Wenn es bei Ariva mal keinen Spaß mehr macht:

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12.11.02 07:30

44542 Postings, 8553 Tage SlaterWenn es bei Ariva mal keinen Spaß mehr macht:

Mit Liebe durch die Apokalypse

Von Alexander Schwabe

Auf einem ehemals fürstlichen Gutshof in Bayern haben sich Angehörige der Zwölf Stämme niedergelassen. Sie sehen sich als die wahren Jünger Jesu. Die Brüder und Schwestern bauen an einer Endzeit-Gesellschaft des Friedens und der Liebe - doch auf Gegenliebe stoßen sie nicht.
 
Die Apokalypse läuft nach einem genauen Zeitplan ab


Klosterzimmern - Wenn David abends um sechs Uhr den Schofar, ein Widderhorn, bläst, haben die Familienväter der Zwölf Stämme noch eine Stunde Zeit, um Frieden zu machen. Wenn die Frau Friede hat, wenn bei den Kindern alles in Ordnung ist, wenn alle Missverständnisse und Nöte beiseite gepackt sind, sind sie bereit zum abendlichen Dankopfer.
Die 51 Erwachsenen und 34 Kinder der Gemeinschaft treffen sich in den zwei Versammlungsräumen des Hofguts Klosterzimmern mitten im Nördlinger Ries. In der Tradition der neutestamentlichen Ur-Gemeinde beten sie zu Jahschua, den die Christen Jesus nennen.

Das Abendopfer ist ein geistiger Akt. Die Stammes-Angehörigen übergeben alles, was sie sind und haben, der Gemeinschaft.

Im Frieden mit sich selbst, drücken sie selbigen auch untereinander aus. Jeder umarmt jeden, jeder wünscht jedem Schalom, jeden Morgen um sieben, jeden Abend um sieben. Die Ehepaare stellen sich im Kreis auf, umgeben von ihren Kindern. Einige der Frauen sind schwanger. Von Klarinette und Gitarre begleitet beginnt eine kleine Gruppe im Kreis der Glaubenden einen Reigen zu tanzen.

Bärte, Zöpfe, Lederriemen

 
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Das Gut Klosterzimmern: Zuerst Nonnen, dann Fürsten, jetzt Jünger


Weil Eitelkeit bei den geistig erneuerten Menschen keinen Platz hat, tanzt niemand modisch aus der Reihe. Die Frauen tragen beim Gottesdienst lange Röcke, lange Kleider oder weit geschnittene Hosen. Ihr Haar ist zu einem langen Zopf geflochten, ihr Haupt immer von einem einfarbigen Kopftuch bedeckt. Alle Männer tragen Bärte. Ihr Haar ist zu einem Pferdeschwänzchen gebunden. Einige tragen Lederriemen um die Stirn.

Das Volk Israels öffnet sein Herz. "Ich bin so dankbar, dass wir zu einer guten Entscheidung gekommen sind, und das Geld 50 zu 50 geteilt haben", sagt eine Frau. Das Haushaltsgeld in der Gemeinschaft ist knapp. Die Kosten für den Lebensunterhalt belaufen sich trotz eines bescheidenen Lebensstils auf rund 10.000 Euro im Monat.

"Du hast gegeben und gegeben, obwohl du so wenig hattest", erfährt sie Anerkennung aus dem Kreis, "wie auch unser Meister Jahschua alles gegeben hat". "Amen", "Amen", "Amen", raunt es im Raum. Einer der Männer, die sich für ein Krippenspiel erst gar nicht verkleiden müssten, bringt es auf den Punkt: "Wo Liebe ist, da ist kein Geiz."

Geben ist seliger als nehmen, daher gibt es bei Jahschuas Jüngern viele fröhliche Gesichter. Die Liebessüchtigen haben ihr Leben radikal geändert. Das friedlose und sinnentleerte Leben in der Gesellschaft liegt hinter ihnen, sagen sie. Sie wollen an die Tradition der Ur-Christen anknüpfen, wie sie der Evangelist Lukas beschrieben hat: "Alle Gläubigen waren beieinander und hielten alle Dinge gemein. Ihre Güter und Habe verkauften sie und teilten sie unter allen."

Das Millionen-Opfer

Eines der Ehepaare in Klosterzimmern brachte durch den Verkauf seines Eigentums so viel ein, dass sich die Gemeinschaft vor zwei Jahren das Gut des Fürsten Moritz zu Oettingen-Wallerstein für 1,8 Millionen Mark kaufen konnte.

Einst bearbeiteten von hier aus 80 Angestellte des Hochadeligen 300 Hektar fruchtbares Ries-Lössland, das durch einen Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren entstanden war. Sie züchteten Schweine und Hühner und betrieben eine Mühle am Zusammenfluss von Mauch und Eger. Bevor das stattliche Anwesen im 17. Jahrhundert in fürstlichen Besitz kam, beteten hier seit dem 12. Jahrhundert Zisterzienser-Nonnen.

 
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Unterricht bei den Zwölf Stämmen: Der bayerische Staat hält dagegen


Mit dem Klosterleben der frommen Frauen hat das religiöse Leben der Stammesgemeinde wenig gemein. Die Kirchen sind für die Anhänger des Meisters Jahschua kraftlose Gebilde, die den wahren Charakter Gottes entstellten. Das Christentum gilt ihnen als ein religiöses System, als Teil einer Strategie des Satans, "den Menschen davon abzubringen, zu tun, was gut und recht ist".

Hilfe aus dem Heiligtum von früh bis spät

Die Gemeinschaftsleute haben sich hebräische Namen gegeben. Isch Hadasch ("neuer Mann"), ein 62-jähriger Sachse, sagt: "Wir sind der Kirche ein Dorn im Auge, weil wir so leben wie die Urgemeinde vor 2000 Jahren." Doch die frühen Christen seien abgedriftet und hätten ein bequemes Leben gewählt. "Unser Leben aber ist ein täglicher Kampf", sagt der frühere Maschinenbauingenieur. "2,5 Milliarden Christen auf der Welt - das müsste ein Kraft sein. Doch was machen sie?" fragt er abschätzig, "sie schlagen sich die Köpfe ein."

In Klosterzimmern ist das anders. Die heutigen Ur-Christen sind überzeugt, dass sie ihre Kraft positiv nutzen. So zieht beispielsweise ein Weckdienst mit dem ersten Hahnenschrei morgens gegen sechs Uhr mit Gitarre und Gesängen durch die Gänge. "Jahschua, send us help from the sanctuary." "Jahschua, sende uns Hilfe aus dem Heiligtum", singt das Grüpplein, während die Schwestern und Brüder Bad und Toilette aufsuchen.

Vor dem gemeinsamen Frühstück kommt die geistige Stärkung. Auffällig gut gelaunte Menschen umarmen sich in aller Herrgottsfrüh, wünschen sich Schalom, nicht eines aus der Kinderschar ist am Quengeln - obwohl der Magen knurrt. "Unser Meister Jahschua hat die Kraft, unsere Nation, das neue Israel aufzubauen", sagt Isch Hadasch. Die Gemeinschaft pflichtet mit einem vielstimmigen "Amen" bei.

Apocalypse how?

 
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Das Ende der Welt: Erst Überschwemmungen ....


Noch hat der Meister den Aufbau des neuen, geistigen Israel nicht vollendet. Bisher haben sich weltweit zehn der zwölf Stämme gebildet. Joseph und Benjamin fehlen noch. Die Bewegung wurde Anfang der siebziger Jahre durch Elbert Eugene Spriggs in Chattanooga im US-Staat Tennessee gegründet. In der Stadt im bible belt entstehen viele religiöse Gemeinschaften. Den "Twelve Tribes" haben sich bisher rund 2000 Menschen angeschlossen. Spriggs, der sich Yonek nennt, gilt ihnen als "super apostle". Den Stamm in Deutschland, Levi, gibt es seit rund zehn Jahren.

Wenn das Dutzend voll sein wird, hat der Countdown für das Weltende begonnen. Der Stammesverband muss dann 50 Jahre in Frieden zusammenleben, bevor Meister Jahschua zurückkehren wird. Er wird das tausendjährige Reich des Steinkönigtums errichten.

Die Apokalypse hat einen präzisen Zeitplan. Hass und Gewalttätigkeit, Habgier, Stolz und Egoismus werden die Menschheit zerfressen. Durch die Zerstörung der Umwelt und wegen des Ruins der Moral wird nach der Lehre der Stämme das Ende in Form einer kosmischen Katastrophe hereinbrechen. Das göttliche Gericht wird die Erde mit Flut und Feuer überziehen.

Platt gedrückte Pole und dicker Äquator

 
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.... dann Feuersbrünste


Wenn die Sonne die Eismassen an den Polen abschmelzen wird, wird eine gigantische Welle alle Küstenstreifen überrollen. Die Stammesgläubigen erwarten, dass die Rotation der Erde beschleunigt wird. Die Pole werden platt gedrückt und der Äquator geweitet werden. Durch den enormen Druck im Erdinnern wird es zu gewaltigen Erdbeben und Vulkanausbrüchen kommen.

Die Friedfertigen und Liebenden, die im Steinkönigreich leben, werden 1260 Tage vor dem vernichtenden Weltgericht in die Wildnis ziehen müssen, denn "der Antichrist wird alles mobilisieren, um unsere Lebensweise zu zerstören", sagt Stammesbruder Dieter Musiol, genannt Nahum.

Noch aber bringt Jehu auf dem Klosterzimmerer Gut mit einer Schubkarre die Ernte ein. Dutzende Krautköpfe schafft er in die Speicher. Das nahezu autarke Leben rüstet die verschworene Gemeinde für die Endzeit. Nach Bio-Richtlinien baut sie Kohl, Getreide, Kartoffeln, Sellerie, Blumen- und Rosenkohl, Rote Rüben, Erdbeeren, Lauch, Zwiebel, Brokkoli und Paprika an. Ein Traktor und Ackergeräte erleichtern das Bestellen des Landes.

Die bibeltreuen Alternativen machen Joghurt aus der Milch der beiden Kühe, trinken Ziegenmilch, Wasser, Kräuter- oder Matetee. Sie halten 20 Schafe, melken von Hand, lesen die Kartoffelkäfer von den Stauden, schneidern ihre Kleider selbst, backen Dinkelbrot, bereiten Tofu und Hirse zu, essen mit Gabel oder Essstäbchen.


Lesen Sie im zweiten Teil, warum der Mann über der Frau steht, und wie das Reich Jahschuas mit der Welt kollidiert: Konflikte mit den Behörden, Konflikte mit der Kirche. Lesen Sie über ein Elternpaar, das im Gefängnis sitzt, weil es für den Tod seines Sohnes verantwortlich gemacht wird

 

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