Bin kein Wirtschaftswissenschaftler, wollte einfach nur wissen, wie es mit den Töchtern der griechischen Banken in der Ukraine aussieht und habe daher etwas recherchiert:
Die ukrainische Währung der Hrywnja stand vor der Krim-Krise bei ca. 10,5 für 1 Euro. Dann verlor sie bis Mitte April 37% an Wert. Die Ukrainische Nationalbank steuerte dem am 14. April 2014 mit einer Anhebung des Leitzinses um 3% entgegen, was auch Erfolge zeitigte. Der Kurs stabilisierte sich von zeitweise 18 Hrywnja pro Euro bei etwas über 16 Hrywnja. Der Inflation tat das jedoch keinen Abbruch. Trotzdem stieg der Wechselkurs wieder an und steht nun wieder kurz vor der 17 Hrywnja-Marke. Im Juni lag die Inflationsrate bei 12% im Mai noch bei 10,9%. Die neue Vorsitzende der Ukrainischen Nationalbank Valeria Hontareva gab am 3. Juli bekannt, dass sie bis Jahresende mit 17 bis 19% Inflation rechne. Am 16. Juli wurde der Leitzins deshalb noch einmal um 3% auf insgesamt 12,5% angehoben. Allerdings traf gleichzeitig die Nachricht ein, dass das BIP der Ukraine 2014 um 4,7-5% schrumpfen würde.
Seit 2005/06 war die Ukraine ein bevorzugtes Expansionsziel für griechische Firmen. Allein 56 größere von ihnen sind dort aktiv. Allein 2013 investierten griechische Unternehmen $ 466,1 Mio. in die ukrainische Wirtschaft (=0,9% aller Auslandsinvestitionen). Der Umfang griechischer Exporte in die Ukraine wuchs seit Jahren. Aus diesem Grund haben sich dort auch die größten griechischen Banken niedergelassen. EFG Eurobank kaufte sich 2006/07 die Universalbank, Piraeus übernahm große Teile der Ukrainian International Commerce Bank und die Alpha Bank zog 2008 mit der Übernahme der OJSC Astra Bank nach.
Durch die massive Infaltion der Hrywnja verloren die griechischen Firmen maßiv an Wettbewerbsfähigkeit. Umsatzeinbußen von 25% sind keine Seltenheit. Für die Banken in der Ukraine ist ein anderer Umstand allerdings wichtiger. Auch sie kämpfen mit der hohen Inflation und dem ebenso hohen Wechselkurs. In den vergangenen Jahren jedoch haben viele Ukrainer devisenbasierte Hypotheken aufgenommen, deren Zinsen wesentlich niederiger lagen als Hypotheken in Hrywnja. Diese Praxis wurde zwar Ende 2008 gesetzlich verboten, aber noch immer machen diese Hypotheken 48,3 Mrd. Hrywnja verteilt auf 81.000 Schuldner aus und damit beinahe ein Viertel des vergebenen Kredits. Moody's sagte bereits im Mai voraus, dass etwa 30% der Darlehen in diesem Jahr nicht mehr bedient werden würden, weil die Kreditkosten gerade für die devisenbasierten Hypotheken enorm gestiegen sind. In diesen Fällen stiegen die Raten bedingt durch den ungünstigen Wechselkurs um bis zu 40% an, während die Lebenshaltungskosten durch die Inflation ebenfalls stiegen. Das brachte viele Schuldner in eine ausweglose Lage.
Es steht daher die Frage im Raum, wie die ukrainische Regierung mit diesem Problem umgehen wird. Kommt sie den Schuldnern nicht entgegen, z.B. durch die Vermittlung einem Kompromisses (Taxierung des Wechselkurses z.B. auf dem Niveau von Dezember 2013) riskiert sie neben zahlreichen Firmenpleiten auch soziale Unruhen. Die Schuldner praktisch zu unterstützen dürfte jedoch teuer werden. Die Banken hingegen wollten sich damals gerade gegen einen Verfall der Hrywnja absichern und stehen nun vor dem Problem großer Abschreibungen - entweder durch den Zahlungsaufall vieler Hypothekendarlehen oder durch einen Eingriff des Staates in den Wechselkurs. Und das zusätzlich zu der generell angespannten wirtschaftlichen Situation des Landes und der Inflation, welche das Eigenkapital der Banken ebenso aufzehrt.
Offensichtlich werden die Ausmaße des Problems, vor dem die Banken stehen, am beispiel der Universal Bank, an der die EFG Eurobank (Ergasias) 99,3% der Anteile hält. Das Grundkapital betrug im März 2008 ca. 8,4 Mrd Hrywnja, bei einem Wechselkurs von $1 = 5,05 hrn (= $ 1,66 Mrd.). Zum Abschluss des 3. Quartals 2013, also vor der Krise, lagen das Eigenkapital bei 8,29 Mrd. Hrywnja, aber bei einem Wechselkurs von $1 = 9,4 hrn (= $ 880 Mio.). Der letzte Bericht für das 2. Quartal 2014 gibt nur noch 6,5 Mrd. Hrywnia an, die aber derzeit mit einem Wechselkurs von $1 = 16 hrn (=$ 406 Mio.). Natürlich hält die Bank einen Teil ihrer Bilanzsumme in Devisen dadurch verändert sich das Bild noch einmal. Allerdings gilt das auch für das Kreditgeschäft. Nach eigenen Angaben hat die Bank seit 2007 insgesamt 17 Mrd. Hryvnja in die ukrainische Wirtschaft investiert (vor allem in die Landwirtschaft und Hypothekendarlehen) und an 324.000 Personen Kredite gegeben. Sollte Moody's Recht behalten und auch im Fall der Universal Bank 30% der Kredite ausfallen, dann beträfe das etwa 97200 Personen mit durchschnittlich 52.469 Hrywnja an Darlehen, also 5,09 Mrd. Hrywnja. Sicher ist ein Teil der Kredite bereits abgezahlt, viele Darlehen lauten ohnehin nicht in Fremdwährungen. Aber selbst wenn es stimmt, dass jeder 4. Schuldner devisenbasierte Kredite abbezahlt und "nur" 25% der 324.000 Kunden ihre Zahlungen einstellen müssen, dann würde die Abschreibung noch immer 4,25 Mrd. Hrywnja betragen. Auch gesetzt dem Fall die Zahl wäre nur halb so hoch, noch immer stünde ein gewaltiger Verlust beim ohnehin geschröpften Kapital zu Buche.
Gerade diese Umstände könnten mit dafür verantwortlich sein, dass die Aktienkurse der großen griechischen Banken seit Anfang/Mitte Juli eingebrochen sind. Seitdem der Wechselkurs und die Inflation in der Ukraine sich wieder zusehens verschlechtern, gehen die Kurse auf Talfahrt. Schließlich dürften die angeschlagenen Mutterunternehmen kaum die Kraft aufbringen ihre ukrainischen Töchter mit neuem Kapital auszustatten und gleichzeitig nimmt das Geschäft der griechischen Exportfirmen in der Ukraine immer weiter ab. |