Wie knapp ist Diesel?
Nur ein begrenzter Anteil Rohöl wird zu Diesel verarbeitet
Kurz nachgedacht: Immer mehr Fahrzeugbesitzer wollen Diesel tanken, dadurch ist viel zu viel Benzin auf dem Markt und deshalb wird Diesel teurer.
Ist das logisch? Ja, wenn man das marktwirtschaftliche Einmaleins der Ölkonzerne zugrunde legt und akzeptiert, wie die Mineralölwirtschaft produziert und Handel treibt. Tatsächlich stecken die Ölfirmen in einem Dilemma: Es ist aus raffinerietechnischen Gründen derzeit nicht möglich, aus einem Fass Rohöl nur Diesel oder nur Benzin zu machen – je nachdem, was gerade gebraucht wird. Der jeweilige Anteil der Endprodukte ist praktisch fix. Die Dieselausbeute in den deutschen Raffinerien liegt aktuell bei 29 Prozent, dabei fallen zwangsläufig 20 Prozent Ottokraftstoff an. Wird also mehr Diesel raffiniert, verschärft sich gleichzeitig das Problem des überschüssigen Ottokraftstoffs.
Dr. Klaus Picard, Geschäftsführer MWV, formuliert es drastisch: »Während uns sozusagen das Benzin aus den Ohren läuft, können die Raffinerien den Dieselbedarf nicht befriedigen. Und nun sehen wir, dass sich die Nachfrage nach Diesel bis 2020 stetig weiter erhöht. Das wird sich unweigerlich auf die Kosten des Diesels niederschlagen.«
Unweigerlich? Bis jetzt zumindest funktioniert der Markt trotz Diesel-Boom hervorragend: Die deutschen Mineralölkonzerne kaufen seit Jahren Rohdiesel aus dem Ausland dazu, vor allem aus den früheren Sowjetstaaten. Gleichzeitig exportieren sie das überschüssige Benzin für gutes Geld in die USA, wo Diesel für Pkw trotz aller Bemühungen der Fahrzeugindustrie wohl noch viele Jahre verpönt sein wird. Allerdings dürfte der Export dorthin bald eine empfindliche Delle bekommen, weil die USA künftig Benzin verstärkt durch Ethanol ersetzen.
Ausweg Biodiesel?
Ohne Investitionen von Seiten der Ölkonzerne geht es nicht
Auch eine Erhöhung des Bioanteils im Diesel könnte das Problem entschärfen. Doch schon jetzt ist die erlaubte Beimischung von sieben Prozent Biodiesel (B7) den Konzernen zu teuer. Ohnehin wäre für einen spürbaren Entlastungseffekt eine höhere Beimischungsquote nötig – doch die vertragen Pkw-Motoren technisch nicht.
Synthetische Biokraftstoffe der zweiten Generation aus Biomasse, Erdgas oder Kohle könnten das Problem besser lösen. Doch deren Produktionstechniken sind bei Weitem noch nicht ausgereift, und funktionierende Pilotanlagen sind frühestens in zehn Jahren zu erwarten.
Es gibt allerdings noch eine weitere Möglichkeit, auf den wachsenden Dieselbedarf zu reagieren. Steigen – wie prognostiziert – immer mehr Hausbesitzer auf Erdgas- oder Holzpellets-Heizungen um, kann das nicht mehr benötigte leichte Heizöl als Diesel verkauft werden. Denn die derzeitige Quote von 29 Prozent Diesel, die aus einem Fass Rohöl gewonnen wird, ist keinesfalls festgelegt. Rein technisch wären sogar 40 Prozent möglich – aber nicht mit den teilweise veralteten Raffinerie-Anlagen. Für eine solche Quote müssten Ölkonzerne Milliarden investieren – auch um neue Lagerstätten zu schaffen. Eine zumutbare Forderung? Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten befinden sich gleich sieben Erdölkonzerne unter den zwanzig umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Allein Exxon Mobile zum Beispiel machte 2007 über 40 Milliarden Dollar Gewinn.
Neue Zukunft für den Otto-Motor
Nicht immer lohnt der Diesel
Wer Marktwirtschaft kennt, weiß, dass die Anbieter trotzdem versuchen werden, steigende Kosten auf den Verbraucher umzulegen – und die Tendenz zu höheren Dieselpreisen ist deshalb nicht auszuschließen. Was soll der Autofahrer tun?
Zum Beispiel umdenken. Denn auch für wirtschaftlich orientierte Autokäufer muss ein Diesel nicht mehr automatisch die erste Wahl sein. Während die Japaner ohnehin schon immer auf die Optimierung des Benzinmotors durch Hybrid oder Direkteinspritzung setzten, orientieren sich inzwischen auch die deutschen Autobauer in ihrem Bemühen um geringere CO 2 -Emissionen neu. Ein VW-Sprecher erklärt: »Die Technik der Abgasreinigung bei einem Euro 6-Diesel mit Spezial-Katalysatoren und AdBlue-Einspritzung gleicht einem mobilen Chemielabor. Das macht das System natürlich deutlich teurer.« Kleine Benzinmotoren mit Turboaufladung liegen im Trend: Sie machen mit viel Drehmoment genauso Spaß wie ein durchzugsstarker Diesel, verbrauchen wenig und sind – wie bald im Audi A8 – sogar Oberklasse-tauglich.
Bis auf das psychologisch nicht zu unterschätzende Gefühl, seltener an die Tankstelle zu müssen, werden Dieselfahrer durch höhere Kosten für Neuwagen, Kfz-Steuern und Versicherung ohnehin benachteiligt. Bei steigenden Dieselkosten sind jedoch immer höhere Fahrleistungen notwendig, damit sich ein Selbstzünder rentiert. Wer also heute die monatlichen Kosten für sein neues Auto berechnet, sollte ein Dieselrisiko zumindest einkalkulieren. Und im Zweifelsfall – vor allem bei Kleinwagen – eher zum Benziner greifen.
Wohin sich der Dieselmarkt entwickelt, ob investiert oder lieber nur kassiert wird, können auch Sie als Autofahrer beeinflussen. Geben Sie Profiteuren keine Chance – und tanken Sie zukünftig konsequent nur dort, wo Diesel am günstigsten ist.
Bleibt der Diesel bezahlbar? Pro
A. J. Maschka, Leiter des Geschäftsbereichs Motor-Systeme, Continental
Der Verbrennungsmotor wird in der nahen Zukunft der vorherrschende Antrieb für Pkw sein. Insbesondere der Dieselmotor mit der hocheffizienten Piezo-Common-Rail-Einspritztechnik wird zu der ab 2015 vorgegebenen Verringerung der CO 2 -Emissionen einen bedeutenden Beitrag leisten – und das bei hohem Fahrspaß. Die Mehrkosten eines Diesels gegenüber denen eines Ottomotors amortisieren sich aufgrund des höheren Wirkungsgrades, d.h. des geringeren Verbrauchs, in wenigen Jahren. Damit wird der Dieselmotor über alle Fahrzeugklassen, insbesondere bei Vielfahrern hochattraktiv bleiben.
Contra
Dr. Uwe Franke, Vorstandsvorsitzender des Mineralölwirtschaftsverbands e.V.
Verbrauchsarme Benzinmotoren erleben eine Renaissance. Ein wieder steigender Benzinabsatz wäre im Sinne aller Autofahrer, denn in den Raffinerien fallen feste Mengen an Benzin und Diesel an. Benzinüberschüsse müssen exportiert werden, während die steigende Dieselnachfrage auf Importe angewiesen ist. Das Dieseldefizit treibt den Preis an der Zapfsäule – wie 2008, als Diesel trotz steuerlicher Förderung zeitweise teurer als Superbenzin war. Geht die Entwicklung so weiter, steht der Preisvorteil des Diesels auf dem Spiel. In Verantwortung für eine sichere und preiswerte Kraftstoffversorgung ist es unsere Pflicht, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen.
Wenn die Kostenvorteile beim Dieselpreis schwinden
Die Kosten-Argumente pro Dieselmodell wanken: Immerhin näherten sich in der Vergangenheit die Dieselsprit-Preise immer wieder denen des Benzins an. Wie würde sich ein Preis-Gleichstand auf die Rentabilitätsberechnungen des ADAC, die seit Jahren eine verlässliche Quelle beim Neuwagenkauf sind, auswirken? Wir haben nachgerechnet…
Autokosten-Vergleich bei Preis-Gleichstand Benzin/Diesel Käme es zu einem – dauerhaften – Spritpreis-Gleichstand, dann würde sich zwangsläufig die Rentabilitäts-Schwelle fürs Dieselmodell (das in der Regel einen höheren Anschaffungspreis und höhere Kosten für Steuer und Versicherung hat) in Richtung „ungünstig“ verschieben.
Was wäre, wenn? Für fünfzehn beispielhaft ausgewählte Automodelle aus unterschiedlichen Fahrzeugklassen haben wir das zum einen mit der aktuellen Kraftstoff-Preisspanne - zum anderen mit einem möglichen Preis-Gleichstand bei Benzin und Diesel beispielhaft durchgerechnet. ----------- Keine Kauf Empfehlung!! Spekulativ . Call auf AIG DE000CG1HCW2 Devise: "Kaufen, wenn alle anderen verkaufen" Investieren in die Zukunft CORD BLOOD AMER INC WKN: US21839P1075 |