Wie stellst Du dir eine Durchsuchung bei Wirecard vor? Ein Trupp von 100 Fachleuten der Staatsanwaltschaft und Polizei riegelt alles mit der Waffe im Anschlag ab? Es handelt sich - wenn überhaupt - um ein Wirtschaftsdelikt. Und erst einmal nur um den Verdacht eines solches. Wie bei einem Fehlalarm bei einer Bank wird aber durchaus geklotzt und nicht gekleckert. Sprich, wenn was dran sein sollte (und das weiß man ja nicht) dann wählt man natürlich auch die Maßnahme welche alle möglicherweise vorhanden Belege forensisch (also gerichtsfest) sichert. Das braucht Zeit. Zeit in der Vorbereitung und Zeit in der Durchführung. Und darüber redet man erst einmal. Und zwar nicht von oben nach unten herab, sondern von Seiten eines Ermittlers der Strafverfolgungsbehörden mit einem Mitarbeiter der Firma Wirecard und letztlich mit den Beschuldigten soweit greifbar. Und greifbar heißt eben auch, dass man ggfs. soweit zeitlich vertretbar wartet um mit durchaus Respekt Maßnahmen durchzuführen zu denen man verpflichtet ist, die man aber ggfs. auch bei einem Unschuldigen durchführt. Und damit macht man dies unaufgeregt, in den einzelnen Büros der Bereiche die durchsucht werden dürfen. Was übrigens in Kooperation durchaus leichter geht. Und jetzt überlege Dir mal, wie lange es dauert, wenn ich zu Dir ins Büro komme, dir erkläre um was es geht und wir uns dann daran machen die Unterlagen zu sammeln die ich für richtig halte. Insbesondere weil diverse Unterlagen in gesicherten Bereichen, Accounts etc. liegen und ich sehr dankbar für deine Mitarbeit bin. Eine IR-Dame die mit einem Interessenten telefoniert - in einem anderen Stockwerk oder in verschlossenen Büros muss davon überhaupt nichts mitbekommen. Und selbst wenn, wird sie Dir das ganz sicher nicht am Telefon mitteilen. Du bist da schon sehr kritisch.
Und dazu wie lange es dauern kann bis es zu einem Ergebnis kommt: Am heutigen Tage wurde vermutlich noch nicht eine Zeile irgendeiner eMail forensich ausgewertet sondern erst einmal nur sortiert und verwaltet. Zunächst einmal wurde auch nur durchsucht und vermutlich auch beschlagnahmt. Die Auswertung und Sichtung kann sich über Wochen und gar Monate hinziehen. Hatten wir ja schon, das es schwer ist eine Nadel im Heuhaufen zu finden und ggfs. ist noch nicht einmal eine da. Auch ist es möglich, dass zunächst einmal nur gesichert wurde und noch nicht einmal entschieden wurde ob die Unterlagen auch zur Auswertung verwendet werden. Man sichert sozusagen nur auf Verdacht Unterlagen die man bei genauerer Prüfung der Umstände vielleicht noch sichten will ... oder vielleicht die Staatsanwaltschaft darauf auch verzichtet und den Fall einstellt. Einfaches Beispiel: Ich beschuldige xy der Anstiftung zur Falschaussage und gebe bei der Mitteilung an die Staatsanwaltschaft zu Protokoll, dass ich Unterlagen von XY erhalten habe die dies angeblich belegen. Ich ergänze oder es gibt den Verdacht, dass XY noch weitere Unterlagen / Kommunikationsdaten hat, die das belegen. Ob die Unterlagen die der Anzeigeerstatter vorbringt echt sind ist das eine. Ob deren Inhalt falsch ist das nächste. Wenn der Ermittler mit seinem Strafverfolgungszwang von dieser Anzeige Kenntniss erhält (eben durch die Anzeige/Sachverhaltsschilderung/Telefonat) hat er alles zu sichern was den Sachverhalt erhellen kann und zwar möglichst schnell weil ein paar Wochen später sind die Unterlagen vielleicht nicht mehr da. Da sind wir wieder bei der Nadel. Die Prüfung ob das was in den Unterlagen des XY drin steht tatsächlich für eine Straftat ausreicht, erfolgt im Zweifel erst später. Und deshalb ggfs. auch eine Auswertung der gesicherten Unterlagen erst später oder ggfs. auch gar nicht. Und selbst wenn Tatverdacht erhärtende Belege gefunden werden ... dann gilt erneut klotzen nicht kleckern. Sprich der Staatsanwalt geht vom Schlimmsten aus (das ist ihr Job - man ermittelt auch wegen einem Tötungsdelikt und geht nicht von Altersschwäche aus -> man Obduziert, findet man keine Belege für eine Straftat, war es auch keine -> soviel zum KPMG Bericht). Ob - selbst bei erhärtenden Belegen - auch für einen Strafbefehl oder gar für ein Verfahren vor Gericht ausreicht, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Da müßte schon in einer eMail gefunden werden: "Du CEO, ich bins der Verantwortlich für die Finanzen. In ein paar Tagen soll doch der forensische Bericht kommen. Ich muss Dir beichten, dass ich eigentlich genau weiß, dass wir da illegal vorgegangen sind. Der Bericht wird das wahrscheinlich finden. Vielleicht solltest Du den Kapitalmarkt darauf vorbereiten. - und wenn Braun dann zurück geschrieben hätte: ey bzw. kpmg, das will ich nicht hören und der Kapitalmarkt auch nicht. Ich sage einfach ich weiß von nix, wird schon gutgehen" ... DANN ja DANN wäre objektiv und subjektiv ... also mit Wissen und Wollen der Markt getäuscht worden und beide müßten aus gutem Grund ohne Frage ihren Hut nehmen. Aber so war das pure Formalität heute. Ein bißchen mehr Neutralität und Hinterfragen täte gut um es den Leerverkäufern nicht zu einfach zu machen. Selbiges gilt nach wie vor auch für das wofür ein "forensischer Bericht" da ist. Man sucht die Nadel im Heuhaufen. Findet man sie nicht ist das ein Freispruch. Nicht aus Mangel an Beweisen, sondern weil man alles gemacht hat um bei "gerichtsfest belegbar" zu beweisen ob getrickst wurde. Eine Nadel die nicht da ist kann nicht gefunden werden. Deswegen mag immer ein Restverdacht bleiben, weil der Heuhaufen so verdammt groß ist - wie eben bei Wirecard. Aber irgendwann ist auch einfach gut und auch dem Ankläger glaubt man nicht mehr, bzw. die "4 Finger" fallen auf diesen zurück. 18.06 ... Tag der Erhellung
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