Insolvenzverwalter: Viele Interessenten für Thielert Montag, 28. April 2008, 17:12 Uhr Hannover (Reuters) - Der insolvente Flugzeugmotorenbauer Thielert ist ins Visier zahlreicher möglicher Investoren geraten.
"Es gibt Anfragen von einer Reihe potenter Interessenten", sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Bruno Kübler am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Darunter seien sowohl große Konzerne als auch mittelständische Firmen. Einzelheiten nannte er nicht. Thielert sei ein international renommiertes Unternehmen und führend in Konstruktion und Bau von Flugzeugmotoren, dem kurz vor der Ziellinie die Luft ausgegangen sei, sagte ein Thielert-Sprecher.
Nach der Insolvenz der operativen Tochter Thielert Aircraft Engines in der vergangenen Woche steht nach Einschätzung Küblers auch die Pleite der Muttergesellschaft Thielert AG kurz bevor. "Es ist absehbar, dass auch die Thielert Holding Insolvenz anmelden wird", sagte der Sprecher. Das müsse aber ein Vorstand machen. Der Thielert-Aufsichtsrat hatte den Vorstand vergangene Woche wegen Betrugsermittlungen der Staatsanwaltschaft vor die Tür gesetzt.
Nach Einschätzung von Branchenexperten kommen die Großen der Branche - etwa MTU Aero Engines, General Electric, Rolls Royce oder Pratt & Whitney - ebenso als mögliche Käufer für Thielert in Betracht wie dessen Kunden Cessna und Diamond Aircraft. "Wenn der Preis stimmt, wird es einer von diesen Namen sein", sagte ein Luftfahrt-Analyst. MTU winkte bereits ab. "Wir haben kein Interesse", sagte ein MTU-Sprecher. Diamond Aircraft analysiert derzeit die Lage bei Thielert. "Wir werden noch diese Woche ein Statement herausgeben", kündigte eine Diamond-Sprecherin an.
Die rund 350 Thielert-Beschäftigten müssen nach Angaben des Insolvenzverwalters vorerst nicht um ihre Arbeitsplätze bangen. Dessen Sprecher sagte: "Kurzfristig wird es keine Entlassungen geben." Auch seine Aufträge werde Thielert weiterhin bedienen. So sei die Lieferung von Flugzeugmotoren an das US-Militär gesichert.
Thielert hatte am Donnerstag bekannt gegeben, nicht mehr in der Lage zur nötigen Restrukturierung seines in der Flugzeugmotoren-Tochter gebündelten operativen Geschäfts zu sein. Zur Holding gehört noch die amerikanische Ersatzteilefirma Superior Air Parts, deren Zukunft unklar ist. Zuvor hatte der Aufsichtsrat den Holding-Vorstand wegen des Verdachts der Falschbilanzierung fristlos entlassen. Ein Sprecher der Staatsanwalt Hamburg sagte: "Das Verfahren gegen Thielert läuft noch, der Vorwurf lautet auf Betrug." Thielert habe Umsätze vorgetäuscht und damit höhere Bonität erreicht als angemessen.
Die Hamburger Firma steht seit längerem wegen der umstrittenen Bewertung ungewöhnlich hoher Forderungen in ihrer Bilanz in der Kritik. Das Landgericht Hamburg hatte im März die Abschlüsse der Jahre 2003 bis 2005 für nichtig erklärt. Den Abschluss für 2006 korrigierte Thielert selbst und wies darin deutlich weniger Umsatz und Gewinn aus. Das Unternehmen hatte Entwicklungsleistungen nach dem Grad der Fertigstellung und nicht erst mit Beginn der Serienfertigung bilanziert.
|