BILD-Zeitung unter Beschuss

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eröffnet am: 09.11.02 21:47 von: Happy End Anzahl Beiträge: 4
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09.11.02 21:47

95441 Postings, 8508 Tage Happy EndBILD-Zeitung unter Beschuss

Im Streit um die Bundestagsreise nach Versailles geht Wolfgang Thierse weiter gegen die "Bild"-Zeitung vor. Das Blatt soll auf einem der nächsten Titel eine Gegendarstellung präsentieren. Vor einem Hamburger Gericht errang der Parlamentspräsident einen ersten Erfolg.

Berlin Hamburg - Was Nachlegen ist, kann man gelegentlich bei der "Bild"-Zeitung lernen: Erst wird unter der Zeile "O, là, là, wir haben's ja!" berichtet, auf Einladung des Bundestagspräsidenten reise "der ganze Bundestag zum Feiern nach Paris". Tags darauf dokumentiert man brav die bösen Reaktionen auf den "Größenwahn" - und wenn der Betroffene den Berichten widerspricht , folgt anderntags der dritte Streich: "Herr Thierse, sagen Sie die Wahrheit!"

Doch jetzt schlägt Thierse mit gleicher Methode zurück: Am Freitag erwirkte er beim Landgericht Hamburg eine Unterlassungsverfügung gegen "Bild". Am heutigen Samstag schickte er ein Gegendarstellungsverlangen in die Redaktion am Hamburger Axel-Springer-Platz: Eine Revanche in einer der nächsten Ausgaben, mit Ankündigung in Überschrift-Größe auf der Titelseite und Abdruck auf Seite zwei. Sollte die Zeitung bis kommenden Dienstag, elf Uhr, auf das Verlangen nicht eingehen, kündigt Thierses Anwalt schon jetzt eine gerichtliche Fortsetzung an.

Hintergrund des Streits um Wahn und Wahrheit ist eine parlamentsinterne Debatte um eine Einladung des französischen Parlamentspräsidenten: Aus Anlass des 40. Jahrestages des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages hat Thierses Pariser Amtskollege die Abgeordneten des Bundestages zu einem feierlichen Treffen beider Parlamente nach Versailles gebeten.

Eigentlich war die Sache längst ausgemacht. Doch angesichts knapper Kassen mosern nun einige Vertreter der Union gegen die große Geste: Nach Berechnungen der CDU/CSU-Fraktion sollen die Reisekosten für die 603 Bundestagsabgeordneten mit bis zu 500.000 Euro zu Buche schlagen - eine Zahl, die die Bundesregierung aber wegen der Möglichkeit, Bundeswehr-Maschinen zu nutzen, für "viel zu hoch gegriffen" hält.

Zu dieser Debatte um Reisen und Kosten liefert "Bild" seit vergangenem Montag nicht nur den Begleitdonner, sondern gleich ein klares Ziel: Mit schwerem Geschütz schießt das Blatt auf Bundestagspräsident und SPD-Vorstandsmitglied Thierse - und nimmt Kollateralschäden am deutsch-französischen Verhältnis billigend in Kauf.

Dabei erinnert die Kampagne in bester Manier an die Berichterstattung, die vor knapp zwei Jahren Bundesumweltminister Jürgen Trittin über sich ergehen lassen musst: Damals fummelte die "Bild"-Redaktion mit Wort und Schere solange an einem Demonstrations-Foto Trittins aus den siebziger Jahren herum, bis ein Seil in seiner Hand zum Schlagstock wurde und ein Handschuh zu einem Bolzenschneider. Jetzt erging es Thierse genauso - nur dass es bei ihm kein Foto war, sondern zwei Dokumente aus dem Bundestag.

Denn aus dem Schreiben, mit dem Thierse am 1. November die Einladung des französischen Parlamentspräsidenten an die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen weiterleitete, machte "Bild" flugs eine "Einladung" von Thierse selbst - und hatte so den Sündenbock.

Wesentlich raffinierter versuchte "Bild" aber den Vorwurf zu belegen, dass Thierse in der Debatte die Unwahrheit sagt: Gestützt auf das Protokoll einer Sitzung des Bundestags-Präsidiums vom 21. Juni 2001, zitierte "Bild" unter der Überschrift "Ältestenrat hielt Paris-Sause für zu aufwändig" kritische Stimmen aus dem Parlament und schrieb, der Ältestenrat habe laut Protokoll gebeten, "die Auffassung des Bundestages der französischen Seite entsprechend zu vermitteln".

Sogar einen Ausriss aus dem Protokoll lieferte "Bild" in faksimilierter Form gleich mit: Doch nicht der Ältestenrat selbst hielt, wie aus dem Ausriss hervorgeht, die Kosten für ein Treffen zum 40. Jahrestag des Freundschaftsvertrages für zu hoch, sondern die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen. Der Ältestenrat nahm diese Haltung nur "zur Kenntnis".

Was die "Bild"-Zeitung nicht dokumentiert, weder im Faksimile des Dokumentes noch im daneben stehenden Text, sind die zwischen den beiden Zitaten stehenden Absätze des Protokolls: Weil die französische Seite ursprünglich sogar ein jährliches Treffen vorgeschlagen hatte, regte Thierse nämlich an, jedenfalls anlässlich des Jahrestags könne "eine gemeinsame Veranstaltung in Erwägung gezogen werden". Und, nach einem weiteren Vorschlag zu einer gemeinsamen Ausschuss-Sitzung heißt es im Protokoll: "Der Ältestenrat erklärt sich mit dieser Lösung einverstanden".

Diese Auffassung nun war es, die der Ältestenrat der "französischen Seite entsprechend zu vermitteln" bat.

Durch die redaktionellen Auslassungen wurde der Beschluss des Bundestags-Präsidiums praktisch in sein Gegenteil verkehrt - ein Beleg dafür, dass man mancherorts nicht nur die Kunst des Nachlegens, sondern auch die des Weglassens beherrscht.

Thierses Anwalt Gernot Lehr hatte für diese Leistung allerdings wenig Verständnis und sah durch die "Bild"-Berichterstattung nicht nur "eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte" seines Mandanten, sondern auch die Gefahr "erheblicher diplomatischer Irritationen".

Die dürften jetzt etwas gemildert sein. Denn die 25. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg verbat nun der "Bild"-Redaktion zu behaupten, dass der Bundestagspräsident alle Abgeordneten nach Paris eingeladen habe sowie den Eindruck zu erwecken, der Ältestenrat habe eine Zusammenkunft der Abgeordneten beider Länder anlässlich des 40. Jahrestages des Elysee-Vertrages abgelehnt und Thierse in seiner Reaktion die Unwahrheit gesagt.

Thierse selbst begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Damit sei klar, dass die bisherige Kampagne der "Bild"-Zeitung "gegen die großartige Geste unserer französischen Freunde auf Falschmeldungen beruht".

Die erwartete Gegendarstellung dürfte nun ein Weiteres tun, die französischen Freunde zu beruhigen, getreu dem Goethe-Wort: Was man erst schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen - auch in Paris.


Gruß    
Happy End  


 

09.11.02 22:41

16074 Postings, 8189 Tage NassieTja, das hatte die APO schon erkannt,

das einzige was an der Bild-Zeitung stimmt ist das jeweilige Datum.  

09.11.02 22:44

503 Postings, 7899 Tage Schwartenassie, seriöse zeitungen unterscheiden sich von

der bild nur dadurch, dass sie seriöser und intelligenter hinters licht führen.  

10.11.02 00:21

4690 Postings, 8621 Tage proxicomi@happy end

dieses pornoblatt, darf sich zu recht nicht mehr zeitung nennen.

nur kennt unsere, SUPERregierung nicht den ausdruck delegation, der schließt sinnvoller weise nicht den ganzen bundestag mit ein.
unsere roten brüder, sollten sich doch mal bei ihren vorbildern umschauen, dort verstand man sich prächtig auf das entsenden von delegationen, weil kein geld vorhanden war.

was macht thierse eigentlich im bundestag???


gruß
proxi  

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