Schröder-Köpf schreibt an Friede Springer Frau Friede Springer hat mich gebeten, auf Ihren offenen Brief zu antworten. Wie Sie wissen, bin ich bei Springer für die Postbearbeitung zuständig. Sie haben sich in einem Brief an meine Verlegerin darüber mokiert, daß ich in meiner "Bild"-Kolumne am Montag nicht nett über Politiker geschrieben habe. Das dürfen Sie, denn Sie sind die Frau eines Politikers. Sie haben darin Sätze geschrieben, die unsinnig sind. Das dürfen Sie nicht, denn Sie sind eine Journalistin. Ich schrieb zu dem Katastrophentourismus der Politiker in die Überschwemmungsgebiete: "Die Deutschen kennen sich im Elend aus. Meist haben Politiker sie ins Elend geführt. Wir werden uns selbst von dem Schlamm befreien. Sollen die Politiker ruhig ihre Wasser-Wahlreden halten." Früher, als Sie noch Journalistin waren und nicht Frau Bundeskanzler, haben Sie auch solche Sätze geschrieben. Heute aber, liebe Frau Schröder-Köpf, rümpfen Sie Ihr Näschen und schreiben an meine verehrte Verlegerin: "Der Schlamm bezieht sich nicht allein auf die Zerstörungen durch das Hochwasser. Ist diese Form von ,Schmutz-Journalismus' und Demokratieverachtung in Ihrem Sinne?" Gemach, Fräulein, gemach. Es ist rührend zu sehen, wie Sie, da die CDU es so sträflich vernachlässigt, jetzt endlich wieder das klassische Rollenbild der Frau mit Leben erfüllen. Ich sehe Sie vor mir, wie Sie die Zeitung lesen und dann zu Ihrem Mann rufen, der sich gerade im Bad vor dem Spiegel die Krawatte bindet: Gerd, das können die nicht mit dir machen! Als Gerd dann ins Büro gegangen war, haben Sie sich hingesetzt, so denke ich mal, und haben versucht, von Frau zu Frau, einen mahnenden Brief an meine Verlegerin zu schreiben. Leider ist dann wohl Franz Müntefering auf einen Kaffee bei Ihnen vorbeigekommen, hat gesehen, an wen Sie schreiben, und laut gerufen "Keine Briefe! Besser gleich verklagen!" Darauf Sie: Aber wegen des Hochwassers sind doch alle Verbindungen nach Magdeburg unterbrochen, wo soll ich mich denn dann mit Kai Diekmann zu vergeblichen Vermittlungsgesprächen treffen? Da hat dann Müntefering nachgedacht. Er zwirbelt lange mit der linken Hand seine rechte Augenbraue. Plötzlich springt er auf und ruft: "Ich hab's! Das ist ,Schmutzjournalismus'! Verstehst du, Doris? Wegen des Schlamms, das ist ein subtiler Vergleich, der zieht." Und schon schrieb Müntefering Ihren Brief zu Ende, in gewagter Ausdeutung seines Amtes als Generalsekretär. Ich kann mir vorstellen, daß Ihnen die ganze Sache jetzt schon peinlich ist. Nachdem Sie Ihr Buch "Der Kanzler wohnt im Swimming-Pool" genannt hatten, obwohl Ihnen doch klargewesen sein müßte, daß Sie ihn da mit Scharping verwechseln, ist das jetzt schon der zweite Klopper. Friede Springer, so schreiben Sie in Ihrem offenen Brief, "bevorzuge es, dezent im Hintergrund zu bleiben". Wollen Sie es nicht auch einmal damit versuchen?
Herzlichst, Ihr Franz-Josef Wagner.
flo
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2002, Nr. 193 / Seite 35 |