Sparen, aber richtig Kanzlerin Merkel befindet sich im Dilemma: Die Euro-Länder und die USA verlangen von Deutschland Konjunkturstützung. Die Schuldenbremse zwingt sie jedoch auf Sparkurs. Die deutsche Binnenkonjunktur sollte der Leitfaden für Art und Zeit von Einsparungen und Ausgabenkürzungen sein.
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Handelsblatt Redakteurin Donata Riedel Quelle: Pablo Castagnola Nicht nur Spekulanten, auch Regierungen neigen zum Herdentrieb. Seit die Finanzmarktkrise zur Staatsfinanzkrise mutiert ist, werden überall im Euro-Raum genauso hektisch Sparprogramme aufgelegt wie nur ein Jahr zuvor die milliardenschweren Konjunkturprogramme. An den Finanzmärkten kehrt darüber jedoch nicht die von Innenminister Thomas de Maizière geforderte „Ruhe im Karton“ ein. Im Gegenteil, die Rezessionsangst ist zurück.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerät in ein kaum lösbares Dilemma. Um die Vorgaben der deutschen Schuldenbremse zu erfüllen, muss sie ab 2011 hart sparen. Gleichzeitig bitten befreundete Regierungschefs, allen voran US-Präsident Barack Obama, die Kanzlerin inständig, die deutsche Binnenkonjunktur anzukurbeln, denn nur Deutschland könne sich das noch leisten. Allerdings ignorieren sie dabei, dass Deutschland nur deshalb als Euro-Stabilitätsanker gilt, weil die Schuldenbremse Verfassungsrang hat. Jeder Trick, echtes Sparen zu umgehen, würde das Vertrauen in Deutschlands Stabilität sofort zerstören.
Um ein Sparprogramm kommt Merkel also nicht herum. Damit rechnet in Deutschland ohnehin jeder. Ein weiteres Konjunkturpaket würde daher mangels Vertrauen hierzulande den Konsum nicht beflügeln. Umso wichtiger ist es aber, dass das Sparprogramm vor allem in den nächsten beiden Jahren so weit wie nur irgend möglich die Binnenkonjunktur schont.
Für den Subventionsabbau etwa folgt daraus, dass der Rasenmäher, der alles gleichmäßig kürzt, nicht das ideale Instrument ist. Eher schon sollte Merkel zur Rosenschere greifen, um gezielt zuerst Begünstigungen zu beschneiden, die vorrangig Exportbranchen zugute kommen. Die höchsten Steuersubventionen etwa fließen derzeit in energieintensive Industrien, vor allem Chemie und Aluminium, denen die Ökosteuer erlassen wird. Das Exportgeschäft dort hat die Rezession hinter sich. Die Subventionen könnten also nach und nach in mehreren Schritten zurückgefahren werden.
Auf den Prüfstand gehören auch die Anschub-Förderprogramme für erneuerbare Energien: Die Nachfrage nach Windrädern, Solar- und Biogasanlagen ist inzwischen so stabil, dass eine Dauerförderung der Wettbewerbsfähigkeit eher schadet als nutzt. Und warum einzelne Branchen Treibstoffe vom Steuerzahler billiger bekommen als andere, lässt sich ohnehin nicht rechtfertigen, sei es für Agrardiesel oder Flugbenzin.
Bei allen branchenspezifischen Subventionen sollte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sehr genau hinschauen, welche Subventionen ohne Schaden für Arbeitsplätze abgebaut werden können. Für die gerade erst per Konjunkturpaket geretteten Werften müsste der Subventionsabbau eher später einsetzen; beim Steinkohlebergbau kann dies womöglich eher geschehen. Entlang dem Kriterium Stärkung der Binnenkonjunktur jedenfalls lässt sich ein differenzierter Subventionsabbau durchaus begründen. Die Koalition muss es nur wollen.
Die Koch-Steinbrück-Liste aus dem Jahr 2003, die jetzt vielfach wieder in den Debatten auftaucht, hilft nur bedingt zur Orientierung. Sie folgt der Rasenmäher-Idee, alle Subventionen gleichmäßig zu kürzen. Allerdings hat sich bereits damals gezeigt, dass dieses Vorgehen nicht widerspruchsfrei funktioniert. Dort, wo Kürzungen der Liste Politikzielen entgegenstanden, wurden sie schnell wieder kassiert: So geschehen bei den Nahverkehrszuschüssen. Andere Subventionen aus der Liste wurden später ganz gestrichen, wie die jährlich elf Mrd. Euro teure Eigenheimzulage. Weil die Schuldenbremse einen langsamen Schuldenabbau über sechs Jahre verlangt, kann die Politik die Beteiligung aller Bürger am Sparkurs zeitlich verteilen.
Mit Blick auf die Binnenkonjunktur jedenfalls täte die Koalition gut daran, Geringverdiener am Anfang der Sparjahre zu verschonen. Wer wenig verdient, gibt in der Regel fast alles für den Konsum aus, wer viel verdient, spart eher. Auch höhere Sozialbeiträge, die vor allem niedrige Einkommen schmälern, sollten vermieden werden.
Früher ansetzen kann man dagegen bei Steuervergünstigungen, die eher von Besserverdienenden genutzt werden, zum Beispiel die Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen, die nach ersten Untersuchungen des Bundesfinanzministeriums eher zu Mitnahmeeffekten denn zu mehr legalen Aufträgen geführt haben. Und bei allem Elan für Forschung: Die steuerliche Forschungsförderung wurde Anfang der 1990er-Jahre wegen hoher Mitnahmeeffekte abgeschafft; das spricht gegen ihre Wiedereinführung.
Sehr viel mehr Milliarden als bei den Subventionen lassen sich darüber hinaus direkt bei den Ausgaben einsparen. StaatlicheArbeitsbeschaffungsmaßnahmen wirken meist nicht. Die Wehrpflicht kostet Milliarden. Und warum gibt es Witwenrente ab 47? Bisher verweigern die Ressortminister Sparvorschläge. Finanzminister Wolfgang Schäuble könnte dagegen mit pauschalen Ausgabenkürzungen vorgehen. Gestaffelt wirken sie am besten: Verkehrsinvestitionen helfen der Binnenkonjunktur mehr, Agrarsubventionen weniger. ----------- schaun mer mal |