Software statt Döner: Türken mit Lust am Firmen-Gründen Ausländer treiben in Deutschland die Selbstständigenquote nach oben BERLIN. Jenseits von Dönerbuden und Ramschläden haben die Ausländer in Deutschland die Lust am Firmen gründen entdeckt. Während viele Deutsche vor dem Schritt in die Selbstständigkeit zurückschrecken, sind Türken, Vietnamesen oder Polen trotz Wirtschaftsflaute weniger zögerlich. Sie machen sich vergleichsweise häufiger selbst-ständig, wie eine Studie der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) ergab. So lag die Gründerquote der Migranten im vergangenen Jahr bei 5,4 Prozent, unter den Deutschen nur bei 2, l Prozent. „Politik und Verwaltung haben das Potenzial ausländischer Existenzgründer jahrelang nicht genutzt", sagt Ahmet Ersöz vom Berliner Bera-tungs- und Ausbildungszentrum für zugewanderte Gewerbetreibende. Während deutsche Existenzgründer hofiert worden seien, hätten ihre ausländischen Kollegen lange als „exotische Suberscheinung" gegolten. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit bringen die Migranten inzwischen den Gründungsmotor auf Touren: 260 000 betreiben in Deutschland ein eigenes Unternehmen. Und längst sind es nicht nur Dönerbuden, Gemüseläden oder Änderungsscheidereien, die von Ausländern gegründet werden. Mittlerweile sind Einwanderer auch mit Computer-Firmen, Dienstleistungsketten oder Anwaltskanzleien erfolgreich. In Berlin mit seinen 442 554 Ausländern ist „Multikulti" auch in der Wirtschaft gang und gäbe. Das liegt an Unternehmern wie Ayhan Bastürk. Nach einem Mathe-Studium machte sich der Türke 1994 mit dem TT-Unternehmen „BCC" selbstständig. Heute setzt er rund 600 000 Euro um und beschäftigt neun Mitarbeiter. Bastürks Deutsch ist fehlerfrei, dennoch stößt er auf Vorurteile. „Als Ausländer wird man oft zweitrangig behandelt", klagt er. Aus dem Briefkopf der Firma hat er vorsorglich seinen türkischen Namen getilgt. Allein die Türken - größte Minderheit in Deutschland -betreiben rund 60 000 Firmen und bringen etwa 300000 Menschen in Lohn und Brot, wie Martina Sauer vom Zentrum für Türkeistudien in Essen weiß. Unternehmer wie Vural Öger sind bundesweit bekannt. Vor mehr als 30 Jahren gründete er ein kleines Reise-büro in Hamburg, heute zählt Öger Tours zu den zehn größten Reiseveranstaltern Deutschlands. Eine selbstbewusste Generation von Migranten ist am Zug. „Es wird schon klappen", lautet Bastürks Credo. Diesen Optimismus teufen viele Migranten, erklärt Margarita Tchouvakhina von der DtA. „Wer in seiner Heimat alles aufgibt und nach Deutschland geht, zeigt Risikobereitschaft." Oft scheitern Projekte an mangelndem Deutsch, weiß Ersöz, der Gründer zu Ämtern begleitet und mit „Papierkram" hilft. Bastürk büffelte nächtelang Vokabeln. „Die Sprache ist ein MUSS ", sagt der Software-Hersteller. Die Lust auf Selbstständigkeit hat er sich nicht nehmen lassen. „Wer Leistung erbringt, der kommt an", sagt er, „egal, wo man herkommt." Julia Depp |