Systemisch bedeutendes Unternehmen ist, damit ist gemeint ,dass ein Zusammenbruch unkalkulierbare Risiken für andere Banken und Versicherungen nach sich bringen würden.
Hilfe für AIG verschlingt 150 Milliarden Von Martin Dowideit 11. November 2008, 02:22 Uhr Nach dramatischem Verlust neues Rettungspaket für US-Versicherungskonzern New York - Nach einem Rekordverlust von über 24 Mrd. Dollar (18,6 Mrd. Euro) im zurückliegenden Quartal greift die US-Regierung dem Versicherungskonzern AIG mit 150 Mrd. Dollar unter die Arme. Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (Fed) hatte dem Unternehmen zuvor eine ähnliche Summe in Form von Überbrückungskrediten zu hohen Zinssätzen zur Verfügung gestellt. Doch dies hat die Lage des Unternehmens nach Ansicht der Aufsichtsbehörden nicht ausreichend stabilisiert. Daher baut die Regierung jetzt das Rettungspaket um. Das Finanzministerium kauft für 40 Mrd. Dollar Anteile an AIG. Die Fed gibt zusätzlich 50 Mrd. Dollar für die Ausgliederung von Not leidenden Wertpapieren und stellt 60 Mrd. Dollar als Darlehen zur Verfügung - zu günstigeren Bedingungen als das ursprüngliche Darlehen.
Das neu geschnürte Rettungspaket solle dem Unternehmen ermöglichen, "seinen Umbauprozess erfolgreich zu vollenden", teilten die Behörden mit. Durch den Verkauf von Unternehmensteilen will AIG die eigene Finanzposition wieder stärken. Einen Zusammenbruch des Konzerns hat die Regierung verhindern wollen, da es sich um "ein systemisch bedeutendes Unternehmen" handele. Damit ist gemeint, dass ein Zusammenbruch unkalkulierbare Risiken für andere Banken und Versicherungen nach sich bringen würde.
Der zu den größten Versicherern weltweit zählende Konzern war unter anderem in Schieflage geraten, da er in den vergangenen Jahren groß in das Geschäft mit sogenannten "Credit Default Swaps" (CDS) eingestiegen war. Mit diesen Papieren können sich Investoren gegen das Risiko versichern, dass Kreditnehmer wie Unternehmen oder Staaten Darlehen nicht zurückzahlen können. Die Swaps können auch zur reinen Spekulation erworben werden.
Da der CDS-Markt weitgehend unreguliert ist, hatte die AIG keine Rückstellungen bilden müssen, um eventuelle CDS-Verluste auszugleichen. Die Finanzkrise hatte jedoch den von London aus geführten Geschäftszweig des Versicherers hart getroffen. Dabei hatte Joseph Cassano, Chef der zuständigen Sparte, noch im August 2007 gesagt: "Es ist schwer für uns, (...) ein in irgendeiner Weise realistisches Szenario zu erkennen, unter dem wir auch nur einen Dollar mit einer dieser Transaktionen verlieren könnten."
Jetzt hat das Unternehmen mit Sitz in New York allein im vergangenen Quartal sieben Mrd. Dollar auf den Buchwert seiner CDS-Geschäfte abgeschrieben. In anderen Sparten kamen Abschreibungen von 18,3 Mrd. Dollar hinzu, unter anderem auf den Wert von mit Immobiliendarlehen besicherten Anleihen. Diese Wertpapiere haben aufgrund des Preisverfalls auf dem US-Eigenheimmarkt rapide an Wert verloren.
Für die Rettung des größten Versicherers des Landes fließt jetzt erstmals Geld aus dem Anfang Oktober vom Kongress genehmigten 700 Mrd. Dollar-Rettungspaket an ein Unternehmen, das keine Bank ist. Dies könnte demokratischen Kongressabgeordneten Rückenwind für ihre Forderung geben, den großen Autokonzernen des Landes ebenfalls mit Milliarden aus dem Paket zur Seite zu springen. General Motors, der größte Autohersteller des Landes, hatte Ende vergangener Woche in Washington um Staatshilfen gebeten.
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