In GB ließe sich die galoppierende Inflation (inzwischen über 10 %) nur mit drastische Zinserhöhungen bekämpfen. Das hat die BoE auch anfangs versucht. Da anglosächsische Staatswirtschaften aber Schuldenkartenhäuser sind, geht bei deutlichen Zinserhöhungen "leider" auch der Bondmarkt (Sektor Staatsanleihen) in die Knie (außer in USA, weil der Dollar die Weltleitwährung ist). Der Anstieg am kurzen Ende der Zinskurve zieht somit das lange Ende mit hoch.
Hintergrund bzw. Ursache ist, dass Staatsanleihenkäufer, die diesem maroden System ihr Geld zur Verfügung stellen, mit einem angemessen hohen Zins (für einen etwaigen Ausfall) entschädigt werden wollen. Die Langlaufzinsen sollten mindestens so hoch sein wie die Inflationsrate (10 %). So weit die Theorie.
Ein hochüberschuldetes Land wie GB ginge allerdings vor die Hunde, wenn auf neue Staatsanleihen über 10 % Zinsen gezahlt werden müssten. Weil dann nämlich am Ende ein Großteil des Steuereinnahmen für den "Zinsdienst" verbraucht wird. Bleibt zu wenig über für Lehrer, Polizisten, Steuerbeamte und Ampeln.
Also verzichtet GB lieber auf die nötigen Zinserhöhungen.
Der Hattrick von Trulla Truss besteht nun aber darin, das Ganze als "Konjunkturprogramm" anzudienen. Die Argumentation geht so:
Die niedrigen Zinsen würden die Wirtschaft stark beleben, was dann am Ende so viel Wachstum erzeuge, dass das Land "aus seinen Schulden rauswächst" (= Fill'sche Fehlleistung). Wir kennen diesen Sermon von Ronald Reagan, dem Initialzünder der inzwischen ebenfalls horrenden US-Staatsverschuldung. Reagans "Deal" wurde und wird von ernsthaften Ökonomen als "Voodoo-Economics" verspottet.
Der Haken an Trulla Truss' Hattrick ist allerdings, dass das Zinsniveau ja schon vorher niedrig war, ohne dass sich das ersehnte Wachstum eingestellt hätte. Verzicht auf weitere Zinserhöhungen kann dann schwerlich als wirksames Stimulationsprogramm durchgehen. In Wahrheit ist es Staatspleitenverschleppung bzw. eine wachstumsverbrämte Bankrotterklärung.
Veralbern lassen sich die Märkte - speziell der Devisenmarkt - aber ohnehin nicht. Davon hatte schon George Soros beim damaligen Sturz des Pfundes profitiert. nicht.
Denn die Marktteilnehmer bestehen aus Individuen, die Sorge haben, dass ihr teils hart erarbeitetes Geld in einem luschigen Gemeinwesen vor die Hunde geht. Also stimmen sie mit der "Hacke" ab und verkaufen ihre bisher gehaltenen GB-Bonds. Die fallen dadurch stark im Kurs, was die Zinskurve am langen Ende aufsteilt. Die steile Zinskurve wiederum erzwingt geradezu, dass neue Staatsanleihen mit einem angemessenen Coupon (über 10 %) emittiert werden. Außer Trulla Truss lügt, das Unterlassen der nötigen Hochzinspolitik wäre ein Konjunkturprogramm.
Endergebnis: Die Kapitalflucht aus einem Pleiteland-in-spe führt - wie üblich - zu einem Sinken des Außenwertes der betroffenen Währung. Das britische Pfund fiel vor einigen Tagen auf ein 38-Jahrestief zum Dollar.
In den Pleite-Ländern-in-spe der Eurozone spielt sich im Grunde das Gleiche ab. Anleger (auch institutionelle) ziehen ihre Gelder z. B. aus Italien ab, weil 150 % Schuldenquote im kommenden Hochzins-Europa (erzwungen von galoppierender Inflation) nicht mehr "tragfähig" ist.
In Italien wirkt sich dies jedoch - anders als in GB - nicht so SCHNELL aus. Denn die EZB besitzt die Frechheit, das dortige Aufsteilen der Zinskurve (Folge der Kapitalflucht) als Markt-Anomalie zu definieren. Die EZB weiß eben besser als der Markt, welche Langlaufzinsen für Italien angemessen sind. ;-)
Also wird hastig eine Transmissionsriemenprogramm aufgelegt. Technisch gesehen handelt es sich um ein Förderband, das gutes deutsches Geld nach Italien transportiert und dem dortigen schlechten Geld hinterherwirft ;-) Alles unter der Überschrift "Solidarität", obwohl Italien jetzt eine neue Rechtsregierung hat, die nach dem Motto "Saugen ist seliger denn Geben" operiert.
Doch auch mit der Brechstange wird die lockere Christine in Italien (und letztlich in ganz Europa) kein zweites GB-Fiasko verhindern können. Eben weil Planwirtschaft noch nie funktioniert hat. Das gilt auch für die Transmissions-Magier der EZB.
Beim Euro läuft der Untergang dank Christines Transmissionsriemen langsamer als beim Pfund: Er ist erst auf einem 20-Jahrestief zum US-Dollar. Das liegt allerdings auch daran, dass es den Euro (in Cash) erst seit 20 Jahren gibt.
Siehe auch hier:
https://www.welt.de/wirtschaft/article241315309/...-Anleihemarkt.html