'Ich habe den geilsten Job Deutschlands' Manuel Andrack über die neue ARD-Show 'Harald Schmidt' Der bekannteste Kreativpäusler Deutschlands macht sich kurz vor seiner TV-Rückkehr außerordentlich rar. Also muss der, der ihm am nächsten sitzen wird, die Neugier befriedigen. Manuel Andrack spricht mit wdr.de über den Playmobil- und Schreibtischanteil in der neuen Show, die am Donnerstag (23.12.04) startet.
Manuel Andrack Den ersten Interviewtermin lässt er absagen - mit weniger als einer Stunde Vorlauf. Hat der bekennende Fußballfan etwa vergessen, dass fast zeitgleich die Deutsche Nationalmannschaft in Japan spielt und zieht es nun vor, am Fernseher mitzufiebern? Beim Ersatztermin einen Tag später dementiert Manuel Andrack dann grinsend aber energisch. Nicht Fußball sondern "der Chef" sei Schuld gewesen. Harald Schmidt habe um 10 Uhr morgens plötzlich unangekündigt in der Bürotür gestanden. Er sei nach dem Ende seiner längeren Weltreise direkt vom Frankfurter Flughafen nach Köln gefahren, um sich "das erste Mal mit der Studiodekoration vertraut zu machen".
64 Mal Schmidt und Andrack in einem Jahr Am 23.12.2004 um 21.45 Uhr, exakt ein Jahr nach dem überraschenden Ende der Harald Schmidt-Show auf Sat1, werden sich dann auch die Zuschauer in der ARD mit der Studiodekoration und einem hoffentlich einem vor Witz, Ironie und Wortspielerei sprühenden Harald Schmidt vertraut machen können. Nach dieser Premieren-Sondersendung sollten sich Late-Night-Fans im kommenden Jahr den späten Mittwoch- und Donnerstagabend freihalten. Ab dem 19. Januar heißt es insgesamt 64 Mal nach den Tagesthemen: "Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit 'Harald Schmidt'".
Als "Stichwortgeber" und "Dialogpartner" Schmidts, wie sich Andrack selbst bezeichnet, ist er übrigens das einzige prominente Überbleibsel aus alten Sat1-Tagen. Bandleader Helmut Zerlett wird in der neuen ARD-Show ebenso fehlen wie die französische Empfangsdame Nathalie Licard und die Papptafelhalterin Suzanna Novinsczak.
wdr.de: Was bisher über die neue Show von Harald Schmidt bekannt geworden wurde, ist nicht sonderlich viel: Es soll keine Studiogäste mehr geben, war z.B. zu hören. Und Sie sollen - wie gehabt - rechts am Schreibtisch neben Harald Schmidt sitzen. Verraten Sie uns ein bisschen mehr? Worauf können sich die Zuschauer am Abend des 23.12. sonst noch freuen?
Links Der angeblich geilste Job Deutschlands (22.12.2004) Harald Schmidt - Eine TV-Karriere in Bildern (31.10.2004) Manuel Andrack: Auf 'Schmidt pur'. Auf ein Feuerwerk der guten Laune. Harald Schmidt hat uns am vergangenen Donnerstag schon mal ansatzweise vorgespielt, was er so alles vorhat. Da hat sich einiges in seiner einjährigen Kreativpause angestaut, was jetzt raus muss. Aber natürlich wird man nicht sagen können: 'Oh, die haben aber das Fernsehen neu erfunden' - das ist ja klar. Und wenn die ARD sich Harald Schmidt holt, ist ebenfalls klar, dass er weder eine Gameshow moderieren noch ein Fernsehballett in seiner Sendung haben wird.
Man wird sich auf klassische Late-Night-Elemente freuen können. Aber, das hat die ARD ja verboten: Keine "verspielten Elemente". Keine Playmobil-Oper, keine Sendung im Dunkeln - und an diese Vorgabe werden wir uns natürlich halten.
wdr.de: Und es ist ausgeschlossen, dass Sie sich wie ungezogene Kinder benehmen und sich an das 'Verbot' einfach nicht halten werden?
Manuel Andrack: Naja, der ARD-Programmdirektor Günter Struwe hat ja bereits zugesagt, dass Harald Schmidt ihn in jeder Sendung als Depp titulieren dürfe. Aber das werden wir natürlich nicht machen. Es wird wohl eher die erwischen, die nicht damit rechnen.
Bei denen, die ich bisher bei der ARD kennen gelernt habe, hatte ich nicht unbedingt den Eindruck, dass das übertriebene Moral- und Sittenwächter sind. Da steht uns auch keiner auf den Füßen. Die wollen ja den gewissen "Schmidt-Ton", sonst hätten sie uns ja nicht geholt.
wdr.de: Wie groß ist denn der Druck, Beliebtes und Altbekanntes über Bord zu werfen? Dürfen Sie wieder Bier testen? Gibt es wieder einen Schmidt'schen Wasserträger?
Weil der Chef in der Tür stand, platzte zuerst das Interview Manuel Andrack: Druck ist überhaupt nicht da. Wir hätten ja auch, wenn es bei Sat1 weitergegangen wäre, einiges geändert. Das Bier, nur als Beispiel, habe ich ja nur ein Jahr lang, nämlich 2002, jeden Abend getrunken - nach 170 Shows war Schluss. Das haben nur die Fans nicht bemerkt und auch 2003 ständig gefragt: 'Eh, welche Sorte probierst Du denn als nächstes?' Und das Wasserglas hätte Sven sicherlich auch nicht bis in alle Ewigkeit serviert. Jetzt, wo es diesen harten Cut durch den Wechsel zur ARD gibt, ist das natürlich eine Chance, sich von Einigem zu verabschieden und Neues auszuprobieren. Aber das Ganze wird nicht krampfhaft umgesetzt. Natürlich gibt es auch weiterhin zwei Schreibtische und links steht die ARD-Showband. Und auch wenn man die Deko sieht, wird jeder feststellen: Das ist klassische Late-Night und das ist auch gut so. Real Madrid kauft ja auch nicht im Paket geniale Spieler ein und fängt dann mit denen plötzlich an, Handball zu spielen.
wdr.de: Wie ist denn das vergangene Jahr für Sie verlaufen? Haben auch Sie kreativ pausiert oder krampfhaft versucht, nicht in ein Loch zu fallen, weil Ihnen plötzlich etwas Wesentliches im Leben fehlte?
Manuel Andrack: Krampfhaft würde ich streichen. Aber natürlich guckt man, was man sonst machen kann. Und ich habe schon Wert drauf gelegt, nicht krampfhaft - um das Wort wieder aufzugreifen - irgendwo im Fernsehen aufzutauchen. Es war ja kein Abschied für immer, auch wenn einige Blätter mit ihren Nachrufen auf Harald Schmidt fast einen anderen Eindruck erweckt haben. Es war ja eine KreativPAUSE. Ich habe in dieser Zeit ein bisschen was auf der Bühne ausprobiert, es gab ja diese kleine Tournee zusammen mit Harald Schmidt. Und außerdem habe ich ein Buch geschrieben, das demnächst veröffentlicht wird. Es war ja nicht absehbar, wie lange diese Pause dauern wird.
wdr.de: Wer im 'Munzinger', dem Standardwerk für Biographien deutscher Prominenter nach Ihnen sucht, bekommt als Ergebnis lediglich Harald Schmidts Biographie angezeigt. Frustriert das, ewig im Schatten seiner Berühmtheit zu stehen?
Manuel Andrack: Im Gegenteil. Es ist eine sehr angenehme Form von Popularität, die ich habe. Fast nur unsere Stammzuschauer erkennen mich. Harald Schmidt dagegen wird ja von jedem auf der Straße erkannt, egal ob die seine Sendung sehen oder nicht. Ich tauche ja auch sonst nicht auf, z.B. in der Bunten oder in Bild. Das hat zur Folge, dass sich hier im Veedel (Kölsche Mundart für: Stadtteil) z.B. beim Einkaufen oder so für mich kaum was geändert hat. Das finde ich sehr angenehm. Nichtsdestotrotz ist es natürlich eine Frechheit, dass im Munzinger nichts über mich steht...
wdr.de: Haben Sie, als klar war, dass es weiter geht, einen Augenblick lang gezögert, wieder den Adlatus von Harald Schmidt zu spielen?
Manuel Andrack: Nein, warum hätte ich das auch tun sollen? Ich finde, ich habe den geilsten Job Deutschlands. Ich muss nicht so übermäßig viel arbeiten, es ist total interessant, abwechslungsreich und spannend und man verdient damit auch noch ganz gut. Wenn ich das vergleiche mit Jobs wie Konzernvorstandsvorsitzender, Bundeskanzler oder WDR-Intendant, so was ist doch viel stressiger. Von daher wäre ich ja schön blöd gewesen, wenn ich gesagt hätte 'Ohne mich!'.
wdr.de: Wie gehen Sie mit Quotendruck um? Günther Struwe rechnet mit rund 1,3 Millionen Zuschauern pro Abend.
Nur ein Jahr lang öffentlich Bier getrunken Manuel Andrack: Das ist ja kein Quotendruck. Diesen Schnitt hatten wir ja auch 2003 erreicht, und das bei einem noch späteren Sendebeginn. Außerdem: Einen echten Druck wegen der Quote gab es auch früher nie. Am Anfang der Schmidt-Show haben wir die vorgegebene Quote nie erreicht. Und am Ende hätten sie selbst weitergesendet, wenn wir nur 200.000 Zuschauer gehabt hätten. Ähnlich wird das auch in Zukunft sein. Im Endeffekt können wir und die ARD uns ja auch immer auf 'Hochkultur' rausreden. Die Sendung 'Kulturspiegel' hat doch auch nicht soviel Zuschauer, oder?
wdr.de: Sie und Harald Schmidt werden sich mit dem ZDF-Talk-Profi Johannes B. Kerner messen müssen. Zur Jahresmitte, so war jetzt zu lesen, droht das ZDF sogar mit seiner Allzweckwaffe Thomas Gottschalk, der es nach fast zehnjähriger Kreativpause erneut als Late-Night-Talker versuchen will. Fürchten Sie diese zeitgleiche Konkurrenz?
Manuel Andrack: Ich habe gehört, der Gottschalk macht nur Urlaubsvertretung (lacht). Nein, unser Ansprechpartner, was Konkurrenz angeht, ist natürlich nur Herr Kerner. Wir können uns nicht ernsthaft über etwas Gedanken machen, was nur 16 Mal laufen wird. Und das Zielpublikum eines Herrn Kerner überschneidet sich nicht so sehr mit unserem. Da wird sich kaum jemand graue Haare wachsen lassen müssen, weil er nicht weiß, welche von beiden Sendungen er gucken soll. Die Entscheidung wird jedem leicht fallen.
wdr.de: Die Frage, die zur Sicherheit erst am Ende dieses Interviews gestellt wird: Schmerzt es, dass vermeintliche Provinzvereine wie Arminia Bielefeld oder der FSV Mainz 05 ganz oben in der Bundesliga mitspielen, während Ihre absolute Lieblingsmannschaft, der 1. FC Köln, kürzlich sogar die Herbstmeisterschaft in der 2. Liga vergeigt hat?
Köln-Fan Andrack kann auch in der 2. Liga lächeln Manuel Andrack: Ja. Das schmerzt sogar sehr. Aber da ich gerade dieses großartige Buch "Meine Saison mit dem FC" schreibe und die Dramaturgie dieses Buchs ziemlich für den A... wäre, wenn wir schon zehn Spieltage vor Saisonende als Aufsteiger feststehen würden, habe ich den Verein angewiesen, es ein bisschen spannend zu machen bis zum Schluss. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass zu früh aufsteigende Vereine nicht in der Lage sind, den Kampfeswillen in die erste Liga hinüberzuretten.
Soll ich denn mal exklusiv verraten, wer absteigt?
wdr.de: Ja, sehr gerne.
Manuel Andrack: Freiburg, Rostock und - Mainz. Denn trotz allem Hurra und Trallala geht's in Mainz nämlich langsam auch schon den Bach runter. Das kann bei so einem Verein dann auch mal sein, dass der in der kompletten Rückrunde nur sieben oder acht Pünktchen holt.
wdr.de: Interessant. Das also sind die mit fußballerischem Sachverstand (lacht)genannten Abstiegskandidaten. Und wer gehört dazu, wenn Sie es sich aussuchen dürften?
Manuel Andrack: Dortmund, Kaiserslautern und Schalke. Oder Gladbach? Nee. Ich streiche Schalke und nehm' Mönchengladbach.
Das Gespräch führte Stefan Domke.
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