19.01.2007 15:50:25 ROUNDUP/Kreise: Deutsche Börse erwägt Konzern-Umbau - Aktie auf Rekordhoch FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Börse hat informierten Kreisen zufolge Studien über einen möglichen Konzern-Umbau in Auftrag gegeben und erwägt wohl eine Neuordnung im Management. Mehrere Quellen aus dem Umfeld des Frankfurter Börsenbetreibers sagten am Freitag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX, dass demnächst voraussichtlich 'weitergehende Schritte' bevorstünden. Beschlossen sei aber noch nichts. Ziel sei eine Effizienzsteigerung, aber keinesfalls eine Aufspaltung des Konzerns, betonten die Personen übereinstimmend. Ein Sprecher der Deutschen Börse lehnte einen Kommentar ab. Ein Aufsichtsratmitglied begrüßte den Plan. Analysten sehen darin einen Schritt auf dem Weg zur Suche nach neuen Strategien, nachdem die Deutsche Börse auch bei ihrem letzten Übernahme-Versuch, sich die Euronext einzuverleiben, gescheitert ist.
MANAGEMENT-AUFTEILUNG NACH GESCHÄFTSFELDERN IM GESPRÄCH
Laut 'Wall Street Journal Europe' (Freitag) ist eine Aufteilung der Führungskräfte nach Geschäftsfeldern im Gespräch. Unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen berichtete die Zeitung, dass die Börse eine Management-Aufteilung in die drei Bereiche Aktienhandel, Derivate und Dienstleistungen bei Nachhandelsaktivitäten plane und eine Entscheidung im Sommer gefällt werden könnte. Zudem hieß es, dass der Hedgefonds TCI, der bereits mehr als 10 Prozent an der Deutschen Börse hält, seinen Anteil aufgestockt habe. TCI war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Eine Meldepflicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) besteht nach aktueller Rechtslage erst bei einer Aufstockung des Anteils auf mehr als 25 Prozent. Nach einer ab Samstag geltenden Änderung muss TCI aber auch eine Erhöhung auf mehr als 15 Prozent melden. Unterdessen verringerte TCI laut Akten der französischen Börsenaufsicht AMF den Euronext-Anteil von 10,4 auf 7,3 Prozent.
AKTIE AUF NEUEM REKORDHOCH
Die Aktie der Deutschen Börse profitierte von diesen Meldungen und stieg am Nachmittag mit plus 4,06 Prozent auf 162,80 Euro auf ein neues Rekordhoch. Eine Umorganisation sei an der Zeit, nachdem Vorstandschef Reto Francioni bereits seit mehr als einem Jahr an der Spitze des Frankfurter Börsenbetreibers stehe und eine Neustrukturierung seit Jahren nicht erfolgt sei, sagten Finanzkreise. Das damit der Weg zu einer Zerschlagung frei gemacht werden könnte, halten alle Personen für abwegig. 'Das ist völliger Unsinn', sagte ein Kenner. Ein Aufsichtsratsmitglied sagte: 'Es gibt in der Deutschen Börse jede Menge bürokratischer, verkrusteter Strukturen. Es ist an der Zeit, diese aufzubrechen und die Entscheidungswege zu verkürzen.' Auch Analysten halten Zerschlagungsfantasien im Hinblick auf mögliche Umstrukturierungsinitiativen für 'weit hergeholt'. Eine Restrukturierung würde Sinn machen, damit die Deutsche Börse flexibler agieren könne bei ihrer Suche nach Kooperationspartnern, sagte etwa Analyst Roland Pfänder von equinet. Eine Aufspaltung sei ein 'sekundärer Gedanke', den er selbst nicht in den Vordergrund rücken würde.
FRANCIONI VERTEIDIGT BESTEHENDES GESCHÄFTSMODELL
Eine Aufspaltung würde auch den Aussagen des Konzernchefs Reto Francioni widersprechen, der das Geschäftsmodell erst jüngst wieder verteidigte und an der so genannten Silo-Struktur mit Handel und Nachhandelsaktivitäten festhalten möchte. Sowohl der Abwickler Clearstream als auch die gemeinsam mit der Schweizer Börse SWX betriebene Derivate-Börse Eurex tragen zum Gros des Umsatzes bei. Kritiker des Angebotes aus einer Hand sind allerdings neben den Kunden der Deutschen Börse vor allem die EU-Kommission. Sie kritisieren überhöhte Kosten und Ineffizienzen. Binnenkommissar Charlie McCreevy rückte allerdings vorerst von dem Erlass einer entsprechenden Richtlinie ab und setzt auf freiwillige Selbstkontrolle. Unterdessen schreitet die Übernahme der Fünfländerbörse Euronext durch die US-Börse NYSE Group weiter voran. Die französische Börsenaufsicht AMF hat den vor einer Woche eingereichten Fusionsprospekt für den geplanten Zusammenschluss der beiden Börsenbetreiber genehmigt. Ein Zeitplan für das offizielle Übernahmeangebot der NYSE für die Euronext werde veröffentlicht, sobald restlichen erforderlichen Genehmigungen durch die anderen Börsenaufsichten vorliegen. Zum Börsenverbund der Euronext gehören neben dem Aktienmarkt Paris, die Aktienmärkte in Amsterdam, Brüssel und Lissabon sowie der Derivatemarkt Euronext.Liffe in London. Die insgesamt 11 Milliarden Euro schwere Übernahme soll im ersten Quartal 2007 abgeschlossen werden./ck/zb Quelle:dpa-AFX |