Tradecentre 06.12.04:
Advanced Medien: Brandheißer Turnaround?
Durch die Übernahme der Atlas Air-Gruppe ist die Advanced Medien AG (DE0001262186) wieder voll da. Noch vor gut einem Jahr stand das Unternehmen nämlich kurz vor dem Aus. Jetzt sprudeln wieder Gewinne. Atlas Air verdient ihre Brötchen im Bereich Inflight Entertainment. Die Firma ist ein Dienstleister für Luftfahrtgesellschaften in der Bordunterhaltung. Das Leistungsangebot umfasst im Wesentlichen Programm-Recherche und Auswahl und Einkauf der Airline-Filmlizenzen sowie sämtliche Informationen rund um das Thema Film. Nahezu sämtliche Umsätze und Erträge steuert Atlas Air, die per ersten Juli erstmals konsolidiert wurde, zum Konzern bei. In den ersten neun Monaten wurden 8,4 Millionen Euro umgesetzt. Das EBITDA erreichte 1,3 Millionen Euro und das Ergebnis vor Steuern 0,7 Millionen Euro. Die Ertragsziffern sind um außerordentliche Posten wie erlassene Kreditschulden von 4,5 Millionen Euro, außerordentliche Aufwendungen im Rahmen von zwei Kapitalerhöhungen (0,6 Millionen Euro) und Filmsonderabschreibungen (0,2 Millionen Euro) bereinigt. Besonders beachtenswert sind die Zahlen zum dritten Quartal, welche die Ertragskraft des Zukaufs glänzend widerspiegelt. Bei Umsätzen von 7,6 Millionen Euro klingelte ein EBT von 1,1 Millionen Euro in der Kasse. Wie Vorstandschef Otto Dauer im Hintergrundgespräch betont, ist der Profit frei von Sondererträgen. Zudem gibt es im Geschäftsfeld „Inflight Entertainment“ keine Saisonalität, ergänzt Dauer.
Für das Gesamtjahr prognostiziert der Alleinvorstand einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro und ein bereinigtes EBT von 0,8 Millionen Euro. Da die Firma nach neun Monaten schon 0,7 Millionen Euro EBT eingesackt hat, wäre alles andere als ein Übertreffen der Planzahl sicherlich enttäuschend. Per Ende September schlummerten in der Kasse 4,2 Millionen Euro Cash. Bankverbindlichkeiten fallen keine auf Advanced Medien zurück (laut Neunmonatsbilanz steht zwar ein Kredit in den Büchern, der jedoch auf eine Tochter entfällt und sich nicht gegen das Unternehmen richtet). Die aktuelle Cashposition liegt bei rund sechs Millionen Euro, verrät uns Dauer. Offensichtlich brummen die Geschäfte.
Aufgrund der Vollkonsolidierung soll das Unternehmen nach eigenen Angaben im kommenden Jahr 28,5 Millionen Euro umsetzen. Eine Prognose für das Ergebnis wollte Dauer nicht treffen. „Wir werden in jedem Fall schwarze Zahlen schreiben“. Analysten der Hypovereinsbank rechnen mit einem EBIT von knapp drei Millionen Euro. Dauer wollte diese Schätzung nicht kommentieren. „Wir wollen lieber positiv überraschen“, lies sich der CEO entlocken. Dem Vernehmen nach ist die Umsatzprognose im Wesentlichen durch Verträge mit den Fluggesellschaften untermauert. Komplett abgedeckt ist die Planung wenn die Lufthansa ihren Vertrag, der im August 2005 ausläuft, verlängert. Die Kranich-Airline ist der größte Kunde der Atlas Air. Verliert die Firma diesen Kunden, sieht es düster aus. Dass die Lufthansa sich einen anderen Partner sucht, ist laut Dauer jedoch „extrem gering“. Nicht kategorisch auszuschließen ist jedoch, dass die Lufthansa, die einen eisernen Sparzwang führt, günstigere Konditionen verlangt und Dauer geringere Margen in Kauf nehmen muss. „Andererseits haben aber auch wir die Möglichkeit auf der Einkaufsseite Kosten zu senken“, erklärt der Vorstand. Wie der CEO ergänzt, finden auch Verhandlungen mit anderen Fluggesellschaften statt, um die Abhängigkeit des deutschen Branchenprimus zumindest etwas zu verringern.
Der Umbau der Advanced Medien ist nach der Übernahme der Atlas Air aber noch längst nicht abgeschlossen. „Wir befinden uns in konkreten Übernahmegesprächen und verhandeln in zwei Richtungen“, sagt Dauer. Zum einen liebäugelt der Vorstand mit einem Kauf eines Mitbewerbers im Bereich Inflight Entertainment. Zum anderen soll eine Firma gekauft werden, die außerhalb dieses Geschäftsbereiches liegt. „Wir haben großes Interesse an einem zweiten Standbein. Es handelt sich dabei um ein sehr spezielles Geschäft in der Medienbranche, welches Wachstum verspricht und nur geringe Risiken aufweist“. Die Finanzierung wird über eine Bar- und/oder eine Sachkapitalerhöhung abgewickelt. Großen Charme hätte unseres Erachtens ein Zukauf via Sacheinlage. Das hätte die Folge, dass der Konzern einen weiteren Großaktionär begrüßen kann. Wir sind gespannt, in welches Geschäft Dauer einsteigen will.
Die Advanced Medien AG ist an der Börse vor allem als Skandalnudel bekannt. Dauer fühlt sich mit dem Namen der Gesellschaft ebenfalls nicht sonderlich wohl. „Wir überlegen uns durchaus den Namen zu ändern“. Voreilig wird dies aber nicht geschehen. „Wenn wir ein bis zwei Unternehmen kaufen, könnte der neue Name schon wieder wenig Sinn machen“, erklärt Dauer.
An dem Unternehmen sind übrigens zwei ehemalige Stars des Neuen Marktes mit rund 14 Prozent beteiligt. Kurt Ochner, über seine neue Firma KST Beteiligungs AG und Marian von Korff, Chef der FI-Gruppe. Nach unseren Informationen haben die beiden Aktionäre längerfristiges Interesse an dem Papier. Mit einem Börsenwert von zwölf Millionen Euro ist die Aktie ein Schnäppchen. Die Hälfte der Kapitalisierung ist mit Cash unterfüttert. Verdient die Firma in 2005 tatsächlich rund drei Millionen Euro (EBT dürfte nahezu dem Nettoergebnis entsprechen) liegt das KGV nur bei vier. Risikobereite Anleger spekulieren bei dieser heißen Turnaroundgeschichte mit. Stopps bieten sich 15 bis 20 Prozent unter Einstieg an!
Gruß
rocket |