nein, schon lange nicht mehr ! weil:
Immer wieder lese ich in Foren, dass Leute Aktien von US-Firmen kaufen, die unter Chapter 11 stehen - z. B. Delta Airlines, Delphi (US-Autoteilehersteller) und Calpine (US-Kraftwerksbetreiber). Davor möchte ich eindringlich WARNEN, weil Aktien von Firmen, die unter Chapter 11 stehen, fast immer wertlos sind und irgendwann ge-delistet werden.
Chapter 11 - de facto eine "Pleite" - ist der US-Gläubigerschutz, der US-Firmen erlaubt, ihre Geschäfte weiterzuführen, ohne die alten Schulden bedienen zu müssen. Schuldner (z. B. Anleihehalter) müssen für die Zeit unter Chapter 11 auf die Rückzahlung der Schulden verzichten und "stillhalten". Kommt die Firma irgendwann aus Chapter 11 heraus, erhalten die Anleihehalter meist NEUE Aktien - die aber zunächst weniger Wert sind, als es dem ursprünglichen Wert der der Ex-Anleihen entsprach. Diese NEUEN Aktien haben dann aber ein stärkeres Wachstumspotenzial, weil die Fa. ja durch Chapter 11 die Schulden - und zudem die Pensionsverpflichtungen! - losgeworden ist.
ALT-Aktionäre hingegen enthalten fast immer nichts. Ihre Alt-Aktien werden nicht in die NEUEN Aktien umgewandelt. Irreführenderweise haben die NEUEN Aktien oft wieder das "alte" Kürzel - es sind aber ANDERE Aktien.
Was passiert nun während und nach Chapter 11 mit den Altaktien? Sie haben ja scheinbar immer noch Wert, weil sie an Bulletin Boards gehandelt werden und sogar auf positive News hin steigen. Das Ganze ist jedoch pure Illusion. Dass solche Aktien ungeachtet ihrer Wertlosigkeit in luftige Höhen spekuliert werden, darf man zum einen der Unkenntnis der Käufer, zum anderen dem gegenwärtigen "irrationalen Überschwang" an der Börse zurechnen.
Betrachten wir das Beispiel Calpine (siehe mein Thread: http://www.ariva.de/board/218227). Der US-Kraftwerksbetreiber ging im Dezember 2005 unter Chapter 11 (ich empfahl im Thread bereits im Sommer bei Kursen von 3 Dollar den Ausstieg, siehe dort). Calpine war hochverschuldet, weil die Firma auf Kredit expandiert war. Sie hatte Kraftwerke im Wert von 18 Mrd. Dollar, aber Schulden in Höhe von 12. Mrd. Die Anleihen hatten bereits Junk-Status, was die Zinslast enorm steigerte. Da die Kraftwerke fast ausschließlich mit Gas befeuert werden, wurde Calpine, als der Gaspreis explodierte, zahlungsunfähig, zumal gleichzeitig die Strompreise aufgrund einer Gesetzesnovelle in Kalifornien kollabierten.
Vor der Pleite hatten Calpine-Aktien das Kürzel CPN, nach der Pleite haben sie nun das Kürzel CPNLQ und werden an Bulletin Board gehandelt. Gestern stiegen die Altaktien (CPNLQ) überraschend auf eine positive News hin auf 2 Dollar, und im Calpine-Thread gab es Leute, die dies begeistert kommentierten.
Diese Begeisterung ist jedoch "hirnrissig". Denn wenn Calpine aus Chapter 11 rausgeht, steht für CPNLQ (in das die CPN-Aktien nach der Pleite zwangsweise umgewandelt wurden) ein Delisting an. Dann ist dort, wo vorher die Aktie eingebucht war, nur noch ein Leerraum im Depot.
Altaktionäre wollen den Totalverlust nach Chapter 11 oft nicht wahrhaben. So gibt es oft auch weiterhin einen schwunghaften Handel mit den Pleiteaktien, wobei offenbar die Tatsache, dass sie nicht auf Null stehen, Unbedarften die Illusion gibt, es gäbe einen Restwert. Und dieser Restwert wird an der gegenwärtigen Euphoriebörse auch noch auf positive News hin hochspekuliert - wie jetzt bei Calpine. Das Gleiche sieht man zurzeit bei Delphi und Delta Airlines, die ebenfalls beide unter Chapter 11 stehen. Auch diese Altaktien sind wertlos. |