Handelsblatt vom 15.05.07 Alstom peilt weiter Richtung Areva
Gute Geschäfte erlauben völlige Entschuldung
PARIS. Der französische Energie- und Transport-Konzern Alstom bleibt an einer vertieften Zusammenarbeit mit der staatlichen Nuklear-Holding Areva interessiert. Das sagte Alstom-Chef Patrick Kron gestern in Paris bei der Vorstellung der Jahresergebnisse, fügte aber einschränkend hinzu: "Der Prozess der Privatisierung Arevas ist derzeit nicht gestartet, wir werden weitersehen, wenn es soweit ist."
Seit dem Sieg von Nicolas Sarkozy bei der Wahl zum französischen Staatspräsidenten haben die Spekulationen um ein Zusammenrücken von Alstom und Areva neue Nahrung bekommen. Denn Sarkozy gilt als enger Freund von Martin Bouygues, Chef des gleichnamigen Mischkonzerns (Bau, Mobiltelefonie, Fernsehen). Bouygues, mit 25 Prozent größter Alstom-Aktionär, hatte mehrmals klar gemacht, dass er an Arevas Aktivitäten zum Bau von Kernkraftwerken interessiert ist.
Diese Tochter, Areva Nuclear Power, gehört indes zu 34 Prozent Siemens. Die Analysten von Cheuvreux setzten gestern ihr Preisziel für Alstom hoch, unter anderem, da sie in absehbarer Zeit mit einem Zusammenrücken von Alstom, Areva und Bouygues rechnen.
Dank guter Jahresergebnisse will Alstom seinen Aktionären zum ersten Mal seit dem Jahr 2001 wieder eine Dividende zahlen, sie soll 80 Cents betragen. Weiterer Ausdruck der Zuversicht: Kron nannte gestern Rendite-Ziele für den Zeitraum 2009/2010: Er stellte eine Marge von über acht Prozent in Aussicht. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/2007 (Stichtag: 31. März) betrug die Betriebsmarge 6,7 Prozent (Vorjahr: 5,5 Prozent). Die Börse hatte gute Zahlen erwartet, Anleger nahmen Kursgewinne mit und drückten so die Alstom-Aktie um mehr als ein Prozent ins Minus. Analysten nannten die Ergebnisse exzellent.
Alstom verdient vor allem mit seiner Kraftwerkstechnologie und den Energieservices (Wartung) am weltweiten Hunger nach Energie. Der Betriebsgewinn legte um 40 Prozent auf 957 Mill. Euro zu, der Nettogewinn um 152 Prozent auf 448 Mill. Euro. Der Gewinn wäre noch höher ausgefallen, hätte Alstom nicht Rückstellungen für eine Kartellstrafe für seine an Areva verkauften Energie-Transport-Tochter T&D bilden müssen. Die Bestellungen nahmen um 34 Prozent auf rund 19 Mrd. Euro zu. Das Auftragsbuch umfasst damit 32 Mrd. Euro, damit hat Alstom zwei Jahresumsätze bereits in den Büchern.
Alstom hat die guten Ergebnisse genutzt, um die Schulden auf de facto null herunterzufahren. Trotz der wiedergewonnenen finanziellen Flexibilität will Konzern-Chef Kron vorsichtig bleiben und vor allem auf organisches Wachstum setzen. Allenfalls gezielte Zukäufe seien denkbar.
Dennoch will Alstom das Spektrum seiner Aktivitäten ausbauen. "Im Sektor der eneuerbaren Energien, vor allem der Windenergie, könnte es Enwicklungsmöglichkeiten geben", sagte Kron. Angesichts der überhöhten Preise für die börsennotierten Gesellschaften sei der Markteintritt indes schwierig. Als Alternativen, um den Eintritt in den Markt für Windenergie-Technologie zu schaffen, nannte Kron Eigenentwicklungen, den Zukauf von Technologien oder eine kleinere Übernahme. ali
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