Favorit des Tages Trendwende verspricht locker 100 Prozent [12:15, 30.10.12]
Seite 1 | 2Von Franz-Georg Wenner
Die Druckindustrie liegt am Boden. Der Druckmaschinenzulieferer Technotrans nutzt den Niedergang, um neue Märkte zu erschließen und wandelt sich zu einem Technologieunternehmen. Geht die Strategie auf, ist eine Kursverdopplung des KGV-Schnäppchens durchaus möglich.
Aktien aus dem Nebenwertesektor bergen oft ein höheres Risiko für den Anleger als breit aufgestellte und konjunkturresistentere Schwergewichte. Verschärft wird das Risiko, wenn zentrale Säulen der Geschäftstätigkeit aufgrund technischer Umwälzungen an Bedeutung verschwinden und die Unternehmen neue Erlösquellen in meist kurzer Zeit erschließen müssen. Bei börsengelisteten Werten erhöht sich sogar noch der Druck, was nicht selten zu Engpässen bei der Finanzierung führt. Dennoch gelingt immer wieder einigen Unternehmen ein erstaunliches Comeback, wie Technotrans.
Vor rund fünf Jahren notierte die Aktie noch bei 25 Euro, danach rauschte der Wert bis auf drei Euro und zeigt erst seit wenigen Monaten wieder Lebenszeichen. Kein Wunder, denn Technotrans verdiente früher gutes Geld als Druckmaschinenzulieferer. Die Spezialisten aus Westfalen sind Marktführer bei Druckflüssigkeitssystemen und beliefern bekannte Branchengrößen wie Heidelberger Druck oder Koenig & Bauer. Rund zwei Drittel der Erlöse werden auf dem deutschen Markt generiert, doch der weist seit Jahren deutlich nach unten. Der Siegeszug bei den Smartphones, Tablets & Co. geht einher mit einer sinkenden Auflage in der Zeitungs- und Zeitschriftenbranche. Schlecht für Technotrans, wie auch die Zahlen für die ersten sechs Monate zeigen.
Mit Umsätzen von 42 Mio. Euro zwischen Januar bis Juni erlöste der Systemanbieter rund 13 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Hier lohnt es sich aber, etwas genauer die Bilanz zu studieren. Denn im zweiten Semester lag der Umsatz von 21,6 Mio. Euro nicht nur um rund 0,4 Mio. Euro über den Prognosen, sondern stellte auch eine Verbesserung im Vergleich zum ersten Quartal dar, als 20,4 Mio. Euro durch die Bücher gingen. Erfreulich zudem, dass der Bereich „Services“ zunehmend mit einer positiven Umsatz- und Ergebnisentwicklung aufwartet und im vergangenen Jahr bereits 37 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuerte. Mit der Wartung von Druckmaschinen-Komponenten und Installation von Software verdiente Technotrans 17,6 Mio. Euro im ersten Halbjahr und damit gut zwei Prozent mehr. Deutliche Umsatzrückgänge verzeichnete hingegen das nach wie vor größte Standbein „Technology“. Allerdings gilt es hier auch einige Sonderfaktoren zu berücksichtigen. Neben dem schwachen konjunkturellen Umfeld belasteten vor allem Kosten der wichtigen Druckmesse „Drupa“. Erfahrungsgemäß kommt es vor der alle fünf Jahre stattfindenden, wichtigsten Ausstellung zu einer spürbaren Investitionszurückhaltung auf der Nachfrageseite.
Neue Märkte, neue Chancen Da wohl auch mittel- bis langfristig die Aussichten für die Druckindustrie mau bleiben, setzt das Management bereits erfolgreich auf eine strategische Neuaufstellung. Nachdem in 2010 eine Kooperation mit dem Laserkühlungsspezialisten Thermotek bekannt wurde, erfolgte im vergangenen Jahr die Akquisition. Technotrans sicherte sich so den Zugang zum globalen Megatrend Lasertechnik, der auch in Zukunft mit starken Wachstumszahlen auftrumpfen dürfte. Nach Einschätzung der Experten von Montega wird sich auch in den kommenden Monaten die verstärkte Ausrichtung von Technotrans auf Applikationen außerhalb des Print-Geschäfts fortsetzen. Die finanziellen Ressourcen lassen durchaus auch größere Übernahmen im Bereich von 50 bis 60 Mio. Euro zu. Seit Jahren nachhaltige positive Cash-flows bilden die Basis. Zudem nutzte Technotrans das derzeit niedrige Zinsniveau, um Darlehen zu tilgen und die künftige Finanzierungsstruktur zu verbessern. Ende Juni schlummerten rund 14,8 Mio. Euro an liquiden Mitteln in der Schatztruhe, 4,8 Mio. Euro mehr als im Vorjahr.
Als möglicher nächster Coup wird eine Übernahme der KLH Kältetechnik GmbH gehandelt. Ende September gab Technotrans bekannt, dass beide Unternehmen ihre Fertigung in China an einem gemeinsamen Standort zusammenlegen werden. KLH produziert Kühlsysteme für den asiatischen Markt, die vor allem in der Laserindustrie zum Einsatz kommen. Durch die gemeinsame Fertigung profitieren beide Unternehmen von einer besseren Auslastung der Kapazitäten, größeren Flexibilität bei kurzfristigen Nachfrageschwankungen und Reduktion der Strukturkosten. Sollte es zu einer Übernahme kommen, steigt Technotrans zu einem Komplettanbieter für Laserkühlungen auf und würde so die Abhängigkeit von der Druckindustrie weiter verringern. Neben der Werkzeug- und Laserindustrie schaut sich Technotrans auch den Bereich Medizintechnik an, der bei der Kühlung ein großes Potenzial im Seriengeschäft als auch im Projektgeschäft verspricht. Flankiert werden die Maßnahmen durch eigene Entwicklungen. Positive Resonanz von Kundenseite zu neuen Produkten für die Sprühbeölung bei der Blechbearbeitung lassen auf weitere Wachstumspotenziale schließen. Angepeilt wird, den Umsatzanteil aus Bereich jenseits der Druckindustrie innerhalb der nächsten drei Jahr auf 30 Prozent zu erhöhen. Im vergangenen Jahr lag die Quote noch bei 15 Prozent. Gut möglich, dass dieses Ziel bereits früher erreicht wird.
Fundamental ein Schnäppchen
Unter dem Strich ist die Technotrans-Aktie eine spekulative Turnaround-Wette, mit guten Aussichten auf Erfolg. Am Aktienmarkt scheinen die ersten Investoren auf den Wert zu setzen. Nach dem Niedergang im vergangenen Jahr zeigt der Wert seit Jahresbeginn eine deutliche Belebung und kostet rund 50 Prozent mehr. Aktuell notiert die Aktie nur wenige Cent unter dem Jahreshoch – ein Ausbruch würde Platz schaffen bis mindestens 7,50 Euro. Die Bewertung lässt durchaus Luft für höhere Kurse. Montega rechnet nach Umsätzen von 97,3 Mio. Euro in 2011 mit einer Stagnation im laufenden Jahr und 120 Mio. Euro in 2013. Dank der eingeleiteten Effizienzsteigerungen und der Erschließung neuer Märkte sollte das Ebit noch deutlicher anziehen und damit auch die Marke im kommenden Jahr auf 9,6 Prozent hieven. Zur Einordnung: 2011 lag die Quote noch bei schwachen fünf Prozent. Den 2013er-Gewinn je Aktie veranschlagen Analysten mit 1,07 Euro, was ein sehr günstiges KGV von 5,7 ergibt. Analyst Rhomas Rau siedelt das Kursziel 130 Prozent über dem aktuellen Kurs bei 14 Euro an. „Die Bewertungskennziffern liegen nicht nur deutlich unter den Multiples des Sektors, sondern spiegeln auch in keinster Weise den erwarteten Turnaround, die Rückkehr zur alten Ertragsstärke sowie die geplante Transformation zu einem integrierten Technologieunternehmen wieder“, heißt es in der Montega-Studie.
BÖRSE ONLINE kalkuliert zunächst noch deutlich konservativer und rechnet nur mit einem Ergebnis je Aktie im kommenden Jahr von 0,68 Euro. Aber auch auf dieser Basis liegt die Bewertung nur bei rund neun. Zusätzliche Fantasie verspricht zudem eine Wideraufnahme der Dividendenzahlungen. Zuletzt erhielten Aktionäre in 2007 0,70 Euro je Papier. Läuft es gut, könnte die Ausschüttung wieder aufgenommen werden, was neue Investoren anlockt.
http://www.boerse-online.de/aktie/empfehlung/...ozent/642911.html?p=1 |