In einer blendenden Verfassung präsentiert sich momentan der Goldmarkt. Denn es finden sich sowohl charttechnische als auch fundamentale Gründe, die für weiter steigende Goldpreise sprechen.
Mit dem Anstieg auf die höchsten Stände seit 1988 überzeugt das Edelmetall mit einem völlig intakten Aufwärtstrend und frischen Kaufsignalen die Charttechniker. Und auch die fundamental orientierten Analysten sind momentan zufrieden. Spricht für das Gold doch vor allem ein vorteilhaftes Verhältnis von Nachfrage und Angebot.
Die im Vorjahr mit 2.464 Tonnen auf ein Achtjahrestief gesunkene Produktion dürfte auch in diesem Jahr mit einem erwarteten Wert von 2.495 Tonnen nur unwesentlich anziehen. Die Nachfrage aus der Schmuckindustrie wird dagegen vermutlich um 7,1 Prozent auf 2.801 Tonnen steigen. Die bestehende Lücke wird sich somit noch etwas erweitern, zumal auch damit gerechnet wird, daß die Investoren, die im Vorjahr noch netto 76 Tonnen verkauften, auf die Käuferseite wechseln und sich in diesem Jahr netto 43 Tonnen in ihre Depots legen.
Das Inflationsargument wirft Fragen auf
Diese Argumente reichen eigentlich schon, um die zuletzt steigenden Goldpreise nachvollziehbar zu machen. Die in den vergangenen Tagen immer wieder angeführte Funktion des Goldes als sicherer Hafen ist kaum mehr wichtig. Bei den in diesem Zusammenhang ebenfalls immer wieder angeführten Inflationsängsten handelt es sich ohnehin um ein zweischneidiges Schwert. Denn für einen aufmerksamen Beobachter läßt sich dies nur schwer mit der gleichzeitig rekordtiefen Anleihenrendite in Übereinstimmung bringen.
Auch ohne Inflationsangst finden sich demnach gute Gründe für steigende Goldpreise. Das sehen auch zahlreiche Analysten so. Sie trauten sich in den vergangenen Tagen immer öfter, als nächstes Ziel Preise von über 500 Dollar je Feinunze anzuvisieren. Zu den Optimisten zählen neben der Deutschen Bank auch die unabhängige Londoner Edelmetallforschungsgesellschaft Gold Fields Minerals Services. Deren zuversichtliche Prognose rührt auch daher, daß sie erwarten, daß die Nachfrage aus China langfristig deutlich zunehmen wird, nachdem der Goldmarkt dort Ende 2004 liberalisiert wurde.
Kurzfristige Übertreibungen
Bei allem berechtigten mittelfristigen Optimismus könnte auf den Goldpreis kurzfristig betrachtet aber ein kleiner Dämpfer warten. Nach den jüngsten deutlichen Preissteigerungen macht das Edelmetall nämlich technisch einen überkauften Eindruck. Rückschlagspotential beinhalten zudem die rekordhohen Kaufpositionen, die Spekulanten an den Terminbörsen aufgebaut haben.
Die darin zum Ausdruck kommende Euphorie bringt für die Investoren, die nach Anlagemöglichkeiten im Goldumfeld suchen, ein Problem mit sich. Durch die Renaissance des Goldes und dem damit verbundenen regen Interesse der Anleger sind nämlich auch die Kurse der Goldaktien zuletzt markant gestiegen. So hat es der FTSE Gold Mines Index in den vergangenen Tagen auf ein Plus von über 20 Prozent gebracht.
An vorderster Front „marschierten” dabei die großen Standardwerte unter den Goldminen. Diese Titel sind dadurch noch teurer als ohnehin schon geworden. So kommt der größte Goldproduzent Newmont Mining inzwischen auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 54. Der zweitgrößten Produzenten AngloGold Ashanti wird ein KGV von 39 zugebilligt und der Nummer drei Barrick Gold ein KGV von 63.
Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, daß Value-Investoren am Goldmarkt wie Joachim Berlenbach, Head of Research bei der Investmentboutique Craton Capital, über die hohen Bewertungsrelationen klagen. „Ganz billig ist im Bereich der Goldminenaktien heutzutage nichts mehr. Wenn etwas zum einfachen Nettoinventarwert gehandelt wird, dann ist das schon gut, lautet Berlenbachs Bestandsaufnahme (siehe auch: „Die großen Goldminenaktien sehen wahnsinnig teuer aus”)
Schwieriger Kauf von Goldminenaktien
Für potentielle Investoren ist die hohe Bewertung der Standardwerte deshalb ein Manko, weil eigentlich nur sie sich für Laien als Investments eignen. Die kleineren Goldproduzenten oder die Explorationswerte bergen neben großen Chancen auch hohe Risiken und sind deshalb für Laien nur bedingt für eine Geldanlage geeignet. Denn um sie eingehend analysieren zu können, bedarf es eigentlich tieferer geologischer Kenntnisse und selbst dann finden sich hier noch immer viele Fallstricke.
Solange der Goldpreis steigt, sind diese Einwände aber nur bedingt von Belang. Denn typischerweise steigen dann auch die Goldaktien. Sie tun das sogar oft mit einem zeitlichen Vorlauf und einem hohen Hebel. Dieser reicht von 20 Prozent bis in der Spitze zu 50 Prozent und fällt gerade bei jenen Unternehmen am stärksten aus, die mit den höchsten Kosten operieren.
Zusammengefaßt läßt sich festhalten, daß ein Investment in Goldminenaktien seine Tücken hat. Wer sich auf diese Titel einläßt, sollte das in der Regel nicht ohne eingehende Studien tun. Dazu haben aber die meisten Privatanleger weder die Zeit noch das Fachwissen. Vieles spricht deshalb dafür, daß Zertifikate oder Fonds in diesem Segment die beste Vorgehensweise sind.
Gold mit Nachholbedarf verglichen mit dem Öl
Die einfachste und beste Lösung ist möglicherweise ein Investment in physisches Gold. Unter Bewertungsüberlegungen hinterläßt das Edelmetall noch den besten Eindruck. Zumindest gilt diese Bestandsaufnahme gemessen an der Preisentwicklung anderer Rohstoffe und speziell im Vergleich mit dem Öl. Während man früher typischerweise neun Barrel an Öl brauchte, um eine Unze an Gold kaufen zu können, sind es jetzt nach den starken Ölpreissteigerungen nur noch sieben Barrel. Das bringt Michael Lewis, Chef der Rohstoff-Abteilung bei der Deutschen Bank, zu folgendem Schluß: „Öl ist aktuell extrem teuer und Gold ist extrem billig. Der Ölpreis ist fast ausgereizt, wohingegen Gold noch Potential hat.” |