http://www.finanznachrichten.de/...tzten-bastionen-der-bullen-030.htm
Jochen Steffens Hinweis: Da ich morgen einen wichtigen Termin wahrnehmen muss, erscheint der nächste Steffens-Daily erst wieder am Montag. Sie können es sich denken: Die mögliche inverse Schulter-Kopf-Schulter-Formation (SKS), von der ich seit einiger Zeit berichtete, ist nun endgültig hinfällig, nachdem sie in den letzten Tagen schon immer unwahrscheinlicher geworden war. Das Niveau der linken Schulter ist heute mit einem Gap-Down nach unten durchbrochen worden –das war‘s.
Selbst wenn jetzt doch noch die Nackenlinie nach oben überwunden werden sollte, handelt es sich nicht mehr um eine inverse SKS. Die Bodenformation ist somit erst einmal erledigt. Damit ist nun wieder alles offen. Der hoffende Blick des verunsicherten Börsianers wendet sich der letzten Bastion der Bullen zu: Diese befindet sich nun im S&P 500:
Als letzte Bastion bleiben die Tiefs aus dem Jahre 2002/2003. Der Markt muss hier drehen, wobei es durchaus auch sein kann, dass diese Unterstützung zumindest kurzfristig auch noch einmal nach unten verletzt werden kann. Sollte es allerdings zu einem nachhaltigen Bruch mit einer anschließenden dynamischen Fortsetzung des Abwärtstrends kommen, wird es sehr, sehr bitter. Bisher alles noch „im Rahmen“ der Finanzkrise Man muss es so sehen: Der Schock über die weitgreifenden Folgen der Finanzkrise und die Auflösung der gehebelten Positionen der Hedgefonds wie auch das Abstoßen von Wertpapieren seitens der Banken um Cash zu erhalten, erklären den scharfen Einbruch der letzten Wochen. Doch das ist nun alles eingepreist. Sollte es jetzt weiter abwärts gehen, dann nimmt dieser Kurseinbruch in den Indizes eine massive, langanhaltende wirtschaftliche Rezession vorweg, deren Ausmaß sich wahrscheinlich kaum jemand vorstellen kann. Was die Menschen verdienen Man kann in einer solchen Entwicklung eine gewisse Ironie oder sogar eine Form der Gerechtigkeit erkennen, wenn man denn will. Wir leben in einem Land, das in den letzten Jahren trotz eines unglaublichen Wohlstandes von Unzufriedenheit und Ärger durchseucht war. Über Alles und Jeden zu motzen, gehörte zum guten Ton. Nur die Wenigsten freuten sich an dem unglaublichen Luxus, der sie täglich umgab. Zu selbstverständlich waren viele Annehmlichkeiten geworden. Eine Krise wird uns vielleicht ein wenig mehr Demut und Achtung vor den Dingen und dem Erleben gegenüber lehren. Vielleicht wissen wir dann zu schätzen, was es bedeutet, die qualitativ hochwertigste Nahrung auf der Welt zu uns nehmen zu können – jeden Tag warm zu duschen – einen Kühlschrank zu haben, nicht mit der Hand waschen zu müssen. Welcher Luxus ist es, mit einem Auto mal eben zu 200 km entfernten Freunden zu fahren – bei Krankheiten rund um die Uhr die allerbeste medizinische Versorgung zu genießen – im Winter nicht zu frieren, mit den Weihnachtsgeschenken die größten Träume unserer Kinder zu erfüllen – ganz zu schweigen von fehlendem Hunger. Uns sind doch so sehr die Relationen verloren gegangen, die Relationen zu dem Schicksal Milliarden anderer Menschen auf dieser Welt. Und diese verlorene Relation ist ironischerweise auch das eigentliche Problem, welches zu dieser aktuellen Krise geführt hat. In den USA, aber auch in den anderen Ländern dieser Welt, sind den Banken und Unternehmen, den Hedgefonds, den Immobilienkäufern, den Anlegern, den Staatschefs und den Notenbankchefs einfach die Maßstäbe abhanden gekommen. Immer größer war die Hatz nach noch mehr Wohlstand und Luxus, so dass der Blick für das Erreichte im Sog der Gier verloren gegangen ist. Der fehlende Schlaf Immer deutlicher ist zudem zu erkennen, wie falsch es war, Rezessionen immer mehr verhindern zu wollen, sie abzuschwächen, sie aus dem Bewusstsein der Menschen, der Banker, der Unternehmen und ganz besonders der Politik zu drängen. Rezessionen hätten aber doch die Banken, die Unternehmen und all die anderen wieder auf den Boden der Normalität gezwungen. In den letzten 20-30 Jahren kam es jedoch eigentlich nur zu kurzen rezessiven Phasen, welche die Kernwirtschaft kaum erschüttern konnte. Dabei ist das Leben, das Sein, wahrscheinlich das ganze Universum Zyklen unterworfen – jeder Hochphase muss eine Tiefphase folgen oder wie ein asiatisches Sprichwort sagt: Steter Wechsel ist Kern aller Dinge. Es ist, als ob man versucht, den Schlaf abzuschaffen. Der Mensch würde immer müder und gereizter. Irgendwann hilft kein Mittel der Welt mehr, um einen tiefen und langen Schlaf einzuleiten. Wenn die Märkte keinen Boden finden, dann werden wir diesen tiefen langen Schlaf als wirtschaftliche Rezession erleben. Düstere Stimmung, Zeichen einer Umkehr? Ich hoffe, dass meine heute zugegebenermaßen etwas sehr düstere Stimmung ein Zeichen dafür ist, dass wir uns doch tatsächlich in der Nähe des Bodens befinden. Meistens, wenn ich solche Gedanken habe, dreht der Markt. Sicherlich hat es auch etwas mit dem Beginn der winterlichen Jahreszeit zu tun. Aber man sollte sich trotzdem langsam mit dem Gedanken zumindest auseinandersetzen, dass die nächsten Jahre bis Jahrzehnte sehr, sehr hart für uns alle werden könnten. Steigende Kurse sind unabdingbar Wir brauchen also unbedingt steigende Kurse, denn das würde das Vertrauen wieder nach und nach aufkommen lassen und zu einer Beruhigung der Situation führen. Kurse machen Nachrichten und steigende Kurse würden bessere Nachrichten mit sich ziehen. Ich hoffe also, dass der S&P 500 im Bereich der alten Tiefs seinen Boden findet. Um diese Woche jedoch nicht allzu düster ausklingen zu lassen, folgend die neuesten Nachrichten aus der Stockstreet-Zentrale! Wir übernehmen Daimler! Nachdem wir gehört haben, dass Solarworld Opel übernehmen will, haben sich die Stockstreet-Redaktion und die Mitarbeiter zusammengesetzt und überlegt, ob wir nicht Daimler übernehmen wollen. Nachdem wir das intensiv durchgesprochen haben, hat eine Abstimmung eine fast 100%ige Zustimmung erbracht. Daraufhin sind wir gemeinsam zur Kaffee-Kasse gegangen und haben eben diese geplündert. Leider führten unsere umfangreichen Berechnungen zu der traurigen Erkenntnis, dass diese „liquiden Mittel“ nicht ausreichen werden. Nach einigem Hin und Her haben wir uns schweren Herzens dazu durchgerungen, notfalls auch noch die Papiere in der Portokasse flüssig zu machen. Schließlich wollen wir helfen. Wir haben also jetzt ein Angebot an Daimler geschickt und sind froher Hoffnung, eine positive Rückantwort zu erhalten. Falls nicht, werden wir einfach noch etwas warten. Wenn die Kurse noch ein Jahr in dem gleichen Tempo weiter fallen, können wir uns für das nächste Weihnachtsfest die Aktien-Mehrheit bei Daimler und wahrscheinlich auch noch von BMW unter den Weihnachtsbaum legen – wenn wir sie dann noch wollen. (Achtung Satire!)
Viele Grüße
Jochen Steffens |