Rechtschreibreform, Neonazis, Onkel Herberts Postings, AlgII-"Grausamkeiten" zum 15- oder 20-jährigem Arbeitslos-Jubiläum und viele andere Schein-Problemchem werden im Forum und in der Gesellschaft gigantisch aufgebläht und endlos, sinnlos breitgetreten.
Aber was ist mit den bald Weißglut erreichenden Problemen?
Hab im Web diesen schön deprimierenden Situationsbericht gefunden:
Fast jeder 5. junge EU-Bürger ist erwerbslos
Hi
das ist eines der Hauptprobleme in Deutschland und nichts anderes. Und auch wenn ich jetzt die Gefahr eingehe von älteren Menschein gleich eins "auf die Haube" zu bekommen.
Wer hat wohl die größeren Probleme?
a) Der junge Mensch der eine miese Bildung erhält und häufig trotz Engagements keine Arbeit findet und nichts hat und gleich in die Schuldenfalle läuft
oder
b) derjenige der 30 Jahre eine gute Arbeit hatte und sich was aufbauen konnte und dann erst sein Vermögen auflösen muß.
Ich würde mal sagen das es den Personen unter Punkt a) wohl deutlich schlechter geht. Die einen werden - was zwar auch schlimm ist - "nur für das Sparen" bestraft und haben damit IHR Problem. Die anderen haben das wesentlich größere Problem überhaupt noch keine Ersparnisse zu haben in dem Alter und arbeitslos zu sein.
Wenn ich meine beide Opas betrachte. Sie hatten beide gewöhnliche Jobs. Sie waren weder Rechtsanwalt, noch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Statiker, Richter o.ä. Sie waren jedoch fleißig und enagiert. Aber das sind viele heute auch und die schaffen's nicht mehr mit 58 oder 59 in Rente zu gehen und noch ein abbezahltes Haus zu besitzen während sie gleichzeitig jeweils vier Kinder großgezogen haben.
Also kann man die Ängste grob gesagt in zwei Kategorien unterteilen. Die einen haben Angst ihre vorher gesteckten Lebensziele nicht mehr zu erreichen da es immer schwieriger wird und haben Angst um ihr Vermögen und Erspartes. Kurzum: Sie haben Angst das zu verlieren was sie sich erarbeitet haben.
Die andere Gruppe heute schafft es von vornherein gar nicht mehr sich überhaupt mit gewöhnlichen Tätigkeiten - und schon gar nicht mit vier Kindern - soviel Besitz anzuschaffen.
Während die einen also "nur" die Angst haben das zu verlieren was sie besitzen oder Angst davor haben es "verzehren" zu müssen haben die meisten jungen Leute in meinem Umfeld echte Angst überhaupt morgen noch die nächste Rechnung bezahlen zu können. Ich muß leider sagen, daß derzeit reihenweise Menschen aus meiner Umgebung regelrecht "untergehen". Ein nicht kleiner Teil meines Abiturjahrgangs ist "Stammkunde" beim Arbeitsamt Schwetzingen. Andere wiederum sind arbeitslos. Viele wissen nicht mehr wie sie morgen noch über die Runden kommen sollen. Viele die ich kenne sind ein oder zwei Jahre älter als ich und sind jetzt 24, 25. Das ist nicht so dramatisch. Aber bei vielen ist definitiv absehbar, daß sie den Absprung alleine selbst bis 27, 28 nicht schaffen werden. Man bekommt ja nur noch Zeitverträge und wird heute ja schneller arbeitslos als je zuvor. Und die Belastungen sind heute auch gewaltiger als damals. Und nur mit Fleiß und Engagement ist es heute ja leider Gottes bei vielen Kleinbetrieben auch nicht mehr getan. Da kriegt man ja nicht mal das geringste Dankeschön wenn man - wie fast jeden Tag - Überstunden macht und die nicht mal bezahlt bekommt und gleichzeitig nen Hungerlohn als Grundlohn hat.
Das Problem vieler junger Leute ist einfach die fehlende Planungsgrundlage. Es muß ja nicht wie 1970 sein wo es Vollbeschäftigung gab um planen zu können oder ein gewisses Gefühl der Absicherung zu verspüren. Aber in Zeiten in denen man sich in Klassenstufe 12 - also eineinhalb Jahre vor Beendigung des Abiturs - schon für Ausbildungsstellen bewerben muß und die Stadt Mannheim beispielsweise Anfang 2004 bereits die meisten Ausbildungsstellen für September 2005 vergeben hat und Studenten - egal ob BWL, Informatik oder sonstwas - mit einem Schnitt von 1,7 oder 1,8 kaum eine Stelle finden und sich mit Praktika über Wasser halten müssen kann manches in diesem Land nicht mehr stimmen.
Ich habe Respekt vor jedem jungen Menschen der es heute mit 20 oder 21 Jahren schafft von zuhause auszuziehen und sich selbst über Wasser zu halten. Aber die kann man bald mit der Lupe suchen denn die meisten erhalten noch Zuschüsse von Eltern oder Großeltern oder haben das Auto beim Abi finanziert bekommen. Wie soll man denn heute den Absprung ohne fremde Hilfe überhaupt schaffen. 2 Monatsmieten Mietkaution vorstrecken, eine kleines Auto und die notwendigste Einrichtung (Waschmaschine und 'n Herd) braucht man ja auch. Das Geld kommt ja nicht vom Himmel gefallen. Und dann nehmen viele für's Studium noch Kredite im fünstelligen Bereich auf und finden dann nur den Praktikumsstelle. Na super!
Wenn ich mir die Lehrstellenmisere dieses Jahr schon wieder anschaue...
Leute die 2,1er Abitur haben und 25 Bewerbungen geschrieben haben fangen jetzt im September wohl an der Tankstelle an zu jobben weil keine Lehrstellen da sind.
Ich will nicht sagen, daß ich es gerecht finde wenn man Menschen mit 50 oder 55 Jahren jetzt zuerst ihr Erspartes wegnimmt bevor man ihnen Arbeitslosenhilfe gibt. Das kann auch nicht richtig sein. Aber der 55-jährige "geht wenigstens nicht gleich unter". Er verliert sein Vermögen. Die jüngeren Menschen ohne Arbeit und ohne Perspektiven sind sofort ein Sozialfall da sie eben keine Ersparnisse haben.
Hoffen wir, daß sich die Situation hier bald entschärft.
Viele Grüße,
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Und dann sah ich vorhin eine Radfahrerin mit Anhänger und zwei Kindern drin. Und wie sie auf dem Weg in die City von einem bestens gelaunten und braungebrannten Senioren-Pärchen in ihrem schicken Cabrio mit Sommerzulassung überholt wurde. Was fällt mir dazu ein??
Pacelli |