfach an eine Flugdatenbank und eine Hoteldatenbank anstöpseln und eine Website mit Buchungsmaschine gestalten muss, und schon ist er Internet-Reiseveranstalter, obwohl er von den Produkten überhaupt keine Ahnung hat. Solche Anbieter sollten nicht auf Kunden losgelassen werden.
Was ist daran so schlimm? Es geht um Krisenmanagement und Haftungsfragen. Da passieren Dinge, die gehen einfach nicht. Stellen Sie sich vor, während eines Urlaubs in einem asiatischen Land werden Sie bei einem Unfall ernsthaft verletzt. Sie verstehen die Sprache nicht, können die Schrift nicht lesen, und ihr sogenannter Veranstalter kümmert sich um nichts. Ich fordere zertifizierte Mindeststandards, wenn jemand Veranstalter sein will. Zumindest Haftungsfragen müssen geklärt und die Betreuung am Urlaubsort muss gewährleistet sein.
Damit würden Sie sich Billigkonkurrenz vom Hals halten. Das würde die bescheidene Gewinnmarge zumindest stabilisieren. Mir geht es darum, dass solche Anbieter die gesamte Branche in Verruf bringen, deshalb muss man dagegen vorgehen. Um die Margen geht es nicht: Wir haben uns daran gewöhnt, mit schmalen Margen zu arbeiten. Unsere Reiseveranstalter erzielen eine Rendite von drei Prozent, gemeinsam mit der Condor sogar von 4,4 Prozent. Damit sind wir besser als alle anderen großen deutschen Veranstalter.
Letzte Frage: An der Spitze des Cook-Konzerns steht im Moment Sam Weihagen als Interimschef. Sie werden als möglicher ordentlicher Nachfolger gehandelt. Werden Sie bald Oberursel in Richtung Großbritannien verlassen? Dazu kann ich nichts sagen. Sam Weihagen hat ja angekündigt, dass die Entscheidung über den neuen CEO zügig fallen wird, voraussichtlich im ersten Quartal 2012. Das Gespräch führte Frank-Thomas Wenzel. __________________________________________________
Dr. Peter Fankhauser Vorsitzender des Vorstandes der Thomas Cook AG und Mitglied des Executive Board der Thomas Cook Group plc
Quellen: Interview: Frankfurter Rundschau, 28.12.2011 http://www.fr-online.de/wirtschaft/pauschalreisen---tunesien… Bild: Welt.de |