Hier mal eine fast philosophische Betrachtung von J. Steffens (kann leider keinen Link dazu reinstellen) Am Ende des Geldes fehlt oft noch so viel Erfahrung von Jochen Steffens Der Dax hat heute seinen ersten Ausbruch über die 6400 Punkte gewagt. Dieser Ausbruch muss nun nachhaltig werden, da sich, wie in den Sommermonaten üblich, die Fehlsignale häufen.  In vielen Dax-Charts sind in der letzten Woche wichtige Marken nach unten gebrochen worden (Aufwärtstrends, Widerstände, etc). Die starke Gegenbewegung ist ein erster Hinweis, dass dieser Abverkauf nach unten in einzelnen Aktien womöglich ein Fehlsignal war. Sollte es ein Fehlsignal gewesen sein, wäre dies ein bullishes Zeichen. Dazu muss, wie gesagt, die 6400-Punkte-Marke nachhaltig gebrochen werden. Ein einzelner Tag reicht da nicht aus. Also bleibt etwas Zeit, um über andere Dinge zu schreiben. Trader werden Am Samstag habe ich mich mit einem Traderkollegen getroffen, der seit einigen Jahren neben seinem Job versucht, sein Trading zu perfektionieren. Er gehört zu den Tradern, denen ich eine reelle Chance einräume, tatsächlich einmal davon leben zu können. Natürlich ist es immer schwer, das zu beurteilen, aber er hat bestimmte Voraussetzungen, die maßgeblich für den Erfolg verantwortlich sind. Dazu gehört neben Intelligenz und einer schnellen Auffassungsgabe, die durchaus viele mitbringen, eine unnachgiebige Bereitschaft, sehr viel Zeit zu opfern, immer neue Wege zu finden, sich immer neue Tradingideen und „Systeme“ zu erkämpfen und ein ungebrochener Willen, zu den Besten gehören zu wollen. Aber, und das ist ein Punkt den viele Anwärter vergessen, eben auch seinen Job weiter zu machen, um Geld zu verdienen. Das ist so lange unablässlich, bis der Erfolg verlässlich ist. Am Ende des Geldes fehlt noch so viel Erfahrung Tatsächlich haben viele Anleger, die auf verschiedene Weise die Börse entdecken, irgendwann die Idee, ein Leben als Trader zu führen. Gerade Menschen, die ihren Job verloren haben und noch etwas Vermögen besitzen, erhoffen sich hier eine „schnelle“ neue Verdienstmöglichkeit. Leider sind allerdings sehr oft entweder das Geld oder die Nerven zu Ende, bevor „die Ausbildung“ abgeschlossen ist. Und man muss leider viel Geld verlieren, muss den Schmerz spüren, sonst wird man nie wissen, wovor man sich an den Börsen schützen muss. Da führt kein Weg dran vorbei. Besser ist es demnach, entweder über ein „beachtliches Vermögen zu verfügen“, oder über einen beständigen Geldzufluss, um die ersten fünf bis acht Jahre überstehen zu können. So lange braucht es mindestens, um dauerhaft erfolgreich sein zu können. Freiheit als Lebensziel Als Grund für seine intensive Beschäftigung mit der Börse gab mein Kollege an, dass er irgendwann niemandem gegenüber mehr verantwortlich sein will. Sein eigener Chef ein, ohne von Kunden abhängig zu sein, oder von Geldgebern, ohne mit anderen Menschen zusammenarbeiten zu „müssen“ und zu arbeiten, wann man will und wie lange man will. Tatsächlich empfinden viele gerade diese scheinbare Unverbindlichkeit als erstrebenswerte Form der Freiheit. Doch wie jede Freiheit, wird auch diese teuer erkauft. Die Börse lässt einen nicht mehr los, dieser unablässige Kampf zwischen Schmerz, Erfahrung und eigener Psyche. Wie drückte mein Kollege Michael Jansen es letztens aus: „Die meisten können einfach nicht nachvollziehen, dass man, wenn man Freitags von einer Party nach Hause kommt, erst noch einmal den Computer hochfährt, um zu sehen, was die Amis gemacht haben, bevor man schlafen geht. Die halten einen für vollkommen bekloppt.“ Doch nur eine romantische Vorstellung? Nein, Börse lässt einen nicht in Ruhe, besonders kurzfristige Trader nicht. Und die Unverbindlichkeit ist eine doch sehr romantische Vorstellung. Wenn man vom Traden lebt, ohne weiteres Einkommen, muss man beständig anwesend sein. Die guten Chancen, die großen Trades sind leider selten und diese darf man nicht verpassen. Und selbst wenn man Computersysteme benutzt, besteht die beständige Arbeit darin, diese Systeme an die neuen Marktgegebenheiten anzupassen. Es gibt kein System, das einfach so in allen Börsenphasen funktioniert. Das ist lediglich eine schöne Illusion. Der heilige Gral der Börsen ist bisher nicht gefunden worden und wird es auch nie, weil jedes System, das an die Börsen kommt, Teil der Börse selbst wird. Irgendwie erkauft man sich also diese scheinbare „Freiheit“ tatsächlich durch eine seltsame Form der Sklaverei. Man wird zum Sklave der ewig tickernden Kurse und Nachrichten, der Aufs uns Abs im Börsenalltag. Und die meisten Trader machen diese Aufs und Abs auch noch emotional mit – das bedeutet, die Stimmung wird abhängig von den Ereignissen an der Börse. Man braucht ein gehöriges Maß an Verrücktheit, um dieses Spiel der Spiele durchzustehen. Mein Kollege, mit dem ich zu Abend gegessen habe, bestand aber darauf, dass er sich dieser Sklaverei des Bildschirms unter keinen Umständen unterwerfen werde. Man darf gespannt sein. Viele Grüße Jochen Steffens ----------- You only learn who has been swimming naked when the tide goes out - W.Buffett |