In Andalusien liegt eines der weltweit führenden Forschungszentren für Solarenergie, die Plataforma Solar. Was die Wissenschaftler hier mit ausgetüftelt haben, geht bald in den Praxistest: das erste Solarthermie-Kraftwerk. Ein wahrer Gigant, denn mit den Kollektoren der beiden Anlagen könnte man 140 Fußballfelder bedecken. MADRID. Die Sonne Andalusiens brennt wieder besonders grausam an diesem blauen Frühlingstag. Schon im April ist in der hügeligen Landschaft rund um die Hafenstadt Almería alles verdorrt. Hier, inmitten der Berge, wo das Thermometer im Sommer auf über 45 Grad klettert, liegt die Plataforma Solar. Was die Wissenschaftler hier mit ausgetüftelt haben, geht knapp 80 Kilometer nordwestlich bald in den Praxistest: In der Hochebene von Guadix baut die deutsche Solar Millennium gerade die Solarthermie-Kraftwerke Andasol 1 und 2. Andasol 1 soll 2008 ans Netz gehen und 50 Megawatt Leistung liefern, sein fast baugleicher Zwilling rund ein Jahr später. Etwa 1 800 Sonnenstunden im Jahr locken nicht nur Urlauber, sondern zunehmend auch deutsche Solarenergiefirmen nach Spanien. Solarworld, Solar Millennium oder Conergy teilen sich den Markt mit spanischen Stromkonzernen wie Iberdrola, Unión Fenosa, Endesa, Acciona oder Abengoa. 550 Mill. Euro setzte die Branche im vergangenen Jahr um. Die Unternehmensberatung DBK geht davon aus, dass sich das Volumen im laufenden Jahr fast verdoppeln wird. Allein Conergy hat heute 200 Mitarbeiter in Spanien und wird in den nächsten Jahren knapp 400 Mill. Euro in Solarparks investieren. Dabei haben die Spanier den Boom lange verschlafen. Erst die Subventions- und Förderpolitik der vergangenen Jahre hat das Geschäft mit der Sonne angekurbelt. Obwohl Spanien für seine langwierige Bürokratie und Vetternwirtschaft bekannt ist, werden Solarlizenzen heute vergleichsweise schnell erteilt: „Im Durchschnitt dauert es eineinhalb Jahre vom Antrag bis zum Spatenstich“, sagt Reinout vom spanisch-britischen Solarpark-Entwickler Sunstroom, der in der nordspanischen Provinz Navarra gerade eine Zehn-Megawatt-Anlage baut. Privatanlegern, die sich an Solarparks beteiligen, wird nicht nur zehn Jahre lang eine zehnprozentige Rendite garantiert, sondern sie können von der Investitionssumme jährlich noch zehn Prozent steuerlich absetzen. Und Betreiber der weit verbreiteten kleineren Solarparks bekommen 44 Cent für jede Kilowattstunde Strom, die sie ins Netz einspeisen. In Deutschland liegt die Vergütung zwar noch höher, aber hier zu Lande gibt es kaum noch Wachstumsmöglichkeiten. „Ein großer Vorteil Spaniens ist nicht nur die Sonne, sondern auch die geringe Besiedlung“, sagt Thomas-Tim Sävecke, Geschäftsführer der Conergy-Tochter Euporon. „Da ist Platz für große Anlagen.“ So gibt es im Land bereits 400 Solarparks. In Regionen wie Navarra, wo rund 30 Prozent der spanischen Photovoltaik-Kapazität installiert sind, werden Investoren auch deshalb mit Subventionen geködert, weil die Solarbranche die Arbeitsplätze ersetzen soll, die in der wenig rentablen Landwirtschaft oder in Industriebetrieben wegfallen. Auch die sehr trockenen südspanischen Regionen Murcia und Andalusien setzen auf diese Karte. So hat die Firma Solar de Abengoa Ende März in Sanlúcar bei Sevilla ein riesiges Solarthermie-Kraftwerk ans Netz genommen. „Viele Bauern sehen in dem Verkauf oder der Verpachtung von Land oder in der Beteiligung an einem Solarpark angesichts der bald wegfallenden Subventionen aus Brüssel den einzigen Ausweg aus der Finanzkrise“, sagt Javier Belarra Gorrochategui vom Industrieministerium der Regierung in Navarra. Allerdings rufen die staatlichen Subventionen für die Solarbranche auch Spekulanten auf den Plan: „Es wird viel angekündigt, und nachher fehlen die Baulizenzen“, sagt Fernando Sánchez, technischer Direktor beim nationalen Zentrum für erneuerbare Energie in der nordspanischen Region Navarra. „Das hat die Nachfragen nach Modulen künstlich angekurbelt und damit die Preise.“ Die regierenden Sozialisten haben deshalb schon erwogen, die Vergütung für Solarstrom herunterzufahren. „Aber man hat sich dagegen entschieden, weil es heute in Spanien kaum eine Bank, ein Bauunternehmen oder eine Beteiligungsgesellschaft gibt, die nicht in den Solarmarkt investiert hat“, erklärt Sunstroom-Mann Das. „Der Aufschrei wäre riesig.“ Auch wenn über die Förderpolitik neu nachgedacht wird, ist Das überzeugt, dass die Sonnenenergie in Spanien erst am Anfang steht. Nach einer Studie von Greenpeace könnten die Iberer mit Hilfe leistungsfähiger Solarkraftwerke schon in ein paar Jahrzehnten die gesamte Stromnachfrage auf dem heimischen Markt decken. Anders als etwa in Deutschland, wo sich vor allem die Grünen für erneuerbare Energien stark gemacht haben, gibt es in Spanien allerdings keine wirklich einflussreiche ökologische Bewegung. „Hier investiert kaum einer, weil es ökologisch sinnvoll ist“, erklärt Das die Motivation der Geldgeber: „Die meisten sehen nur die sichere Rentabilität.“ Das gilt auch für den Mischkonzern Acciona, der Eon beim Kampf um den größten spanischen Versorger Endesa ausgestochen hat. Nun will er den Stromkonzern zusammen mit der italienischen Enel zum weltgrößten Produzenten von erneuerbaren Energien machen – auch mit Hilfe der Sonne.
Handelsblatt 04.05.2007 |