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SPD fassungslos über Kurt Beck
Gute Miene zum bösen Spiel? Wird Kurt Beck die rote Frucht noch sauer aufstoßen?
21. Februar 2008 In nahezu sämtlichen Berliner SPD-Gliederungen hat sich Fassungs- und Ratlosigkeit über den Vorstoß des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck breit gemacht, die hessische Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti solle zwar versuchen, bis Anfang April eine rot-gelb-grüne Ampelkoalition zu bilden, im Falle des Falles sich aber auch ohne solche Absprachen am 5. April im Landtag zur Wahl zur Ministerpräsidentin zu stellen.
Sowohl in der SPD-Linken als auch auf der anderen Seite des innerparteilichen Spektrums wurde Unverständnis über die Motive Becks geäußert. Vielfach wurde auch Unsicherheit geäußert, was Becks eigentliches Ziel sei. Auch seine Äußerungen vom Donnerstag hätten nicht für Klarheit gesorgt. Spätestens nach der Bürgerschaftswahl am Sonntag in Hamburg müsse er das erklären. Aus Teilen der Partei wurde angekündigt, die Sache am Montag im SPD-Präsidium und dem Parteivorstand anzusprechen. Doch gab es auch die Einschätzung, das werde nicht geschehen und der Streit werde totgeschwiegen.
„Keinerlei aktive Zusammenarbeit mit der Linken“
Beck äußerte sich am Donnerstag in München beim traditionellen Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg. „Es wird keinerlei Absprachen oder sonstige Vereinbarungen irgendwelcher Art, auch nicht über eine Tolerierung durch die Linke, geben“, sagte er. Er fügte an: „Es wird keinerlei aktive Zusammenarbeit mit der Linken geben.“ Beck wurde mit Blick auf die Weigerung der hessischen FDP, zusammen mit SPD und Grünen eine Koalition zu bilden, mit der Äußerung zitiert: „Die FDP muss endlich ihre staatsbürgerliche Pflicht tun.“
Unter Berliner Sozialdemokraten wurde registriert, der SPD-Vorsitzende habe damit die vorherige Kalkulation, Frau Ypsilanti müsse sich gegebenenfalls auch ohne Koalitionsabsprachen zur Wahl stellen, nicht verworfen. Beck hatte am Montagabend in einer Gesprächsrunde in Hamburg, an der auch der dortige SPD-Spitzenkandidat Naumann und der Schriftsteller Grass teilnahmen, geäußert, niemand würde verstehen, wenn Frau Ypsilanti sich im Landtag nicht zur Wahl stelle. Sonst würde der Schub für die SPD nach der Landtagswahl in Hessen zunichte gemacht. Die SPD könne nicht einfach zusehen, wenn Ministerpräsident Koch (CDU) weiterregiere, in dem er geschäftsführend im Amt bleibe.
Die Darlegungen Becks hatten impliziert, dass sich Frau Ypsilanti auch mit den Stimmen der Linksfraktion im Landtag wählen lasse. Berichte über die Äußerungen waren am Mittwoch bekanntgeworden. Führende SPD-Politiker versuchten hernach, sich Klarheit zu verschaffen, was gesagt worden und was gemeint gewesen sei. In verschiedenen Kreisen der SPD hieß es, das sei nicht gelungen.
Ob Ypsilanti sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen sollte, lässt Beck offen
Sprecher des „Seeheimer Kreises“ und der Gruppe „Netzwerk“, die seit einiger Zeit vom stellvertretenden SPD-Vorsitzenden, Finanzminister Steinbrück koordiniert werden, äußerten sich am Donnerstag in Absprache. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Hübner („Seeheim“) und Lange („Netzwerk“) sagten gleichlautend, sie gingen weiterhin davon aus, die Worte Becks und Frau Ypsilantis „keine wie auch immer geartete Kooperation mit der Linken“ würden weiter gelten. Beide Gruppierungen hatten eine Reihe von entsprechenden Aussagen Becks und Frau Ypsilantis aus den vergangenen Wochen gesammelt. Die SPD-Linke vemied eine offizielle Erklärung. So hielten es auch Steinbrück und Außenminister Steinmeier, der ebenfalls stellvertretender SPD-Vorsitzender ist.
Becks Stellvertreter: Erstaunt und entsetzt
In Berlin hieß es, in der vorletzten Sitzung des SPD-Präsidiums habe Frau Ypsilanti vom politischen Druck innerhalb ihrer Landespartei gesprochen, die bisherige Absage an eine Zusammenarbeit mit der Links-Partei aufzugeben. Beck habe daraufhin gesagt, über den Fortgang der Dinge in Hessen solle nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg gesprochen werden.
Mit seiner Fraktion will die Hessen-SPD nicht kooperieren, wie es mehrfach geheißen hat: Willi van Ooyen
In der Präsidiumssitzung am vergangenen Montag in Hamburg habe das Thema keine Rolle gespielt. Auch bei seinem Auftritt vor der SPD-Bundestagsfraktion am Montag war Beck nicht darauf eingegangen. Insofern waren Hinweisen zufolge die stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Steinbrück, Steinmeier und Andrea Nahles und auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck sowie die weiteren Führungspolitiker der Fraktion über die Berichte überrascht, erstaunt und entsetzt, die von Mittwoch an die Runde machten. Es hieß, Telefonate hätten die allgemeine Unsicherheit nicht beseitigt. Die Lage sei „diffus“. Es gebe keine Erklärungen. Auch Hinweise, Beck habe mit seinen Bemerkungen ein Drohkulisse gegen die FDP aufbauen wollen, wurden auf dem rechten wie auf dem linken Flügel verworfen. Die FDP in Hessen werde sich nun erst recht nicht bereit zeigen, Koalitionsverhandlungen mit Frau Ypsilanti zu führen, lauteten die Einschätzungen. Insofern sei Becks Einlassung möglicherweise kontraproduktiv gewesen.
Hinweise gab es, nach Schließung der Wahllokale am Sonntag in Hamburg würden deutlichere und offenere Worte kommen. Auf dem rechten Flügel der SPD, der von Steinbrück repräsentiert wird, wurde vor einem „Dammbruch“ im Verhältnis zur Linkspartei gewarnt. Dann seien auch Flügelkämpfe zu erwarten. Doch gab es auch in der Partei-Linken Hinweise, Becks Äußerungen machten wegen der bisherigen gegenteiligen Festlegungen die SPD unglaubwürdig.
Naumann schließt Bündnis mit der Linkspartei aus
Indes hat der Spitzenkandidat der Hamburger SPD für die Bürgerschaftswahl am Sonntag, Michael Naumann, hat abermals jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei zurückgewiesen. „Ich schwöre bei dem Leben meiner Kinder: Es gab kein Geheimtreffen“, sagte Naumann. Er setzte hinzu: Für die „Freunde der Linkspartei sage ich es so, dass auch ihre Genossen aus der alten DKP und die Freunde von Frau Wegner aus Niedersachsen es verstehen: njet“.
Naumann ist das persönlich abzunehmen, weil seine Familie selbst aus der DDR hatte fliehen müssen. Ähnlich sieht es auch die Spitzenkandidaten der GAL, Christa Goetsch. Mit Blick auf die DKP-Mitglieder in den Reihen der Linkspartei sagte sie: „Da sind ganz schlimme Finger dabei.“ Auch der Mann von Frau Goetsch musste aus der DDR fliehen.
„SPD lässt die Katze aus dem Sack“
Die Hamburger CDU fühlt sich bestätigt. Sie hatte von Anfang an vor Kontakten zwischen der SPD und der Linkspartei gewarnt („Hamburg, pass auf!“) Der Landesvorsitzende in Hamburg, Finanzsenator Michael Freytag, sagte: „Jetzt lässt die SPD die Katze aus dem Sack. Der Geheimplan lautet, nach der Hamburg-Wahl ist der Weg frei für Linksfront-Regierungen in Hessen und in der Hansestadt.“
Direkt griff Freytag dabei den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Thomas Böwer an, der bereits von einer „klaren Machtperspektive“ gesprochen hatte. Aus der SPD hieß es dazu: „Die CDU ist in Panik: Die absolute Mehrheit ist längst dahin, und durch wilde Spekulationen über eine sogenannte ,Linksfront' sollen nun noch Ängste geschürt werden.“ Die Linkspartei sei weder in Hessen noch in Hamburg regierungsfähig.
Die CDU sieht die SPD unterdessen auf dem Weg zur Zusammenarbeit mit der Linkspartei auch über Hessen hinaus. Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, verwies auf den Linksruck der Sozialdemokraten nach links. „Die SPD vollzieht nun machtpolitisch das, was sie programmatisch eingeleitet hat“, sagte er dem Fernsehsender N 24. „Wer so redet wie die Linken, der macht dies, um am Ende auch mit den Linken Politik zu machen.“
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