United Internet - was ist 2001 eigentlich "gut gelaufen"? 8. März 2002 Manchmal ist es durchaus hilfreich, an der Börse ein Gedächtnis für Zahlen zu haben. Wie zum Beispiel im Fall United Internet. Auf dem Parkett wurden die Zahlen des Nemax 50-Werts am Freitag zunächst als „besser als erwartet“ aufgenommen. Die Aktie legte vorbörslich deutlich zu; bis 10.30 Uhr hat sie sich aber um 1,35 Prozent auf 5,84 Euro ermäßigt.
Bei genauerem Hinsehen und Erinnern erweist sich allerdings die Aussage in der heutigen Ad-hoc „Das Geschäftsjahr 2001 ist für United Internet gut verlaufen“ doch als etwas dreist.
Zwar hat sich das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 0,1 Millionen auf 23,8 Millionen Euro deutlich erhöht. Ein Vorsteuerverlust (EBT) von 42,6 Millionen Euro bei einem (um 18 Prozent gestiegenen) Umsatz von 230,7 Millionen ist aber kein Pappenstiel. Und noch im August 2001 waren minus 20 Millionen Euro angepeilt worden, welches Ziel der Konzern erst bei der Vorlage der Drittquartalszahlen im November aufgab. Was ist da eigentlich „gut verlaufen“?
Drastische Wertberichtigungen
Von Reuters befragte Analysten hatten zwar im Durchschnitt mit einem geringeren Umsatz von 222,23 Millionen Euro, einem Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 20,01 Millionen Euro und einem Gewinn vor Steuern von minus 43,52 Millionen Euro gerechnet. Das Ergebnis je Aktie von minus 0,63 (minus 0,87) Euro verfehlte aber die durchschnittliche Prognose der Experten von minus 0,43 Euro.
Dahinter stehen die drastischen Abschreibungen auf die verlustreichen Beteiligungen und hohen Zinsbelastungen von insgesamt 60,9 Milliarden Euro. „Die Aufräumarbeiten liegen hinter uns“, sagt Vorstandschef Ralph Dommermuth dazu.
Aktie hoch bewertet
„Nachdem fast alle verlustreichen Minderheitsbeteiligungen entweder Insolvenz angemeldet haben oder verkauft sind, kann man endlich von nahezu abgeschlossenen Aufräumarbeiten sprechen“, meint auch Klaus Linde von SES Research. Wegen der für das übriggebliebene Kerngeschäft „recht hohen“ Bewertung der Aktie belässt er sein Rating aber bei „Marketperformer“.
United Internet hatte 2001 die meisten Beteiligungen abgestoßen und fokussiert sich mittlerweile auf die drei Mehrheitsbeteiligungen 1&1, twenty4help und GMX. GMX hat im vierten Quartal erstmals die Gewinnzone erreicht.
Geschäftsmodelle müssen sich nachhaltig beweisen
Dieses Jahr will United Internet seine Bankschulden im ersten Halbjahr von 86,1 Millionen Euro am Jahresende 2001 auf 13,2 Millionen Euro abbauen. Das geschieht vor allem durch den laufenden Verkauf von Jobpilot (allerdings zu einem enttäuschenden Preis) und einem Teil von Adlink.
Bleibt festzuhalten, dass das ursprüngliche Beteiligungskonzept von United Internet gescheitert ist. Ob mit dem drastischen Kehraus eine goldene Zukunft beginnt, steht in den Sternen. Wieder haben sich im Aktienkurs hohe Erwartungen auf den nachhaltigen Erfolg der Kernbeteiligungen materialisiert. Erinnert man sich an die rosigen Versprechungen bei Jobpilot und anderen Töchtern, sollte man aber mit einem endgültigen Urteil getrost abwarten. Der versprochene Schuldenabbau zum ersten Halbjahr und die nachhaltige Profitabilität bei GMX werden dafür wichtige Messlatten sein.
United Internet im Dreijahreschart.
das Zentrum der Macht
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