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Conergy war einmal ein Vorzeigeunternehmen der Solarbranche, der größte Konzern für erneuerbare Energien in Europa. Doch zehn Jahre nach der Gründung steht die TecDax-Firma vor einem Scherbenhaufen. Doch jetzt droht dem Unternehmen auch noch ein Familienstreit.
Trotz Finanzspritzen in dreistelliger Millionenhöhe, Entlassungen und einer Schrumpfkur ist Conergy nicht saniert. Schwere Verluste drücken die Stimmung, die Umsätze schwinden.
Besserung ist nicht in Sicht. Der Vorstandschef, Dieter Ammer, sagte vor wenigen Tagen: „Wir haben unsere Ziele nicht erreicht.“ Damit nicht genug: Die Krise auf dem Solarmarkt trübt den Ausblick. Nach einem Umsatzeinbruch von 70 Prozent im Auftaktquartal hat Ammer keine Hoffnung mehr auf schnelle Erholung. Es werde ein „außerordentlich schwieriges Jahr“, sagte der Manager. Der Solarmarkt in Spanien trug einst 16 Prozent zum Konzernumsatz bei. Heute verkauft das Unternehmen dort kaum etwas. Erst 2010 sei wieder mit Wachstum zu rechnen, sagt der Chef.
Dabei hatten die Conergy-Aktionäre großes Vertrauen in Ammer gesetzt, als er im Herbst 2007 den Vorstandssessel übernahm. Der Konzern stand damals kurz vor der Pleite. Hätten die Banken damals einen 600 Millionen Euro Kreditrahmen gekündigt, wäre Conergy ruiniert gewesen. Altvorstand Hans-Martin Rüter hatte sein Unternehmen offenbar mit hastigen Zukäufen und einer riskanten Finanzierungsstrategie überfordert. Sein Nachfolger Ammer rettete das Unternehmen mit frischem Kapital.
Dazu überredete der Volkswirt seine Bekannten, den Metall-Unternehmer Otto Happel und die Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann, mit Millionenbeträgen bei Conergy einzusteigen. Dann trotzte er der Commerz- und der Dresdner Bank einen Überbrückungskredit in Höhe von 240 Millionen Euro ab. Zusätzlich pumpte die inzwischen fusionierte Bank während einer schleppenden Kapitalerhöhung rund 170 Millionen Euro in den maroden Konzern. Heute hält die Commerzbank 37 Prozent an Conergy. Das Wort Ammers zog, weil die Investoren ihm vertrauten. Der Visionär hatte die riesige Nordzucker AG aus einem Kleinbetrieb von Bauern aufgebaut. Er war Chef der Brauerei Beck und leitete den Tchibo-Konzern. Ammer ist eine imposante Erscheinung mit blauen Augen und einer lebendigen Sprache, die Zuhörer fesseln kann. „Wenn sich Ammer nicht persönlich engagiert hätte, wäre Conergy Pleite“, sagt ein Vertrauter des Unternehmens. Der Vorstandschef beließ es nicht nur bei Worten. Fast die Hälfte der 2500-Mitarbeiter starken Belegschaft setzte er vor die Tür, er entledigte sich riskanter Nebengeschäfte und fokussierte das Unternehmen auf das Kerngeschäft, den Verkauf von Solaranlagen. Ammer versprach, Ende 2008 wieder Gewinne zu machen. Doch daraus wurde nichts. Im Katastrophenjahr 2007 lag der Verlust des Unternehmens bei rund 250 Millionen Euro. Nach einem Jahr unter Ammer verlor Conergy sogar 307 Millionen Euro – obwohl der Umsatz auf eine Milliarde Euro gestiegen war. Seit dem Börsengang im Jahr 2005 hat das Unternehmen weit über eine halbe Milliarde Euro verbrannt. Und es ist unsicher, ob der Konzern das kommende Jahr noch erlebt. Zwar beteuert Conergy-Finanzchef Jörg Spiekerkötter, der Konzern verfüge noch über 30 Millionen Euro Bargeld, allerdings gibt er zu, dass die Mittel allein aus den Krediten stammen. Alle wesentlichen Vermögenswerte sind verpfändet, beliehen oder an andere übereignet. Spiekerkötter selbst ließ sich vertraglich einen Sonderbonus in Höhe von 500.000 Euro garantieren, „soweit sich die Liquiditätslage der Gesellschaft mittelfristig entspannt.“ Sprich: wenn er es schafft, die Pleite zu verhindern.
Seine Krisen-Strategie kann Ammer heute in wenigen Worten erklären. Er will an die Kunden ran und raus aus der Produktion. Im Solarhandel werde in Zukunft das Geld verdient. Und Conergy sei immer noch eine gute Marke. Die Kunden würden seinem Haus vertrauen. Die Signale dafür, das dieser Weg der richtige ist, stehen aber schlecht. Denn neben der wirtschaftlichen Lage belastet das Unternehmen ein Familienzwist, der sich zu einer Schlammschlacht auswachsen könnte. Conergy wurde von Hans-Martin Rüter gegründet. Er hatte die die Firma aufgebaut und seinen Onkel zweiten Grades, Dieter Ammer, in den Aufsichtsrat geholt. Gemeinsam verabredeten die beiden Vertrauten die wichtigsten Verträge mit Lieferanten. Rüter wurde „Entrepreneur des Jahres 2007“. Dann kam die Krise. Der Firmengründer wurde abgesetzt, Onkel Ammer wechselte vom Aufsichtsrat in den Vorstand. Eigentlich hätte es dabei bleiben können, wenn nicht die Zahlen bei Conergy so schlecht gewesen wären. Der neue Aufsichtsrat beschloss, Rüter und seine ehemaligen Vorstandskollegen auf Schadenersatz zu verklagen. Es sieht aus, wie ein Kampf Onkel gegen Neffen. Doch Ammer will davon nichts wissen. Die Klage sei ein „normaler Vorgang“ und sein Verhältnis zum Familienmitglied gut. Ein Vertrauter von Rüter sagt, es handele sich bei dem Angriff lediglich um ein Ablenkungsmanöver, um von den echten Problemen abzulenken. Tatsächlich droht Ammers wichtigstes Sanierungsvorhaben zu scheitern. Um Conergy flott zu kriegen, muss Ammer die Solarfabrik in Frankfurt/ Oder verkaufen. Die ersten Gespräche mit einem koreanischen Investor scheiterten in letzter Minute. Seither wurden alle Leiharbeiter entlassen und die Fabrik produziert mit Verlust bei unter 50 Prozent Auslastung. Besserung ist nicht zu erwarten, denn der gesamte Solarmarkt bricht ein, die Preise verfallen und Absätze stagnieren. Nun droht die Fabrik in Rohstoffen zu ersticken. Denn Ammer hat es noch nicht geschafft, den Liefervertrag mit seinem wichtigsten Silizium-Lieferanten MEMC zu beenden. Einst hatte er den Vertrag gemeinsam mit seinem Neffen Rüter geschlossen. Danach sollte MEMC bis 2018 Rohstoffe im Wert von sieben bis acht Milliarden Dollar nach Frankfurt liefern. Zwar konnte Ammer das Volumen im vergangenen Jahr auf vier Milliarden Dollar reduzieren. MEMC weigert sich aber, die Liefermengen weiter zu senken. Nun hat Ammer gegen den Vertrag, den er selbst unterschrieben hat, Klage in New York wegen wettbewerbswidriger Inhalte eingelegt. Es ist unsicher, ob er damit durchkommt. Äußern will er sich dazu nicht. Doch es sind nicht nur die großen Probleme, die Conergy-Aktionäre ständig Nerven kosten. Selbst manche kleine Schwierigkeiten konnten noch nicht aus dem Weg geräumt werden. Und immer wieder lodern neue Brandherde auf, die das ganze Unternehmen gefährden. Hier fordert ein Kunde Rückzahlungen und Schadenersatz in Höhe von rund neun Millionen Euro für schadhafte Solarmodule. Dort haben Banken einen Kreditrahmen in Höhe von 450 Millionen Euro, den sie nahezu beliebig fällig stellen können. Selbst das Verhältnis zu Conergy-Investor Otto Happel scheint nicht mehr ungetrübt. Zumindest hat der Milliardär aus der Schweiz immer noch nicht seine Aktienoptionen gezogen. Warum auch? Schon jetzt hat Happel nahezu 50 Millionen Euro in der Solarfirma verloren. Der Kurs von Conergy sackte in der Amtzeit von Ammer von knapp über 20 Euro je Papier auf unter einen Euro. Der Pennystock ist heute ein beliebter Spielball für Spekulanten. An der Börse ruckelt der Aktienkurs im Cent-Bereich auf und ab. ----------- Keine Kauf Empfehlung!! Das Warten ist die grausamste Vermengung von Hoffnung und Verzweiflung, durch die eine Seele gefoltert werden kann. Devise: "Kaufen, wenn alle anderen verkaufen" |