Der rapide Anstieg an den Börsen ist sicherlich weniger mit den Fundamentaldaten zu rechtfertigen, sondern wohl hauptsächlich der stark geschöpften Liquidität geschuldet. Diese Liquidität wird jedoch in der Realwirtschaft in dieser Dimension nicht nachgefragt und tobt sich in Folge bei den Vermögenswerten aus. Dass bei einer solchen Entwicklung sich die Preise und Kurse zunehmend von der Realität entfernen, das ist die logische Konsequenz.
Das Liquiditätsargument könnte sich ja eigentlich just exakt in dem Moment aushebeln, an dem der Aktienmarkt gemäß allgemein akzeptierter Bewertungsstandards überteuert ist und günstige Titel immer schwerer zu finden sind. Aber wann und unter welchen Gesichtspunkten ist ein Aktienmarkt überteuert?
Basierend auf akzeptierten Bewertungskriterien wie Tobin’s Q, der Shiller-PE und der Kapitalisierung des US-Aktienmarkts in Relation zum GDP, können wir sicherlich von einer Überbewertung reden, nur werden uns diese Fakten nicht verraten, wann es an den Börsen abwärts geht und es somit Zeit wird, sich shortseitig zu positionieren. Es ist unmöglich, exakt einzuschätzen und zu wissen, wie und wann Bewertungen denn korrigiert werden.
Speziell die jüngere Vergangenheit der verflossenen zwei bis drei Dekaden hat uns vor Augen geführt, dass sich die Zeiten nicht nur mit dem Siegeszug des Computers verändert haben, nein, sie dürften wohl auch ab dem Punkt eine Änderung erfahren haben, seit die Fed beginnend mit dem Vorsitz von Alan Greenspan und mit der einhergehenden Politik ebenfalls die Börsen moderierten. Seit Greenspan wurde jeder grössere Kurseinbruch mit massiver Liquiditätszufuhr gestoppt. Börsenabschwünge, welche im vergangenen Jahrhundert durchaus zehn oder auch zwanzig Jahre andauern konnten, die wirken mittlerweile wie Relikte aus grauer Vorzeit. Unter dieser Prämisse scheint es aktuell schwer vorstellbar, dass sich die Börsenzyklen, wie historisch ableitbar, gleich einem Pendel immer von Phasen der Unterbewertung zu Phasen einer Überbewertung schwingen bzw. geschwungen hatten.
Aus historischer Sicht war es stets als gesichert anzusehen, dass wenn die zyklisch Shillersche PE-Ratio über 23 stieg, sich ein Bullenmarkt unweigerlich dem Ende entgegen neigte. Als genauso gesichert galt es, dass ein Bärenmarkt bei einer PE-Ratio unter 10 sein baldiges Ende fand.
Seit den 80/90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts scheint jedoch aufgrund der Fed-Moderation eben so etwas wie eine Gezeitenwende am US-Aktienmarkt eingesetzt zu haben. Eine PE-Ratio nach Shiller von teilweise weit über 20 ist mittlerweile seit über zwanzig Jahren fast wie ein "Normalniveau" zu betrachten, der unliebsame Ausreisser nach unten in 2009, d.h. exakt bis auf die kurzfristige Unterbrechung in der Überbewertung, als wohl die Fed-Verantwortlichen gerade zur Mittagspause unterwegs waren, wurden wie in der Vergangenheit mit immer rigoroseren Massnahmen in kürzester Zeit aufgefangen. Die Börsen zeigten daher gerade in der jüngsten Vergangenheit nach äußerst heftigen Kurseinbrüchen vertikaler Natur eben das Muster, dass sie teilweise in V-förmigen Erholungen zurückgeschnellt sind.
Die Fed und mittlerweile auch andere Notenbanken inflationieren also die Aktien- bzw. Assetpreise durchgängig. Während es in der heissen Phase der Krise 2007/2008 darum ging, die Finanzmärkte vor dem Kollaps zu bewahren, sagte Bernanke ja später, sein Ziel sei es, die Vermögensmärkte aufzupumpen. Dadurch würden sich die Leute wohlhabender fühlen, mehr konsumieren und so die Realwirtschaft ankurbeln. Funktioniert hat diese Strategie allerding bis heute nicht, und die wahren Probleme, nämlich die riesigen Schuldenüberhänge, die dieser Krise zugrunde lagen und noch liegen, sind durch die ultralockere Geldpolitik ja nicht im Entferntesten gelöst worden. Schulden werden eigentlich nur laufend gerollt, so dass so ziemlich alle der Illusion erliegen, hier würden Schulden abgetragen bzw. Kredite würden zurückgezahlt.
Von daher stimmen mich Aussagen, dass die Fed von einer stimulierenden zu einer neutralen oder restriktiveren Geldpolitik übergehen könnte, eher erheiternd. Es erscheint momentan schwerlich vorstellbar, dass die Fed die Bedingungen an den Kreditmärkten straffen könnte. Der unmittelbar einsetzende Entzug, der Cold Turkey, wäre in dieser überschuldeten Landschaft nun eben doch zu heftig, der "Inflate or die-Modus" verharrt somit weiterhin in Full Force.
Was die Zinsen anbelangt, so hat die neue Fed-Chefin Janet Yellen vor kurzem unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Fed sich hüten wird, die Zinsen vorschnell anzuheben. Ein Einbruch nicht nur des Aktienmarkts wäre gewiss und die fragile wirtschaftliche Entwicklung käme vollends unter die Räder sprich würde erneut in die Rezession absacken. Die Zinsen werden sich somit weiterhin auf rekordtiefem Niveau bewegen. Ob es da überhaupt in nächster Zeit zu einer Zinserhöhung kommen wird, das hängt nicht unbedingt davon ab, ob der Fed die Konjunkturdaten genehm sind, sondern haben auch sicherlich mit dem Schuldendienst der USA zu tun.
Desweiteren pumpt die Fed nach eigenen Angaben demnächst zwar weniger Liquidität in den Markt als bisher, aber die genannt geringeren Beträge erscheinen unter dem Gesichtspunkt doch eher marginal. Die Geldschleusen bleiben also noch weit geöffnet und könnten jederzeit auch wieder noch ein Stück weiter aufgerissen werden, was aller Erfahrung nach zu einer weiteren Bildung bzw. Vergrösserung von Blasen in Vermögenswerten aller Art führt. Felix Zulauf schreibt aktuell, dass diverse Märkte schon sehr hoch bewertet sind und es könnte noch viel exzessiver werden. Wenn das System erneut in eine tiefe Krise fallen sollte, die Entscheidungsträger vermutlich aber nicht dazugelernt haben und die Krise mit den gleichen Mitteln wie bisher bekämpfen werden – nur in viel, viel grösserem Umfang.
Es ist müßig darüber zu spekulieren, wann derartiges Treiben an seine Grenzen stossen könnte. Expansive Strategien scheitern allerdings genau dann, wenn diese in prekären Phasen noch intensiviert werden, historische Zeugnisse gibt es dafür zu Genüge. Katastrophale Überschuldungen mit immer gigantischeren Geldflutungen zu entgegnen zeugt davon, dass andere Möglichkeiten überhaupt nicht mehr in Erwägung gezogen werden. Der Tunnelblick der Alternativlosigkeit, das weitere Verfahren der "erprobten" Modi in Kombination mit den in der jüngeren Vergangenheit gemachten Erfahrungen, das dürfte sich letztendlich als Falle erweisen.
Dürfen wir Bären uns bis dahin in der tosenden See des unendlichen Fiat-Geldes wie niedliche kleine Ameisen fühlen, welche sich noch hoffnungsvoll an ein Stück Treibholz klammern, bevor sie von dem nächsten Fiat-Tsunami hinweggespült werden?
LOL. ----------- Bubbles are normal and non-bubble times are depressions! |