www.sonnenenergie.de/index.php Ausgabe 2011/2 - Kategorie: Diskussion, EEG, Markt Der neue Wegweiser für die Photovoltaik Der Bundesverband Solarwirtschaft veröffentlicht die „PV-Roadmap“ als Marschroute für den Deutschen Solarmarkt Integration nicht nur in das Gebäude, sondern auch in die Netze ist eines der Ziele der Roadmap, Quelle: Systaic AG Die deutsche Solarstrom-Branche kann mit gezielten Anstrengungen bis 2020 einen wesentlichen Beitrag zur Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien leisten“ – so lautet die zentrale Aussage der Studie „Wegweiser Solarwirtschaft“, die der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) bei den Beratungsunternehmen prognos und Roland Berger in Auftrag gegeben hatte. Sinn und Ziel der Roadmap Der Vorteil einer „Roadmap“ liegt auf der Hand: Die Solarstrombranche hat sich im BSW auf eine Marschrichtung verständigt. Die Branche hat sich insgesamt ein gemeinsames Zukunftsziel gegeben. Das ist positiv zu sehen, insbesondere im Widerstreit mit den konventionellen Energien. Ein gemeinsames Ziel bringt verschiedene Partner zusammen und stärkt die gemeinsame Position. Nachdem in den vergangenen Monaten die öffentliche Wertschätzung der Photovoltaik gesunken und der zukünftige Ausbau durch die Diskussion eines „Deckels“ bestimmt war, war der Zeitpunkt der Herausgabe der Studie gut gewählt. Als mutig kann bezeichnet werden, dass der Ausblick bis ins Jahr 2020 gerichtet wurde. Viele Marktteilnehmer wissen noch nicht ansatzweise, wie sich das eigene Unternehmen und die Branche in den Jahren 2011 und 2012 entwickeln werden, eine Prognose für 2020 erscheint in diesem dynamischen Bereich unzulässig. Und doch ist es sinnvoll, sich bei aller Unklarheit ein Ziel zu setzen, auf das zugearbeitet wird. Der Sinn des Zieles kann hinterfragt werden, gleichzeitig müssen die Grundlagen für die Zielerreichung vorbereitet werden. Ohne die in der Studie beschriebenen Rahmenbedingungen werden die Ziele nicht erreichbar sein. Ergebnisse der Roadmap Die Kernaussage der Studie: Die Photovoltaik wird wettbewerbsfähig und eine wesentliche Säule des künftigen erneuerbaren Energiemixes. Die deutschen Unternehmen halten die Technologieführerschaft und stärken noch den Produktionsstandort Deutschland. Die Ergebnisse werden jedoch nicht automatisch erreicht, sondern müssen hart erarbeitet werden. Eine der Voraussetzungen ist eine weitere deutliche Senkung der Systempreise. Bis zum Jahr 2020 soll diese Preissenkung 50% betragen. Je nach Szenario wird im Jahr 2020 dann zwischen 52 und 70 Gigawatt Solarstromleistung in Deutschland erreicht und damit ein deutlicher Anteil der Stromerzeugung als Solarenergie gewonnen. Das Ausbauszenario des Nationalen Energieplans (NAP) wird erreicht, gleichzeitig wird die Umlage auf den Strompreis auf 2 Cent begrenzt. Diese Aussage bezieht sich aber nur auf den Solarstromanteil; je nach Wachstum der übrigen REG-Techniken kann die Gesamtumlage höher sein. An der gesamten Stromerzeugung wird die PV mit einem Anteil von 9% der Gesamterzeugung stehen, die übrigen REG-Techniken, zum größten Anteil Windkraft (Onshore und Offshore) stellen weitere 30% zur Verfügung. Rahmenbedingungen und Grundlagen Eine der Grundlagen der Roadmap ist eine Industriepolitik, die das Ziel hat, auch zukünftig einen hohen Anteil der Wertschöpfung in Deutschland herzustellen. Hier haben beispielsweise chinesische Hersteller derzeit weitaus bessere Bedingungen, zum Beispiel im Bereich der Lohnkosten und der Geldbeschaffung auf dem Kapitalmarkt. Auch in der Forschungsförderung formuliert der BSW die Forderung, die öffentlichen Fördermittel für Photovoltaikvorhaben noch weiter aufzustocken. Weiterhin liegen der Roadmap auch Grundlagen der technologischen Entwicklung zugrunde. So gehen die Autoren von einem zukünftigen Anteil von 60% beim Eigenverbrauch der PV-Anlagen aus. Dieser Wert erscheint aus heutiger Sicht nur bei größeren Anlagen (z.B. Mehrfamilienhäusern) und Einsatz einer Speichertechnik möglich, führen aber zu einer Reduzierung der EEG-Umlage. Produktionswachstum und Export Um die langfristige Preisreduktion zu erreichen, geht die Roadmap von einem Ausbau der deutschen Modulproduktion auf rund 8,5 GW pro Jahr aus. Bei dieser Größe und dem Ansatz des Inlandsmarktes von 3 bis 5 GW muss es gelingen, den Exportanteil zu erhöhen. Aber ist das realistisch? Die Produktions- und Lohnkosten sind hoch, die Qualität von Wettbewerbern auf dem Weltmarkt ist durchaus bei etlichen Herstellern vergleichbar. Und dann legen andere Staaten diesem Wachstum auch aktiv Steine in den Weg: So sind die Zukunftsmärkte in China und Indien für ausländische Hersteller derzeit sehr schwer erschließbar, heimische Hersteller werden dort bevorzugt. Andererseits sind deutsche Projektentwickler aufgrund ihrer Erfahrung inzwischen weltweit unterwegs, sie setzen oftmals deutsche Technologie auch bei Solarkraftwerken im Ausland ein. Auch können deutsche Hersteller mit dem Aufbau von lokalen Fertigungen reagieren. Netzintegration ist Schlüssel zum Erfolg Die Roadmap betont die Wichtigkeit der guten Integration des Solarstroms in das Energienetz, insbesondere langfristig, wenn diese Technik in Deutschland 50 bis 70 Gigawatt Leistung zur Verfügung stellen soll. Hier fordert der BSW eine einstrahlungsabhängige Einspeisevergütung, die dazu führen soll, dass zukünftig mehr PV-Anlagen in Norddeutschland gebaut werden, um dann langfristig das Stromnetz gleichmäßiger zu belasten. Mit dieser Forderung ist der BSW jedoch bereits bei der Diskussion der EEG-Änderung Anfang des Jahres 2010 gescheitert. Auch aus Sicht der derzeitigen Diskussion über die Umlagebeträge der Förderung dürfte unwahrscheinlich sein, dass eine Anhebung der Vergütungssätze für unwirtschaftlichere Anlagen erreicht werden kann. Wirtschaftlich gesunde Branche Die PV-Branche soll zukünftig die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf rund 5% des Umsatzes erhöhen – derzeit beträgt der Satz nur rund 2,5%; dieser Wert ist dem dynamischen Wachstum der vergangenen Jahre geschuldet. 5% werden in anderen Branchen, z.B. dem Maschinenbau bereits heute erreicht, in der Elektroindustrie sind es sogar 7%. Um die angestrebte Kostenreduktion zu erreichen, muss die Technologieführerschaft erhalten bleiben, die Modulproduktion im Land soll auf 8,5 Gigawatt gesteigert werden. Gemeinsam mit der technologischen Weiterentwicklung soll diese Ausweitung das Kostensenkungspotential erreichen.
Der Autor freut sich auf Rückmeldungen und Meinungen zur PV-Roadmap. Siehe dazu auch Meldung im DGS-Newsletter vom 07.03.2011 Von: Jörg Sutter |