"aldisierung" den begriff kannte ich bis jetzt noch nicht ... ber scheint irgendwie zeitgemäss---- limi
++++++++++++++++++++++ Die Aldisierung des Autogeschäfts Renault hat mit der Billigmarke Dacia die Konkurrenz aufgescheucht, auch andere Firmen planen extrem preiswerte Autos. Und Dacia legt schon wieder nach Eine Million Kunden können nicht irren. So viele Menschen hat Renault seit 2004 von einem Dacia Logan überzeugt, dem Gegenentwurf zum "Größer - stärker - teurer" der ganzen Branche. Ursprünglich war der Logan nur als 5000-Dollar-Auto für die aufstrebenden Märkte Osteuropas gedacht, nun aber wird er in 59 Ländern angeboten und an sechs Standorten gebaut. In kürzester Zeit ist der Logan zum drittstärksten Renault-Konzernmodell aufgestiegen, in Frankreich gehört Dacia schon zu den zehn meistverkauften Marken, und das Angebot wird zügig ausgebaut. Kommenden Samstag startet der Verkauf des neuen Dacia Sandero.
Er wird mit 7500 Euro nur wenig mehr kosten als der Logan (ab 7200 Euro) und dürfte der Marke zum endgültigen Durchbruch in Deutschland verhelfen. Denn immer mehr Autokunden ignorieren Markenimage oder Design und entscheiden nach dem Aldi-Prinzip. So hat es der Logan, den die deutschen Renault-Händler zunächst skeptisch beäugt hatten, von dunklen Hinterhofplätzen in die vorderen Reihen der Verkaufsräume geschafft. Denn ein Dacia geht ohne Rabatt vom Hof und bringt dem Händler eine Gewinnmarge von fünf Prozent.
Mit 6000 Dacia Logan fing Renault 2006 in Deutschland an, danach verdreifachte sich der Absatz beinahe: 2007 schaffte der Dacia Logan 17 300 Neuzulassungen in Deutschland. Zum Boom trug vor allem der Kombi MCV bei, der mittlerweile einen Verkaufsanteil von fast 90 Prozent erreicht.
"Für 2008 erwarten wir den Sprung über die 20 000er-Marke", sagt Marc Osseux, bei Renault Deutschland verantwortlich für das Dacia-Geschäft. Sollte der neue Sandero den Aufschwung weiter anheizen, erreicht die Marke Dacia bald ein Prozent Marktanteil in Deutschland - schon heute liegt der rumänisch-französische Billigimport vor so renommierten Namen wie Alfa, Lancia, Saab, Jaguar oder Land Rover.
Zum sommerlich klingenden Namen Sandero, das Auto ist vor einem Jahr als Renault in Brasilien gestartet, passt das für Dacia-Verhältnisse ansehnliche Design der Schräghecklimousine. Unter der Karosserie steckt aber die rustikale Technik des Logan, welche wiederum auf den 1995 bis 2002 gebauten Renault Mégane zurückgeht. Merke: Wer billig anbieten will, muss nicht nur billig bauen, sondern auch darauf achten, dass die Konstruktion nicht viel kostet.
Außerdem darf die Ausstattung des Autos nicht zu üppig ausfallen. Die 7500 Euro teure Basisversion des Sandero hat einen 75 PS starken 1,4-Liter-Motor - viel mehr nicht. Erst im Ambiance-Modell für 8500 Euro sind Servolenkung, Zentralverriegelung, höhenverstellbare Sicherheitsgurte und Umluftschaltung enthalten. Topmodell ist der Sandero Lauréate mit 87 PS starkem 1,6-Liter-Benziner: Für 10 000 Euro bietet er zusätzlich zwei Seitenairbags, Nebelscheinwerfer und eine geteilt umklappbare Rückbank. Die matte, chrombeschichtete Mittelkonsole wirkt in dem sonst mausgrau gehaltenen Dacia fast schon edel.
Der Sandero soll laut Marc Osseux ein Eroberungsmodell werden. Als Gegner sind Hyundai i10, VW Fox oder Honda Jazz ausgemacht, aber auch der gebrauchte Golf III. Der von 1991 bis 1997 produzierte VW entspricht in den Maßen dem neuen Dacia, wurde aber noch nicht in allen Versionen mit Airbags und ABS bestückt.
Damit ist neben dem niedrigen Preis ein weiterer Grund für die kleine Revolution im deutschen Automobilmarkt genannt: Das Gros der Dacia-Klientel rekrutiert sich aus Gebrauchtwagenfahrern, die für wenig Geld neue Technik erwerben wollen. Ein Dacia hat in der Grundausstattung zwei Airbags und ABS. Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) oder Dieselrußfilter fehlen in der kurzen Aufpreisliste. "Beides sind Dinge, auf die Kunden in diesem Segment keinen großen Wert legen", sagt Osseux. Stattdessen schätzten sie die Zuverlässigkeit des mit einer Dreijahresgarantie ausgestatteten Dacia und sein Platzangebot.
Zusätzlich zum neuen Sandero will Dacia bis 2010 die Logan-Familie weiter ausbauen. 2009 kommt der Pick-up nach Deutschland, gefolgt von der Kastenwagen-Variante "Van". 2010 komplettiert ein Gelände-Logan mit Allradantrieb das Angebot. "Das wird kein Lifestyle-Modell, sondern ein legitimer Nachfolger des ausgelaufenen Lada Niva", sagt Osseux.
Bei so viel Expansion verwundert es nicht, dass viele andere Hersteller nun ebenfalls an neuen Billigstmodellen arbeiten. VW hat nicht nur die Kleinstwagenfamilie Up! beschlossen, sondern will schon 2010 auch eine besonders scharf kalkulierte Up!-Variante unter dem Skoda-Markenzeichen bringen. Fiat lässt den Topolino wieder auferstehen, ein sehr kleines Modell, das unterhalb der Kleinwagen Panda und Cinquecento rangiert, und Opel plant für 2011 einen Kleinwagen mit Motorradkomponenten. Toyota bringt schon im kommenden Jahr den dreisitzigen iQ.
Die meisten Vertreter der Discounter-Fraktion werden zwischen 7500 und 8000 Euro kosten, aber im Gegensatz zum Dacia nicht familientauglich sein. Katharina Bee vom Essener Marktforschungsinstitut R.L. Polk hält das Wachstumspotenzial für Dacia-Gegner daher für gering, auch weil das Erfolgsrezept des rumänischen Autos nicht direkt zu kopieren sei. "Die Erfolgsgeschichte von Dacia ist nicht repräsentativ, weil die Vermarktung über das bestehende Renault-Händlernetz und das positive Image vom 'Dacia by Renault' extrem günstige Rahmenbedingungen boten." Anders als bei der Unterhaltungselektronik fehle es deutschen Autokäufern zudem an der "Geiz ist geil"-Mentalität. "Ein billiges Auto wird gekauft, weil man sich kein teureres leisten kann, nicht aber aus Spaß an einem Schnäppchen", sagt Bee.
Trotzdem steigen die Verkaufschancen schlichter Fortbewegungsmobile, die weniger als 10 000 Euro kosten. Eine Aldisierung des Marktes dürfte aber erst mit dem Auftreten von Billigstmobilen wie dem indischen Tata Nano eintreten. Der Wagen wird in Indien für 1700 Euro angeboten. Noch verhindern zwar die strengen Sicherheits- und Abgasvorschriften ein Vordringen dieser minimalistischen Vehikel nach Europa. Doch das Know-how, um zumindest die hiesigen Mindestanforderungen zu erfüllen, ist frei verfügbar. Auch für andere östliche Hersteller.
"Warum sollte nicht Karmann, das sich gerade selber zum Verkauf ausschreibt, einem chinesischen Hersteller ein Auto zusammenbauen?", fragt Ralf Kalmbach von der Unternehmensberatung Roland Berger in München. Überhaupt die Chinesen: In Russland beackern sie mit Kleinwagen von Geely und Chery den Markt. Als nächstes Ziel haben sie Ost- und Südosteuropa ausgemacht. Die Marken Brilliance und Landwind bereiten gerade den Neustart in Westeuropa vor.
So kann der Autoindustrie blühen, was die Modebranche erlebt. Preiswerte Anbieter wie H&M oder Zara wachsen, Edelmarken wie Armani und Dolce & Gabbana tun es auch. Nur die Mittelklasse hat es schwer. Renault merkt das selbst: Während bei Dacia alles eitel Freude ist, schwächelt die japanische Konzernmarke Nissan. ++++++++++++++++++ |