Aus der FTD vom 19.4.2004 www.ftd.de/mobilfunk Konkurrenten nutzen Nokias Schwäche aus Von Oliver Wihofszki, Hamburg
Der weltgrößte Handyhersteller Nokia hat trotz eines wachsenden Gesamtmarkts einen schwachen Ausblick auf das eigene Geschäft in diesem Quartal gegeben und damit die Börsen geschockt. Jetzt warten Anleger mit pannung auf Zahlen und Prognosen der Rivalen Motorola und Sony Ericsson, die diese Woche vorgelegt werden.
" Während Nokia kämpft, gedeihen vermutlich Motorola, Sony Ericsson und Samsung" , schreibt Daiki Takayama, Analyst bei Goldman Sachs, in einer Studie. Nokia-Chef Jorma Ollila gab bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen am Freitag zu, dass sein Unternehmen wegen Lücken im Produktportfolio derzeit Marktanteile verliert: " Wir sind nicht zufrieden. Nach unseren Berechnungen ist unser Marktanteil von 37 Prozent im vierten Quartal 2003 auf 35 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres gefallen" , sagte Ollila während einer Telefonkonferenz.
Die Handybranche befindet sich derzeit im Umbruch. Neue Technologien wie der schnelle Mobilfunkstandard UMTS, Fotohandys und Mobiltelefone mit Computereigenschaften wirbeln die bisherigen Machtverhältnisse durcheinander. Neben High-End-Geräten müssen Hersteller preisgünstige Einstiegsmodelle im Angebot haben, um die stark wachsende Nachfrage in den Schwellenländern Asiens, Osteuropas und Lateinamerikas zu befriedigen. Sobald ein Anbieter eine Lücke im Produktportfolio aufweist, drohen erhebliche Rückschläge.
Genau das belastet derzeit Nokia. Der finnische Konzern musste eingestehen, dass er im Geschäft mit Mittelklassehandys für den europäischen und amerikanischen Markt von der Konkurrenz abgehängt worden ist. Auch bei den derzeit stark nachgefragten Klapphandys hat er Nachholbedarf. Besserung erwartet Nokia-Chef Ollila erst gegen Ende des Jahres. " Wir wären gerne sechs Monate weiter, was unser Produktangebot angeht" , sagte er.
Konzernumbau schwächt
Das wirkt sich auf das laufende Quartal aus. Der Umsatz werde bei den 7 Mrd. Euro aus dem Vorjahr liegen oder leicht fallen, teilte Nokia mit. Und das obwohl der Konzern davon ausgeht, dass sowohl der weltweite Handymarkt als auch der Markt für Mobilfunknetz-Ausrüstung wachsen wird. Zudem enttäuschte Nokia die Analystengemeinde mit einer Gewinnerwartung, die weit unter den Schätzungen der Experten liegt. Das Unternehmen prognostiziert einen Gewinn pro Aktie zwischen 0,13 Euro und 0,15 Euro. Analysten hatten durchschnittlich mit 0,18 Euro gerechnet. Die schwache Prognose hat den Aktienkurs um 8,2 Prozent auf 12,40 Euro einbrechen lassen.
" Das sieht nicht gut aus. Es ist offensichtlich, dass Nokia Marktanteile bei Handys verliert" , sagte Urban Eklund, Analyst der Marktforschungsfirma Redeye, der Nachrichtenagentur Reuters. Als Grund für die Probleme nannte Ollila einen Konzernumbau. Seit Jahresanfang besteht Nokia aus den Sparten Mobiltelefone, Netzwerkausrüstung, Multimedia und Firmenkundengeschäft. " Die Einführung der Struktur hat kurzfristig unsere Reaktion und unsere Effektivität gebremst" , sagte Ollila kürzlich.
Rivalen profitieren
Aus der Schwäche schlagen Rivalen Kapital. Am Freitag meldete Samsung, dass der Handyabsatz im ersten Quartal mit 16 Millionen Stück einen Rekordwert erreicht hat. Am Montag wird Motorola nach Börsenschluss in den USA Zahlen für das erste Quartal vorlegen. Experten erwarten, dass der Konzern den Umsatz gegenüber dem Vorjahr um mehr als zwölf Prozent auf etwa 6,8 Mrd. $ gesteigert hat. Wichtiger Wachstumstreiber soll das Handygeschäft sein.
Nokia bestätigte dagegen, dass der Umsatz im ersten Quartal um zwei Prozent auf 6,63 Mrd. Euro gefallen war. Hauptgrund für den Rückschlag war die Sparte Mobiltelefone, deren Umsatz um 15 Prozent auf 4,3 Mrd. Euro gesunken ist. Das hatte der Konzern bereits vor knapp zwei Wochen angekündigt. Der Aktienkurs Nokias brach damals um fast 17 Prozent ein.
Ben Wood von der IT-Marktforschungsfirma Gartner prophezeit Nokia viel Arbeit, um den Abwärtstrend aufzuhalten: " Das Ziel muss sein, den Marktanteil im dritten Quartal zu stabilisieren, damit im Weihnachtsgeschäft die Wende gelingen kann." Angesichts des aggressiven Wettbewerbs von Motorola, Samsung und Siemens werde das allerdings schwierig, meint Wood. |