Chihi und das Warten auf den Marktwert VON FRANK NÄGELE, 14.09.06, 21:27h Manager Meier: „Das ist ein Versuch mit einem kalkulierten Risiko.“
Köln - Es könnte so einfach sein mit diesem Verein. Drei der ersten vier Saisonspiele hat der 1. FC Köln gewonnen und ist nebenbei in die zweite Pokalrunde eingezogen. Die Euphorie ist so groß, dass vor dem Heimspiel gegen den Krisenklub Eintracht Braunschweig (heute, 18 Uhr) 37 000 Tickets im Vorverkauf abgesetzt worden sind. Aber das wäre ja langweilig, wenn jetzt plötzlich Harmonie ausbräche. Immerhin schwelen so Skandale wie: Alpay ist plötzlich Ersatzspieler. Muss man sich mal vorstellen! Neuzugang Novakovic plagen Adduktorenschmerzen. Unglaublich. Und: Adil Chihi, der Liebling und Torjäger, spielt weiter mit seinem Vertrag aus Juniorenzeiten. Ernste, schwere, ungelöste Themen, die den Fan nicht schlafen lassen.
Allerdings versuchte sich Manager Michael Meier am Donnerstag an einer Erklärung dafür, dass der 18-Jährige bis auf weiteres nicht zu Profibedingungen spielt. „Wir hätten ihm einen Vertrag hinlegen können und sagen können: »Chihi schreib rein, was du willst« und dann verlängert. Das wäre das Einfachste gewesen. Das hatten wir auch vor.“ Aber dann kam alles anders. „Wenn du dann im Gespräch feststellst, dass der Spieler es ernst meint mit dem Verein und ein Vertrauensverhältnis da ist, dann ist das ein Versuch mit einem kalkulierten Risiko. Wir vertrauen da dem Bekenntnis.“ Andersherum könnte es ja auch schiefgehen. Meier: „Du kannst als Verein hingehen, dem Spieler ein Bündel Geld auf den Tisch legen, dann knickt der Junge nach fünf Spieltagen ein, und alle sagen: »Die Blödmänner haben sich von einem 18-Jährigen vorführen lassen.«“ Also nochmal. Der Verein wollte Adil Chihi offenbar einen richtigen Profivertrag mit richtig Geld geben. Zum Beispiel 25 000 Euro pro Monat statt 5000. Es gab ein Gespräch. Danach fanden alle, dass es besser so bleibt, wie es bisher war. Und das in einer Situation, wo wie in Jena Spione aus der Premier League auf der Tribüne sitzen und sich den Stürmer anschauen. Chihis Berater Norden Hbib erklärt: „So wie es jetzt ist, hat es doch Vorteile für beide Seiten. Für den Verein und für den Spieler.“ Aus seiner und Chihis Sicht ist der Vorteil: „Wir sind nicht in Zugzwang, wir stehen nicht unter Druck. Adil kann sich ganz aufs Fußballspielen konzentrieren.“
Womöglich haben beide Parteien noch die Chronologie der Profiwerdung von Lukas Podolski beim 1. FC Köln vor Augen. Im November 2003 gab der damals 18-Jährige sein Debüt im Spiel gegen Hamburg. Am 26. März 2004 verkündete FC-Präsident Wolfgang Overath, dass der Verein einen bis 2007 laufenden Profi-Vertrag mit seinem Jungstar abgeschlossen habe. Im November desselben Jahres, als Podolski seinen Marktwert vervielfacht hatte, wollte Overath den Vertrag schon verlängern. Podolski hatte daran jedoch kein Interesse und fühlte sich fortan unterbezahlt.
Diese Situation wird jetzt vermieden. Chihi und sein Berater wissen, dass die Zeit für sie spielt. Michael Meier: „Im Moment finden wir keinen Weg, seine Leistungen materiell angemessen zu entlohnen.“ Norden Hbib sieht das gelassen: „Der Spieler hat sein Talent ja nicht nur den Leuten beim 1. FC Köln bewiesen, er hat es auch den Trainern im marokkanischen und deutschen Verband bewiesen.“ Heute Abend kann er es gegen Braunschweig wieder beweisen.
1. FC Köln: Wessels - Haas, Cullmann, Mitreski, Ehret - Lagerblom, Baykal - Broich, Cabanas - Helmes, Chihi. - Braunschweig: Stuckmann - Siegert, Husterer, Grimm, Rodrigues - Graf, Brinkmann, Lieberknecht, Tauer - Kuru, Kastrati.
§ http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1157542154501
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