VOLKSWAGEN-PROZESS Piëch bestreitet Mitwisserschaft bei Lustreisen Prostituierte auf Firmenkosten, Lustreisen für Betriebsräte: VW-Aufsichtsratschef Piëch hat von all dem nach eigenen Angaben nichts gewusst. Vor dem Braunschweiger Landgericht sagte der Konzernpatriarch: "Ich habe mich nicht damit befasst."
Braunschweig - Eigentlich geht es in dem Untreue-Prozess vor dem Braunschweiger Landgericht um den ehemaligen VW-Betriebsratschef Klaus Volkert und den früheren Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer. Die entscheidende Frage ist jedoch: Was wusste der damalige Konzernchef Ferdinand Piëch? ZEUGE PIËCH: "NICHT DAMIT BEFASST" Fotostrecke starten: Klicken Sie auf ein Bild (4 Bilder) Eine Antwort sollte er heute als Zeuge in dem Prozess geben. Die Aussage Piëchs, der mittlerweile den Aufsichtsrat bei Volkswagen leitet, war eindeutig: Er habe keine Einzelheiten über die Reisen von Betriebsräten gekannt. "Ich habe mich nicht damit befasst", sagte Piëch aus. "Der Missbrauch von Vertrauensspesen durch den Betriebsrat ist mir zu keinem Zeitpunkt in meiner Vorstandszeit zur Kenntnis gelangt." Der Staatsanwalt stellt den Sachverhalt anders dar Piëch war von 1993 bis 2002 Vorstandschef von Volkswagen. Sollte ihm eine Mitwisserschaft über Lustreisen nachgewiesen werden, die Betriebsräte auf VW-Kosten durchgeführt haben, dann könnte dies das Strafmaß für die Angeklagten Volkert und Gebauer verringern. Die beiden sind wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise der Anstiftung dazu angeklagt. Piëch bestritt eine Mitwisserschaft jedoch. "Wäre es mir zu Ohren gekommen, hätte ich es vehement verfolgt und abgestellt." Von der brasilianischen Geliebten Volkerts, die von VW Honorarzahlungen erhielt, habe er nur durch Gerüchte erfahren, denen er nicht nachgegangen sei. Außerdem habe er nichts von Sonderbonuszahlungen an Volkert gewusst. "Dass es bei Volkswagen zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, verwerfe ich sehr", erklärte der 70-Jährige. Ganz anders stellt sich der Sachverhalt laut Staatsanwaltschaft dar. Demnach hat der frühere VW-Finanzvorstand Bruno Adelt seinen Chef Piëch vor Jahren auf ein Konto angesprochen, auf dem Gebauer seine Abrechnungen vorgenommen hat. Daraufhin sei der frühere Büroleiter Piëchs, der heutige Audi-Chef Rupert Stadler, mit der Überprüfung beauftragt worden. Laut Staatsanwaltschaft ist es "lebensnah", dass sich Piëch über das Ergebnis der Prüfung informierte. "Zuständig war Peter Hartz" Adelt hatte Mitte Dezember als Zeuge vor Gericht erklärt, er habe Piëch nie auf das Konto 1860 angesprochen, über das die Lustreisen für Betriebsräte abgewickelt worden waren. Er habe während seiner Tätigkeit bei VW auch keine Prüfung des Kontos veranlasst. Auch Ex-VW-Personalvorstand Peter Hartz hatte bisher ausgesagt, mit Piëch nur ganz allgemein über eine Besserstellung von Volkert geredet zu haben. Dazu sagte Piëch, es könne zwar sein, dass ihn Volkert darauf angesprochen habe, dass er besser bezahlt werden wolle. Konkrete Zusagen an Volkert habe er aber zu keinem Zeitpunkt gemacht. Dies sei auch nicht in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen. Für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sei Personalvorstand Hartz zuständig gewesen. Der Angeklagte Gebauer sagte dagegen vor Beginn der heutigen Verhandlung, er erwarte von Piëch "eine wahrheitsgemäße Aussage". Es sei "schwer vorstellbar", dass Piëch von den Vorgängen nichts gewusst habe. Gebauer fügte hinzu: "Die Frage ist, ob er sich überhaupt dafür interessiert hat." Gebauers Anwalt Wolfgang Kubicki ergänzte, ein Vorstandsvorsitzender, der erkläre, er interessiere sich nicht dafür, was in seinem Unternehmen laufe, handle fahrlässig. wal/Reuters/dpa/ddp/AFP/AP http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,527537,00.html |