Investoren stärken Telekom-Chef trotz Kritik den Rücken
Trotz ihrer teilweise deutlichen Kritik an der Entwicklung der Deutschen Telekom stärken die Investoren Konzernchef Kai-Uwe Ricke derzeit den Rücken. Der Druck auf den Telekom-Chef ist dennoch groß - er muss zeigen, dass die Zahlen wieder besser werden.
jkn / dri / tnt FRANKFURT. "Ein personeller Wechsel, sowohl was die Management- als auch die Aufsichtsratsspitze betrifft, wäre das Letzte, was der Deutschen Telekom jetzt hilft", sagte Klaus Kaldemorgen, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft DWS, dem Handelsblatt. "Es wäre aus unserer Sicht fatal, weil dann zu viel Zeit verloren geht. Herr Ricke und sein Team verstehen etwas von dem Markt, nun muss man ihnen auch die Gelegenheit geben, das alles angesichts des sehr harten Wettbewerbs zügig umzusetzen."
Die Telekom hat im ersten Halbjahr eine Million Festnetzkunden verloren. Zudem korrigierte der Konzern vor kurzem seine Prognose für den Umsatz und den Gewinn deutlich nach unten. Nun will Ricke mit Preissenkungen wieder Boden gut machen. Doch einige Investoren bleiben skeptisch. "Die Kernfrage für uns ist, warum jetzt plötzlich so schnell ein Strategiewechsel erforderlich sein soll. Hat man den Markt falsch eingeschätzt? Diese Frage ist für uns immer noch unbeantwortet, ungeachtet des sicherlich schwierigen Marktumfeldes, was aber auch vorhersehbar war", sagte Andreas Mark, Fondsmanager bei Union Investment. "Die Performance der Telekom ist unbefriedigend." Dennoch warnt auch Mark davor, am Stuhl des Telekom-Chefs zu sägen: "Eine Personaldebatte ist aus unserer Sicht völlig verfrüht. Herr Ricke hat seit seinem Amtsantritt bis auf die letzten Quartale immer die Erwartungen erfüllt." Man könne nicht den Chef auswechseln, wenn es mal ein paar Monate schlecht läuft.
Auch der Bund als größter Anteilseigner will die Probleme bei der Telekom mit dem vorhandenen Management lösen. "Wir erwarten weiterhin, dass die Telekom-Spitze im Herbst eine Strategie vorlegt, mit der das Unternehmen wieder nach vorne kommt", hieß es aus der Umgebung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Die Lage der Telekom sei seit längerem bekannt. Es habe sich seit dem Frühjahr, als der Bund Blackstone als neuen Großinvestor gewann, nichts grundsätzlich zwischen Telekom-Vorstand und Finanzministerium geändert.
Dennoch arbeitet Ricke gegen die Zeit. "Der Druck ist angesichts der bevorstehenden Vertragsverlängerung von Herrn Ricke größer geworden. Er muss nun zeigen, dass die Zahlen wieder besser werden", sagt Mark von Union Investment. Rickes Vertrag läuft im November 2007 aus. Üblicherweise beginnen die Gespräche über eine Verlängerung etwa ein Jahr vorher. Ricke bleibt nur noch wenig Zeit, bessere Resultate zu zeigen.
Dabei gibt es nach Ansicht der Investoren gleich mehrere Baustellen. Kaldemorgen von DWS: "Die Telekom gilt als zu teuer, sie muss weg von dem Ruf, eine Apotheke zu sein. Und das Unternehmen hat zu hohe Kosten. Hier hat es Herr Ricke wegen der Geschichte als ehemaliges Staatsunternehmen sicherlich nicht einfach". Dringenden Nachholdbedarf gebe es zudem bei der Technologie. "Das Management hat bestimmte Entwicklungen falsch eingeschätzt. So sind etwa British Telecom und KPN deutlich schneller bei der Umstellung des Netzes auf IP-Technologie."
Grundsätzlich erkennen die Investoren durchaus an, dass die gesamte Branche in Schwierigkeiten steckt. "Das Umfeld ist für die Telekombranche wie es ist, und daran kann auch Kai-Uwe Ricke nichts ändern", sagt Frank Rothauge von Sal. Oppenheim. Allerdings hätte die Telekom seiner Meinung nach die Prognose für das operative Ergebnis bereits nach dem ersten Quartal reduzieren müssen und nicht erst zum Halbjahr. Das habe bei Investoren Vertrauen gekostet, denn auch mancher Anlageprofi fühle sich von der "Salamitaktik" verschaukelt.
Die Telekom selbst hält sich bedeckt. Das Interesse der Investoren sei groß, mit dem Vorstand zu sprechen und natürlich werde der weitere Kurs auch intensiv hinterfragt, hieß es lediglich. Insgesamt würden aber konstruktive Diskussionen geführt, sagte ein Konzernsprecher. Die "Wirtschaftswoche" schreibt, zwischen Ricke und seinem Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick sei ein Machtkampf um den Vorstandsvorsitz entbrannt. Eick wolle allen öffentlichen Loyalitätsbekundungen zum Trotz Ricke lieber heute als morgen ablösen. Seine Chancen seien allerdings gering. "Selbst wenn Ricke gehen muss, rückt Eick nicht automatisch nach", heiße es in Aufsichtsratskreisen.
Quelle: Handelsblatt.com |