http://www.welt.de/finanzen/article1057504/...he_Biotechnologie_.html 26. Juli 2007, 18:36 Uhr Branchenwerte Genickschlag für die deutsche BiotechnologieNach dem GPC-Fiasko liegen die deutschen Branchenwerte am Boden. Auslöser für die massiven Verluste war die Nachricht, dass ein Medikament nicht so schnell kommt wie erwartet – Experten sprechen von einer klaren Überreaktion des Marktes. Foto: ZentralbildMax-Planck-Institut in Berlin: Deutsche Genforschung gehört zur Weltspitze. Aber einige Biotechfirmen tun sich schwer<!-- Start Ad-Tag --><!-- begin ad tag (tile=4) --> <!-- End ad tag --><!-- End Ad-Tag -->Minus 61 Prozent in fünf Handelstagen. So viel wie GPC Biotech hat schon lange keine deutsche Aktie mehr in solch kurzer Zeit verloren. Allenfalls der 75-prozentige Einbruch beim Medikamentenentwickler Paion von Anfang Juni kann diesen Negativrekord noch toppen. Kursmassaker – wenn deutsche Biotechnologiefirmen derzeit eine Assoziation bei Börsianern auslösen, dann diese.„Die deutschen Biotechnologieunternehmen haben es an der Börse derzeit wirklich nicht leicht“, sagt Roland Maier, Analyst bei der Beteiligungsgesellschaft BB Biotech. Die ohnehin nicht gerade rosige Stimmung für den Sektor drohe sich weiter einzutrüben: „Nach diesen Schockern kann es lange dauern, bis sich Investoren wieder an hiesige Biotechnologieaktien heranwagen werden.“ LBBW-Biotech-Analyst Hanns Frohnmeyer spricht gar von „einem Genickschlag für die Branche“.Auslöser für die starken Kursverluste war in beiden Fällen die Nachricht, dass Hoffnungsträger-Arzneien – bei Paion Desmoteplase gegen Schlaganfall, bei GPC Biotech Satraplatin gegen Prostatakrebs – nicht oder zumindest längst nicht so schnell wie erwartet auf den Markt kommen werden. Beide Wirkstoffe galten als potenzielle Blockbuster, also Medikamente, die jährlich eine Mrd. Euro oder mehr Erlös bringen. Sowohl bei der in München ansässigen GPC Biotech als auch bei Paion mit Sitz in Aachen hängt der geschäftliche Erfolg von dem jeweils einen Wirkstoff ab.Entsprechend groß war die Enttäuschung. Bei GPC Biotech wurde eine Marktkapitalisierung von mehr als einer halben Mrd. Euro vernichtet, bei Paion waren es immerhin 120 Mio. Euro.So groß ist das Entsetzen, dass auch Branchenunternehmen aus gänzlich anderen Bereichen der Biotechnologie derzeit stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Firmen wie Morphosys, Qiagen, Medigene, Epigenomics oder Evotec gehören mit meist zweistelligen Kurseinbußen in den vergangenen fünf Tagen zu den größten Verlierern am deutschen Aktienmarkt.Branchenanalysten halten diese Reaktion für überzogen: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine ganze Branche in Sippenhaft genommen wird“, ereifert sich LBBW-Mann Frohnmeyer. Morphosys oder Evotec hätten zum Beispiel ein vollkommen anderes Geschäftsmodell als die „gefallenen Engel“. „Ich bin sicher, dass die Nachricht nicht das Ende der deutschen Biotechnologie bedeutet, GPC Biotech und Paion hatten einfach Pech“, meint auch Christian Peter, Branchenanalyst bei Sal. Oppenheim. Allerdings seien sich die Anleger der besonderen Risiken bei Unternehmen, die lediglich ein Produkt entwickeln, schmerzlich bewusst geworden.Auch BB-Biotech-Stratege Maier spricht von einer „unglücklichen Aufeinanderfolge“ zweier herber Rückschläge in kurzer Zeit. Dennoch hält er die Biotechnologie insgesamt für eine der spannendsten Wachstumsbranchen überhaupt: „Aktuell setzen die Firmen des Sektors mit ihren Medikamenten rund 50 Mrd. Dollar um, doch schon in vier Jahren werden es 100 Mrd. Dollar sein.“ Alle wichtigen Medikamentenneuentwicklungen – sei es gegen Aids, Krebs, Alzheimer oder andere Leiden – kämen von innovativen Biotech-Firmen und eben nicht mehr von Pharma-Multis. „Sobald ein Unternehmen ein Medikament an den Markt gebracht hat, sind Wachstumsraten von 20 Prozent oder mehr im Jahr die Regel“, sagt er. Von dieser Dynamik könnten allen Unkenrufen zum Trotz auch Anleger profitieren.Wie Maier sehen auch andere Branchenkenner nach der jüngsten Kurserosion, die übrigens kein rein deutsches Phänomen ist, Einstiegskurse. „Die deutschen Biotechs sind zurzeit unglaublich günstig bewertet“, sagt LBBW-Mann Frohnmeyer. Das könne über kurz oder lang Aufkäufer auf den Plan rufen: „Diese Unternehmen sind klassische Übernahmekandidaten.“ Frohnmeyer sieht sogar bei GPC noch Chancen auf ein Comeback: „Trotz des Rückschlags ist die Firma alles andere als wertlos.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass Satraplatin doch noch auf den Markt komme, veranschlagt sein Kollege Peter von Sal. Oppenheim mit immerhin 60 Prozent.Selbst bei Paion ist nach Meinung von Frohnmeyer nicht alles verloren: Es gebe berechtigte Hoffnung, dass das Projekt Desmoteplase doch noch weitergeführt wird. |