Internettelefonie eröffnet der Telekom auch Chancen
In den Telekommarkt kommt Bewegung. Ein weiteres Thema in diesem Kapital ist Ubisoft. Die Deutsche Telekom geht in Spanien mit Sprachdiensten auf DSL-Kundenfang, und der hiesige Regulierer vergibt noch diesen Monat eigens neue Rufnummernblöcke für Internettelefone, sogar fürs Ortsnetz. Damit scheint das früher belächelte Steckenpferd von Power-Surfern, die Internettelefonie (VoIP), zum Zugpferd für das hoffnungsbeladene Breitbandwachstum geadelt. Hier zu Lande telefoniert derweil zwar nur ein Prozent der Privathaushalte übers Internet, wiewohl zumindest zwei Fünftel der Firmen schon über die nötige Infrastruktur verfügen. Behält Forrester Research jedoch Recht, hat VoIP in 15 Jahren andere Telefoniearten verdrängt - komplett. Doch wird diese Entwicklung unseren bislang doch soliden, 20 Mrd. Euro schweren Festnetzmarkt schlagartig durcheinander wirbeln? Das tangiert vor allem die Deutsche Telekom, die 2003 immerhin noch 58 Prozent der Gesprächsminuten an sich zog. Anders als zuvor Call-by-Call und Preselection könnte VoIP theoretisch nämlich selbst die loyalen deutschen Telefonkunden in die Arme alternativer Anbieter treiben. Denn die noch andauernden Kinderkrankheiten wie Sprachqualität, Datenschutz und Abhörsicherheit werden gleich durch einen ganzen Strauß von Vorzügen wettgemacht: Über nur eine Nummer ist man prinzipiell überall da erreichbar, wo es einen Internetzugang gibt - selbst drahtlos. Spezielle Geräte sind nicht zwingend erforderlich. Es braucht nur einen Rechner, um per Mausklick über eine Leitung aus der Anwendung gleich mehrere Gespräche aufzubauen - auch als Videokonferenz - und zugleich im Netz zu surfen. Vor allem aber soll die Internettelefonie unschlagbar billig sein. Da die Gespräche übers Internet laufen, spielt Entfernung kaum eine Rolle, und die Anbieter sparen sich die Durchleitungsgebühren an die Telekom. Allerdings ist ein Breitbandzugang unabdingbare Voraussetzung, womit selbst Vieltelefonierer unter dem Strich eher nur 20 Prozent sparen dürften - allenfalls zwei Fünftel, falls man sich irgendwann den alten Telefonanschluss schenken kann. Logisch, dass da die Internetzugangsanbieter am meisten von VoIP profitieren sollen. Von denen aber ist die Telekom eben unangefochten der Größte. Die möglichen Einbußen der Bonner dürften sich also in Grenzen halten - falls sie ihre Karten auch rechtzeitig ausspielen. Ubisoft
Ubisoft weiß ganz genau, wie man den Feind in die Irre führt. Der französische Videospielhersteller - dessen Verkaufsschlager auf Tom-Clancy-Thriller beruhen - ist unter Beschuss. Kurz vor Weihnachten eröffnete der US-Konkurrent Electronic Arts (EA) den Kampf, indem er einen Anteil von 19,9 Prozent kaufte. Die fünf Ubisoft-Gründer besitzen alles in allem zwar nur 17,5 Prozent der Anteile, aber 26,5 Prozent der Stimmrechte. Sie verfügen außerdem über alle Sitze im Board des Unternehmens - und haben heftigen Widerstand gegen EA angekündigt. Nun bestreitet Ubisoft, Verhandlungen mit potenziellen Partnern zu führen. Die Firma hat aber ganz eindeutig bei Vivendi Universal und Infogrames Entertainment vorgefühlt, wie auch beim französischen Staat. Eigentlich braucht sich EA darüber keine Sorgen machen. Infogrames steht auf der Kippe und durchläuft eine Kapitalumstrukturierung. Und Vivendi versucht seit Jahren, einen Käufer für die verlustreiche Spielesparte zu finden. Keiner der beiden ist ein wahrscheinlicher weißer Ritter. EA dagegen könnte Mehrwert schaffen. Ubisoft hat eine Reihe viel gepriesener Spiele, die von EAs Vertriebskraft und Entwicklungsfachwissen profitieren könnten. Dieser zusätzliche Wachstumsschub wäre besonders deshalb willkommen, weil sich der Absatzzuwachs von Spielen derzeit wegen der Umstellung auf die nächste Generation von Konsolen verlangsamt. Auch die Kulturunterschiede sollten nicht unüberwindbar sein, da ohnehin etwa die Hälfte der Ubisoft-Entwicklung in Nordamerika getätigt wird. Aber Ubisoft könnte durchaus ein aktienfinanziertes Übernahmeangebot für Vivendi Games vorlegen, um EAs Anteil zu verwässern und die Wettbewerbshürden zu erhöhen. Vermutlich könnte Ubisoft dabei auf Hilfe von staatsnahen Banken hoffen. Zudem sitzt EA bereits auf unrealisierten Kursgewinnen und könnte sich die Sache also noch mal überlegen. Ubisoft wird mit dem 32fachen des Gewinns gehandelt und ist damit nicht mehr gerade billig, selbst an den Verhältnissen an der Wall Street gemessen. Obsiegt der politische Druck, wäre die Bewertung noch weniger zu rechtfertigen. Schwer zu sagen, warum der französische Staat sich darum sorgt, dass eine französische Firma in US-Hände fallen könnte, die von einem US-Autor inspirierte Videospiele herstellt. Anderseits, wie Tom Clancy es ausdrückt, besteht der Unterschied zwischen Fiktion und Wirklichkeit darin, dass die Fiktion Sinn ergeben muss. |