zur allgemeinen Lage.
Grexit: Warum die Amerikaner es jetzt mit der Angst zu tun bekommen
von Daniel Wilhelmi
Liebe Leserin, lieber Leser,
An der Wall Street sorgt man sich in den Chefetagen vieler Hedge Fonds mehr um die kleine Karbikinsel Puerto Rico als um Griechenland. Wie ich Ihnen in der letzten Ausgabe schrieb, hängen zahlreiche große Hedge Fonds in Puerto Rico, das seine Schulden nicht mehr bedienen kann, fest.
Zusammen mit dem Staatsbankrott in Griechenland, wo ebenfalls viele US-Hedge Fonds in den vergangenen Jahren mit dreistelligen Millionenbeträgen einstiegen, ergibt sich eine sehr unangenehme Zange aus schmerzhaften Doppel-Verlusten, die auf die Hedge Fonds-Branche zurollen. Die Verluste werden für die großen Fonds keine existentielle Bedrohung sein.
Aber sie werden die Performance vieler Hedge Fonds in einem ohnehin schwierigen Börsenjahr 2015 weiter verhageln (denken Sie daran: Der US-Aktienmarkt liegt auf Jahressicht im Minus). Und dann muss man sich Gedanken darüber machen, welche weiteren Folgen die Verluste in Griechenland und Puerto Rico nach sich ziehen? Welche Anlagen werden die Hedge Fonds verkaufen, um mögliche Kapitalabflüsse zu bedienen? Denn viele Kunden werden nach so einem Doppelschlag fraglos vorsichtiger werden. So wie 2008/09, als der Goldpreis trotz Krise einbrach, da viele Fonds Geld brauchten und somit gezwungen waren, ihre Gold-Bestände zu liquidieren.
Der 2. Effekt der Krise in Puerto Rico-Krise, das an der Wall Street schon "Americas Greece" (Amerikas Griechenland) genannt wird: Es bringt den US-Bürgern die Schuldenkrise direkt vor die Haustür. In der Hochfinanz der Wall Street ist Griechenland natürlich ein großes Thema. Aber für die Privatanleger in den USA ist es nur eine Fußnote. Doch Puerto Rico - das Land kennen sie. Dazu haben sie einen Bezug. Grexit: Das nächste Ziel der Finanz-Haie nach Griechenland!
von Daniel Wilhelmi
Die meisten Amis könnten Griechenland nicht auf einer Landkarte finden, wenn man die Akropolis daneben malen würde. Aber Puerto Rico - das Land kennen die amerikanischen Privatanleger. Von meinen amerikanischen Bekannten und Freunden aus Studienzeiten waren wesentlich mehr Leute in Puerto Rico als in Europa. Nachrichten einer dortigen Staatspleite und den Verlusten für Hedge Fonds gehen in den USA auch durch die Mainstream-Medien.
Damit kommt die Krise durch Puerto Rico auch richtig in den USA an. Und dann muss man erst mal abwarten, wie die US-Privatanleger an der Börse reagieren werden. Vor allem, wenn sich die Charttechnik im Dow Jones und S&P 500 weiter verschlechtert. Wir können also durchaus Folgeeffekte an den Börsen sehen, obwohl die internationalen volkswirtschaftlichen Folgen der Puerto Rico-Krise minimal sind.
Von der Karibik springen wir nun wieder nach Europa. Im Zuge der Grexit-Krise lesen und hören Sie derzeit sehr oft, dass Spanien der nächste Dominostein nach Griechenland sein könnte. Das halte ich für unwahrscheinlich. Spanien hat zwar ähnliche strukturelle Probleme in der Volkswirtschaft wie Griechenland - so besitzt das Land nach der Implosion des dortigen Immobiliensektors praktisch keine eigene Wirtschaftskraft, um sich am eigenen Schopf aus dem Dreck zu ziehen. (Den Tourismus-Sektor zähle ich nicht, da ja de facto das Verhalten der Ausländer diesen Wirtschaftszweig bestimmt.)
Aber Spanien ist zu gross und für die EU zu bedeutend. Es passt (noch nicht) in das Angriffs-Profil der Hedge Fonds - vor allem nicht, nachdem sich viele Hedge Fonds eben in Griechenland und Puerto Rico blutige Nasen abgeholt haben. Da wird man bei der nächsten Attacke kein zu großes Risiko eingehen wollen.
Ich höre vielmehr von der Wall Street, dass ein anderes angeschlagenes Land der nächste Domino-Stein sein könnte, über das derzeit noch niemand spricht: Kroatien. Und dieses Land passt perfekt in das Angriffs-Profil der Hedge Fonds: Klein, in der europäische Peripherie, ohne bedeutende Lobby in Brüssel und mit wenigen eigenen Abwehrkräften. |