09:27 22.07.08
Was derzeit zwischen dem Bezahlproduktanbieter Wirecard AG und der Schutzvereinigung der Kapitalanleger SdK e.V. abgeht, erinnert an eine schlechte Soap. Da werden gegenseitig Vorwürfe erhoben, dass einem die Luft wegbleibt. Gestern wurden in einem Interview in einer Finanzzeitschrift mit Herrn Straub, dem stellvertretenden SdK-Vorsitzenden Sachverhalte geschildert, die wie es eine große Zeitung heute schreibt „an ein Rollkommando mit Todesdrohung“ erinnern.
Angeblich soll ein ehemaliges SdK-Mitglied namens Bosler, von dem eine eidesstattliche Versicherung vorliegen soll, sogar von einem Begleiter des Wirecard-Anwalt Jens Röhrborn sinngemäß mit folgendem Satz bedroht worden sein: „In der Türkei sterben Leute wegen 1.000 Euro, Mann, verstehst du“.
Hintergrund ist die Behauptung des SdK, das die Wirecard AG angeblich Bilanzmanipulationen begangen haben soll. Die Gesellschaft weise nach Ansicht der SdK ein schwaches Bilanzbild auf, bei dem fast die gesamte Aktivseite der Bilanz aus immateriellen Vermögensgegenständen bestehe. Aus Sicht der SdK ist unklar wie und durch welche Geschäfte die Gewinne entstehen. Fraglich ist demnach insbesondere, wie hoch der internationale Ergebnisanteil des in Deutschland verbotenen Gamblinggeschäfts ist. Außerdem zahlt die Gesellschaft trotz eines EBIT von 33,1 Mio. Euro keine Steuern, sondern verbuchte sogar einen Steuerertrag in Höhe von 0,6 Mio. Euro. Ein Teil des vom Unternehmen ausgewiesenen Wachstums stammt aus Akquisitionen in Gibraltar und Dublin. Dabei hinterfragt die SdK die Hintergründe zu diesen Akquisitionen.
Was dem Ganzen aber - unabhängig davon, was nun tatsächlich wahr ist - einen schalen Nachgeschmack gibt, ist die Tatsache, dass Straub offensichtlich in Wirecard mit großen Beträgen investiert ist und auf sinkende Kurse spekuliert. In dem Interview bestätigt er das auch indirekt, indem er auf die Frage, ob er bei Wirecard kräftig absahne, mit folgenden Worten: „Auch wenn ich meine Position noch nicht geschlossen habe, gehe ich fest davon aus“.
Wie sind diese Dinge nun zu werten? Dass die Wirecard bei einer Bilanzsumme von 397 Mio. Euro Immaterielle Vermögensgegenstände von 149 Mio. Euro ausweist ist wahr. Auch, dass Sie trotz eines positiven Jahresüberschusses eine Steuererstattung erhalten hat. Diesbezüglich aber auf eine Bilanzmanipulation zu schließen ist gewagt. Deshalb gehe ich davon aus, dass die SdK im Zweifel Beweise vorlegen kann. Spätesten die Bafin bzw. die ermittelnde Staatsanwaltschaft werden den Sachverhalt wohl aufklären können.
Dass aber eine Vereinigung bzw. deren Vertreter, die den Schutz der Aktionäre im Auge hat, mit ihren eigenen Anklagen Geld verdient hat, wie man bei uns im Süden sagt, ein Gschmäckle. Wohlgemerkt. Es ist nicht verboten, dass zu tun. Andererseits schadet es meines Erachtens der Glaubwürdigkeit des SdK enorm. Mit solch einem Vorgehen hat sie sich einen Bärendienst getan. Schließlich ist doch klar, dass wenn der SdK solch negative Meldungen in den Ring schmeißt, dass die Kurse – wie bei Wirecard ja passiert – massiv einbrechen. Ohne zu unterstellen, dass die SdK das macht, liegt doch der Verdacht nahe, dass die Spekulation auf fallende Kurse, die mit schlechten selbst verfassten Nachrichten einhergeht, geradezu eine ideale Gelddruckmaschine abgeben würde.
Dabei kann ich der SdK nicht die Kritik ersparen, dass sie mitunter über das Ziel hinausschießt. So fand ich das Auftreten des SdK-Vertreters auf der Hauptversammlung der Arques Industries AG doch reichlich befremdend. Soweit ich das einschätzen kann, war an den Vorwürfen wenig dran. Zudem empfand ich die Art und Weise des Vorgehens ebenfalls als sehr negativ. Jeder Mensch und Vorstände sind bekanntlich auch von dieser Gattung, haben einen Grundrespekt verdient. Wenn Sie falsch handeln, bin ich der Erste, der das anprangert. Bis zum Nachweis dessen, sollte man aber mit seinen Mitmenschen etwas pfleglicher umgehen.
Fazit: Ich kann es nicht einschätzen, was bei der Wirecard los ist. Allerdings sind Wort und Text der Pressemitteilungen der Wirecard nicht geeignet, die Zweifel auszuräumen. Normalerweise dürfte das doch nicht so schwer sein, wenn nichts dran ist. So ist z.B. die Pressemitteilung vom 27.06.08 mit dem Titel „Marktmanipulationen mit gezielten Behauptungen“ bei weitem nicht geeignet irgendwelche Zweifel zu zerstreuen. Auch die vom 18.07.08 greift zwar die SdK an, räumt aber die Vorwürfe nicht aus. Insofern ist zunächst Vorsicht geboten.
Was den SdK betrifft, so kann ich dem Vorstand nur raten Aktionärsschutz und Geschäft zu trennen. Selbst, wenn sich die Vorwürfe und das Vorgehen als richtig erweisen sollten, bleibt – sicherlich auch bei mir - doch ein ungutes Gefühl zurück. War würde wohl die SdK dazu sagen, wenn sie ein solches Verhalten woanders antreffen würde?
Eines ist deshalb für mich klar. Bei diesem Sachverhalt gibt es keine wirklichen Gewinner. Nur Verlierer. Mit Ausnahme der Doppelstrategen wie Straub.
Einen schönen Tag und hohe Renditen wünscht Ihnen.
Ihr Norbert Lohrke |