http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Atomstaat-beginnt-zu-broeckeln;art4306,1303314
Die Katastrophe von Fukushima ist auch an Frankreich nicht spurlos vorübergegangen. Nicht weniger als 50 Milliarden Euro muss der staatliche Energiekonzern EDF in den kommenden Jahren für die 58 Atommeiler des Landes aufwenden, um deren Sicherheit zu erhöhen. Das verlangt die Reaktorsicherheitsbehörde (ASN), nachdem sie im Auftrag der Regierung alle Anlagen einer eingehenden Untersuchung unterzog.
Doch damit nicht genug: Sehr zum Ärger der Atomindustrie hat Paris beschlossen, in großem Stil in die Windenergie einzusteigen. Nicht weniger als fünf große Offshore-Windparks mit einer Leistung von drei Gigawatt sollen bis 2016 vor den Küsten der Bretagne und der Normandie gebaut werden. Mit dem Projekt will Frankreich seinen enormen Rückstand zu Deutschland und Großbritannien in der Windenergie reduzieren. Später soll die Leistung sogar auf sechs Gigawatt verdoppelt werden und damit wesentlich zu dem erklärten Ziel beitragen, ab 2020 mindestens 20 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien abzudecken.
Staatspräsident Nicolas Sarkozy wird zwar nicht müde zu beteuern, dass Frankreich auch in Zukunft an der Atomkraft festzuhalten gedenkt. Doch der massive Ausbau der Windkraft belegt den Willen, zumindest die enorme Abhängigkeit von der Nukleartechnik - zurzeit werden beinahe vier Fünftel des Stroms von Atommeilern geliefert - zu verringern. Das Wort Energiewende kommt zwar keinem Mitglied der konservativen Regierung über die Lippen. Aber die jeweils 100 Turbinen der geplanten Windfarmen belegen, dass auch unsere Nachbarn langsam umdenken.
Steuergelder freilich will Paris für die Offshore-Anlagen nicht bereitstellen. Für die Gesamtkosten von rund zehn Milliarden Euro müssen die Betreiber aufkommen - im Gegenzug winkt ihnen eine staatliche Abnahmegarantie. Trotzdem hoffen gleich drei Konsortien, die Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet vergangene Woche termingerecht ihre Angebote unterbreiteten, auf den Zuschlag. Zum einen der Energieriese EDF, der sich in diesem Fall mit der dänischen Dong Energy, der deutschen WPD Offshore und dem französischen Turbinenbauer Alstom verbündete. Das private französische Energieunternehmen GDF Suez hat ebenfalls ein Angebot eingereicht. Es kooperiert unter anderem mit Eon, und setzt auf Windräder von Siemens. Dritte Konkurrentin ist mit Iberdrola die spanische Weltmarktführerin in Sachen Windkraft.
Deutsche Windkraft-Anbieter werfen Paris vor, der Bieterwettbewerb sei eine abgekartete Sache und der Zuschlag werde heimischen Konzernen erteilt. Die Umweltministerin erhob das Argument der Arbeitsplatzschaffung ganz offiziell zum Kriterium. Kosciusko-Morizet will zeigen, dass die Windenergie in Frankreich selbst Jobs zu schaffen vermag. 10 000 Stellen sollen entstehen, was den Bau der Windparks und ihrer Turbinen in Frankreich zur Bedingung macht.
Die Aussicht auf neue Arbeitsplätze könnte den zu erwartenden Protesten aus der Bevölkerung die Spitze nehmen. Eine erste Ausschreibung für einen Windpark in der Normandie versandete 2004 wegen zahlloser Gerichtsklagen lokaler Verbände, die sich gegen die "Verschandelung der Küste durch einen Wald von Propellertürmen" stemmten. Das Jobversprechen und Fukushima sollen dafür sorgen, dass es diesmal anders und rascher läuft. Paris will die Betreiber der fünf Windparks vor den Präsidentschaftswahlen bestimmt haben.
Auch die Franzosen können bei Nordex weiter Ordern........
