Entwicklung des Rechtsextremismus in der BRD

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neuester Beitrag: 07.02.05 21:56
eröffnet am: 06.02.05 10:12 von: bammie Anzahl Beiträge: 65
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06.02.05 10:12

8970 Postings, 7538 Tage bammieEntwicklung des Rechtsextremismus in der BRD

Hamburg (dpa) - Nazistisches Gedankengut hat den Untergang des Hitler-Regimes überlebt. Nach einer Welle von Höhen und Tiefen sitzen jetzt wieder rechtsextreme Parteien in deutschen Landtagen. Eine Chronologie:

1964: Die Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) wird von Funktionären der ehemaligen «Deutschen Reichspartei» gegründet.

1966-69: Mit nationalen Parolen gelingt der NPD der Einzug in sieben westdeutsche Landesparlamente. In Baden-Württemberg erreicht sie 1968 sogar 9,8 Prozent. Mit 4,1 Prozent der Zweitstimmen misslingt der NPD 1969 nur knapp der Sprung in den Bundestag.

1983: In München werden «Die Republikaner» ins Leben gerufen. Mitbegründer ist der spätere langjährige Parteichef Franz Schönhuber, einstiges Mitglied der Waffen-SS.

1987: Der Münchner Verleger Gerhard Frey gründet die Deutsche Volksunion (DVU).

1989: Bei den Europawahlen erzielen die Republikaner 7,1 Prozent. Außerdem werden sie ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, scheitern aber 1990 bei der Gesamtberliner Wahl.

1991: Im April stirbt Michael Kühnen. Der bekannte Anführer der deutschen Neonazibewegung rief 1983 die bereits im Gründungsjahr verbotene «Aktionsfront Nationale Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) ins Leben. Mit einem abgewandelten Hitlergruß, dem Kühnengruß, schützen sich seine Anhänger vor strafrechtlichen Folgen.

1992: Die Republikaner erreichen 10,9 Prozent in Baden-Württemberg und bleiben für neun Jahre Mitglied im Stuttgarter Landtag.

1992: Im Dezember verbietet das Bundesinnenministerium die drei neonazistischen Vereinigungen «Nationalistische Front», «Deutsche Alternative» und «Nationale Offensive». Von 1989 bis 2004 werden fast zwei Dutzend rechtsradikale Organisationen aufgelöst.

1992/93: Eine Welle rechtsextremer Gewalt rollt über Deutschland. In Rostock attackieren Jugendliche im August 1992 fünf Nächte lang - unter dem Beifall von Bürgern - eine Asylbewerberunterkunft. Bei Brandanschlägen auf von Türken bewohnte Häuser kommen im schleswig- holsteinischen Mölln im November 1992 sowie in Solingen im Mai 1993 insgesamt acht Menschen ums Leben. Landesweit beteiligen sich Hunderttausende an Lichterketten gegen Ausländerhass.

1994: Der Bundestag stellt das Leugnen des Holocaust, die so genannte Auschwitz-Lüge, unter Strafe.

1998: Mit 12,9 Prozent erzielt die DVU in Sachsen-Anhalt das bislang beste Ergebnis einer rechtsextremen Partei bei einer deutschen Nachkriegs-Landtagswahl.

1999: Die DVU zieht mit 5,3 Prozent in den brandenburgischen Landtag und ist nach vierjähriger Pause mit einem Mandat wieder in der Bremischen Bürgerschaft präsent.

2001: Bei dem größten Aufmarsch von Rechtsextremen in Berlin seit dem Zweiten Weltkrieg protestieren rund 3300 NPD-Anhänger gegen die Wehrmachtsausstellung.

2003: Ein Verbotsverfahren gegen die NPD scheitert wegen der Rolle von V-Männern des Verfassungsschutzes in der Parteiführung.

2004: Die NPD erreicht bei den Landtagswahlen in Sachsen 9,2 Prozent, die brandenburgische DVU erzielt 6,1 Prozent.

2005: Die NPD verweigert sich im sächsischen Landtag einer Gedenkminute für die Opfer des Nationalsozialismus und vergleicht die Bombardierung Dresdens mit dem Holocaust. Durch den Eklat werden Rufe nach einem erneuten Verbotsverfahren laut.

wams.de


Stoibers Äußerungen mögen absurd klingen, aber nüchtern betrachtet sieht man schon parallelen. In allen Bereichen, ob nun politisch oder an der Börse, werden sonst auch Vergleiche mit der Historie betrieben. Umso wichtiger ist es, nun aus diesen alten Fehlern zu lernen.  
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39 Postings ausgeblendet.

06.02.05 19:56

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiTimchen

es ist nicht so beruhigend, wie Du meinst. Die Rechten scheinen kräftig dazugelernt zu haben; ihre Einkünfte in Sachsen, wo sie ja bekanntlich stark im Landtag vertreten sind, verwenden sie angeblich zum Aufbau bzw. zur Verbesserung ihrer Organisationsstrukturen und in erheblichen Umfang für Schulungen sowie rechtliche Beratung. Wurde auch heute im ARD-Pressegespräch sehr deutlich herausgestellt.


MfG
kiiwii  

06.02.05 20:04

13979 Postings, 8840 Tage TimchenEs ist ja auch nicht beruhigend.

Mit nichts, keinem Programm und lauter PR-unwirksamen Hohlköpfen locker über 5 % zu kommen, zeigt doch sehr deutlich, was mit besserem Personal möglich wäre.  

06.02.05 20:15

21799 Postings, 8933 Tage Karlchen_ILieber ne faule Hand als

ein hohler Kopf.  

06.02.05 21:11

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiSchauen wir mal über´n großen Teich:

Wachsende Sorgen über den Export von Arbeitsplätzen


Von Claus Tigges, Washington


06. Februar 2005 Lou Dobbs gibt nicht auf: Auch ein Vierteljahr nach dem Sieg von George Bush in der Präsidentschaftswahl setzt der Fernsehmoderator des Senders CNN unbeirrt seinen Feldzug gegen jene Politiker und Unternehmen fort, die, mutmaßlich angetrieben von einer unersättlichen Gier nach Macht und Profit, die amerikanische Wirtschaft zugrunde richten.


In der Rubrik „Exporting America” berichtet Dobbs regelmäßig über jene Manager, die durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland angeblich dem Niedergang der größten Volkswirtschaft der Erde Vorschub leisten und sich in rücksichtsloser Weise nicht um das Schicksal von Hunderttausenden amerikanischer Familien kümmern, denen durch die billige Konkurrenz mexikanischer, chinesischer oder indischer Arbeitskräfte die Lebensgrundlage entzogen werde.


„Unsere Handelspolitik funktioniert nicht”

Der Verlust von vielen Tausenden von Arbeitsplätzen im Verarbeitenden Gewerbe in den vergangenen Jahren ist nach Dobbs' Einschätzung der eindeutige Beleg dafür, daß „unsere Handelspolitik nicht funktioniert, zumindest nicht im Interesse amerikanischer Arbeitnehmer steht”. Auf der Internetseite des Fernsehjournalisten findet sich denn auch eine lange Liste mit jenen Unternehmen, die nach seinen Erkenntnissen „Amerika exportieren”, indem sie die Produktion ins Ausland verlagern, um die dortigen Bedingungen, einschließlich niedrigerer Löhne, auszunutzen.


Um den „amerikanischen Traum” zu sichern, sind nach Dobbs' Worten sowohl gesetzliche Vorschriften zur Sicherung von Arbeitsplätzen sowie eine neue Ausrichtung der Handelspolitik unverzichtbar. Die Öffnung des amerikanischen Marktes für ausländische Produkte dürfe nicht zum Abbau von heimischen Arbeitsplätzen führen, argumentiert der Moderator.


„Chinahandel hat 1,5 Millionen Jobs gekostet”

Dobbs, der für seine Kampagne kürzlich sogar mit dem Emmy-Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, ist keineswegs der einzige Kritiker amerikanischer Unternehmen und ihrer Geschäftsstrategien. Denn obwohl die Wirtschaft die Rezession des Jahres 2001 längst hinter sich gelassen hat und nun wieder kraftvoll wächst - im vergangenen Jahr legte das Bruttoinlandsprodukt ersten Berechnungen zufolge um 4,4 Prozent zu, und für dieses Jahr liegen die Prognosen zwischen 3,4 und 4 Prozent -, ist das Thema „Outsourcing” keineswegs vom Tisch.


Vor einigen Tagen veröffentlichte das gewerkschaftsnahe Economic Policy Institute (EPI) in Washington einen Bericht, wonach die heimische Produktion gegenüber dem Import von Waren und Dienstleistungen immer mehr ins Hintertreffen gerate. „Ein Handelsbilanzdefizit auf Rekordhöhe ist eine schlechte Nachricht für den amerikanischen Arbeitsmarkt”, sagt EPI-Ökonom Robert Scott.


Scott ist sicher, daß insbesondere das wachsende Defizit im Handel mit China - es dürfte von etwas mehr als 100 Milliarden Dollar 2003 im vergangenen Jahr abermals deutlich gestiegen sein - amerikanischen Arbeitnehmern große Nachteile bringt. „Das große Ungleichgewicht im Handel mit China hat Amerika zwischen 1989 und 2003 mindestens 1,5 Millionen Jobs gekostet”, sagt Scott.


Kritik an der amerikanischen Regierung

Betroffen seien sowohl Stellen in der Endfertigung von Produkten als auch in der Zulieferindustrie. „Zunächst haben wir die Dominanz Chinas besonders stark in Sparten wie Bekleidung und Textilien gespürt, wo niedrige Löhne eine große Rolle spielen. Mittlerweile ist auch die High-Tech-Wirtschaft betroffen, insbesondere die Hersteller von Halbleitern”, erklärt Scott. Dem Ökonomen zufolge ist durch den wachsenden Handel mit China in 27 der 50 Bundesstaaten die Zahl der Beschäftigten um mindestens 1 Prozent gesunken, wobei Maine (minus 2,47 Prozent) und Arkansas (minus 1,67 Prozent) am härtesten betroffen seien.


Die Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation WTO im Jahr 2001, ermöglicht nicht zuletzt durch die Unterstützung der amerikanischen Regierung, hat die Entwicklung nach Einschätzung Scotts noch erheblich beschleunigt. Ursächlich dafür seien fehlende Vereinbarungen zu Umwelt- und Arbeitsstandards ebenso wie die Weigerung der chinesischen Führung, eine Aufwertung ihrer Währung Yuan zum Dollar zuzulassen. Nach Auffassung amerikanischer Ökonomen ist der Yuan durch seine feste Wechselkursbindung an den Dollar inzwischen um 25 bis 40 Prozent zu niedrig bewertet - zum Vorteil chinesischer Exporteure, aber zum Nachteil der amerikanischen Produzenten.


Die Regierung in Washington hat dem Druck verschiedener Interessengruppen, darunter auch einiger Industrieverbände, China wegen seiner Wechselkursmanipulation bei der WTO zu verklagen, bisher widerstanden. Statt dessen bemühen sich verschiedene Regierungsmitglieder, von Präsident Bush über Finanzminister John Snow bis zu dessen Staatssekretär John Taylor, seit geraumer Zeit darum, auf diplomatischem Weg eine Lösung zu erreichen. China hält nach wie vor an seiner Haltung fest, den Wechselkurs erst dann freizugeben, wenn die notwendigen Vorbereitungen dafür in der chinesischen Wirtschaft abgeschlossen seien.


Vorteile des Chinahandels

Die relative Zurückhaltung Washingtons erklärt sich zum Teil aus der Einsicht, daß der wachsende Handel mit China und dem Rest der Welt für die amerikanische Wirtschaft unter dem Strich von großem Vorteil ist. Amerikanische Verbraucher profitieren vom Import chinesischer Waren in Form niedrigerer Preise und eines größeren Angebots; und amerikanische Unternehmen, die in China produzieren, sei es um den dortigen oder den heimischen Markt zu bedienen, nutzen sich bietende Wettbewerbsvorteile zur Freude ihrer Anteilseigner.


Zudem besteht über die Zahl der Arbeitsplätze, die durch den internationalen Handel gefährdet sind, erhebliche Ungewißheit. Finanzminister Snow zog sich im Präsidentschaftswahlkampf den Zorn der Arbeitnehmervertreter zu, als er auf einer Veranstaltung den Verlust von Arbeitsplätzen in Amerika als „Mythos” bezeichnete. Später wies er darauf hin, daß der grenzüberschreitende Handel mit Waren und Dienstleistungen es amerikanischen Unternehmen ermögliche, neue Märkte zu erschließen und auf diese Weise Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten zu schaffen oder zu sichern.


Unterstützung von der Handelskammer

In jedem Fall läßt sich den verschiedenen Schätzungen ein Teil ihrer Dramatik nehmen, wenn man bedenkt, daß in einer so dynamischen Volkswirtschaft wie der amerikanischen jedes Jahr rund 15 Millionen Arbeitsplätze verlorengehen. Im Saldo aus Arbeitsplatzvernichtung und der Schaffung neuer Stellen ergibt sich freilich seit vielen Monaten wieder ein Plus.


Unterstützung erhält die Regierung unter anderem von der amerikanischen Handelskammer, der Chamber of Commerce: „Eine schlechte Geschäftslage, Verunsicherung in den Unternehmen und erhebliche Produktivitätsgewinne sind die Ursache für den Abbau von Arbeitsplätzen und die anschließende, anfangs geringe Dynamik im Stellenzuwachs gewesen - nicht die Abwanderung von Arbeitsplätzen”, heißt es aus der Kammer.


Im Jahr 2010 werde es nicht zu viele, sondern zu wenige Erwerbsfähige in Amerika geben. „Die Antwort darauf muß in Form von Aus- und Weiterbildung, aber auch durch eine fortgesetzte Einwanderung gegeben werden”, fordert der Wirtschaftsverband. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze sei es unverzichtbar, daß Amerika sich der Weltwirtschaft nicht verschließe.


Sorge um die Handelsbilanz

Die Gelassenheit der amerikanischen Regierung im Zusammenhang mit der möglichen Bedrohung von heimischen Arbeitsplätzen darf gleichwohl nicht darüber hinwegtäuschen, daß dort die Beunruhigung wächst angesichts des hohen und weiter wachsenden Defizits in der amerikanischen Leistungsbilanz.

Der Chairman der Notenbank Federal Reserve (Fed), Alan Greenspan, warnte im späten Herbst davor, daß der Zeitpunkt kommen könnte, an dem ausländische Investoren das Vertrauen in die Kraft der amerikanischen Wirtschaft verlören und nicht länger bereit seien, Unmengen Kapitals in den Vereinigten Staaten zu investieren.

Dieses Geld stünde den amerikanischen Verbrauchern dann auch nicht mehr zum Kauf wachsender Mengen importierter Waren und Dienstleistungen zur Verfügung. Als Maßnahme zur Stärkung des Vertrauens empfiehlt Greenspan einen strikten Sparkurs der Regierung, um den Kapitalbedarf zu verringern und wieder mehr Geld in produktive Verwendungen zu lenken.

Präsident Bush wird an diesem Montag seinen Etatentwurf für das nächste Haushaltsjahr vorlegen, das am 1. Oktober beginnt. Zahlreichen Einzeletats, so hat es das Weiße Haus bereits wissen lassen, stehen Kürzungen bevor. Auf diese Weise und im Vertrauen auf ein kraftvolles Wachstum will Bush sein Ziel erreichen, das Haushaltsdefizit bis zum Jahr 2009 zu halbieren. Für das laufende Jahr peilt die Regierung freilich ein Rekorddefizit von 427 Milliarden Dollar an.



Land und Leute


Knapp 295 Millionen Menschen leben in den 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten. Nach wie vor ist das Land der Einwanderer ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen. Die Verschiebungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung sind gleichwohl unverkennbar: Der Anteil der Weißen sank in den vergangenen 30 Jahren von rund 83 auf 69 Prozent. In den Tabellen des Amtes für Bevölkerungsstatistik sind im Jahr 2002 zum ersten Mal die Einwanderer aus lateinamerikanischen Ländern, die sogenannten Hispanics, als größte Minderheit ausgewiesen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt inzwischen 13,5 Prozent, etwas mehr als der der Schwarzen, der bei 13 Prozent liegt. Schätzungen der Regierung zufolge leben bis zu 10 Millionen vorwiegend hispanische Einwanderer illegal im Land. Der großen Zahl der Amerikaner gemein ist ihre große Skepsis gegenüber dem Staat. Rufe nach staatlicher Hilfe sind selten zu vernehmen, das Schicksal wird zumeist in die eigene Hand genommen. Daraus erklärt sich zum Beispiel der geringe Einfluß der Gewerkschaften. Viele Amerikaner halten sich für Manns genug, selbst über ihren Lohn zu verhandeln. Ernste Klagen darüber, daß sich die Einkommensschere zwischen Arm und Reich in den vergangenen Jahren weiter aufgetan hat, gibt es kaum.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.02.2005, Nr. 31 / Seite 12


MfG
kiiwii  

06.02.05 21:22

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiikarlchen, ich bin Dir noch ne Quelle schuldig:

FAZ, 26.01.05:


„Wir verlieren jeden Tag 1200 Arbeitsplätze”


25. Januar 2005 An diesem Mittwoch feiern in Berlin Wirtschaft und Politik die offizielle Amtseinführung des neuen Industriepräsidenten Jürgen Thumann.

Mit ihm führt seit langem mal wieder kein angestellter Manager, sondern ein erfolgreicher mittelständischer Unternehmer den wichtigsten Verband der Wirtschaft.

Die von ihm mitgegründete Thumann & Heitkamp-Gruppe ist Weltmarktführer mit Batteriehülsen, sie bietet 2000 Menschen auf drei Kontinenten Arbeit.


Herr Thumann, Ihr Unternehmen ist das beste Beispiel für unternehmerischen Erfolg aus Deutschland heraus. Machen wir uns zu viele Sorgen um den Standort?

Ich gehöre zu denen, die das Glas halbvoll sehen. Aber ich will nichts schönreden. Ich befürchte, daß die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr noch zunehmen wird, weil das Wachstum geringer als im Vorjahr ausfallen wird. Nur durch Investitionen schaffen wir neue Arbeitsplätze. Deshalb müssen wir die Standortbedingungen verbessern und Innovationen anregen.

Rennen Sie da nicht gegen Windmühlen? Die Bundesregierung hat doch sehr deutlich gemacht, daß sie im Rest der Wahlperiode keine Reformen mehr in Angriff nehmen will.

Ich habe vom Bundeskanzler persönlich definitiv nicht gehört, daß er weitere Reformen nicht mehr angeht. Zum Thema Arbeitsrecht und Kündigungsschutz hat er mir gegenüber deutlich gemacht, daß er einiges auf den Weg gebracht habe. Im Tarifrecht möchte er sich zurückhalten. Ich habe aber nicht gehört, daß der Kanzler dagegen ist, eine Unternehmensteuerreform auf den Weg zu bringen.

Sie fordern die sofortige Absenkung der Steuern auf einbehaltene Gewinne. Das ist unpopulär in einer Zeit, in der die Gewinne der Unternehmen steigen, die Löhne stagnieren und die Regierung die Hilfe für Langzeitarbeitslose kürzt . . .

Wenn wir die Steuern auf einbehaltene Gewinne auf 25 Prozent senken, ist das ein Investitionsanreiz. Es geht nicht darum, die Unternehmer oder Eigentümer zu entlasten, sondern das Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich hier im Land finanziell zu engagieren. Der Steuerausfall wird relativ klein sein. Ich fordere sehr realistisch und fair nur das, was machbar ist, für ausgeschüttete Gewinne bleibt es bei der Spitzenbelastung von 42 Prozent. Darauf kommt noch der Solidarzuschlag.

Bisher hat der BDI für eine umfassende Einkommensteuerreform mit drastischer Vereinfachung plädiert. Gilt das noch?

Ja, wir müssen aber akzeptieren, daß eine solch umfassende Reform frühestens 2008 in Kraft treten würde. Es geht auch nicht nur um die Einkommensteuer. Die Unternehmen können und wollen aber nicht mehr so lange warten. Die großen Kapitalgesellschaften investieren schon verstärkt im Ausland, nun folgen ihnen auch die Investitionen der Eigentümerunternehmen.

Noch einmal, wie wollen Sie den Bürgern die weitere Entlastung der Unternehmen vermitteln?

Wir verlieren pro Tag 1200 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Wir müssen erklären, daß die steuerliche Begünstigung hilft, Investitionen anzuregen und nur über Investitionen schaffen wir neue Arbeitsplätze. Nehmen Sie mein Unternehmen: Wir investieren in unseren deutschen Standorten in diesem Jahr mehr als 20 Millionen Euro. Damit schaffen wir 100 neue Arbeitsplätze; wir stocken unser Personal in Deutschland damit um zehn Prozent auf. In der Wirtschaft gibt es einen hohen Investitionsbedarf. Notwendig sind sowohl Ersatzinvestitionen als auch Kapazitätserweiterungen. Wenn wir nicht schnell handeln, wird ein großer Teil dieser Investitionsbedarfe ins Ausland gehen. In den meisten anderen EU-Ländern beträgt die Steuerlast für Unternehmen 20 Prozent oder weniger.

Trifft ihr Vorschlag in der Politik auf offene Ohren?

Viele Politiker sagen mir, wir müssen handeln. Diese Stimmen höre ich auch aus der Regierung. Also laßt es uns tun.

Die Standortdebatte wird immer dann besonders heftig geführt, wenn Dax-Unternehmen mit Abwanderung drohen oder Objekt von Übernahmespekulationen werden. Wie wichtig ist es für die deutsche Industrie, daß die Deutsche Bank aus Deutschland heraus geführt wird?

Wenn es so kommen sollte, daß wir keine große deutsche Bank mehr hier haben, dann würde ich das sehr bedauern, aber dann wäre das eben so. In diesem Fall könnten wir nur hoffen, daß die Deutsche Bank einen Partner findet oder übernommen wird von jemandem, der sich um den deutschen Markt kümmert.

Sie sagen selber, es geht nicht nur um die Steuerlast. Was ist noch dringlich?

Wir können uns nicht ernsthaft in Lohnwettbewerb mit Ländern in Osteuropa begeben. Aber wir müssen uns fragen, welche Produktionen wir hier halten können. Da spielen die Arbeitskosten eine Rolle und da sind wir beim Innovationswettbewerb. Hier bestehen wir nur, wenn wir uns um Ausbildung und Fortbildung kümmern. Wir brauchen dringend Wettbewerb unter den Hochschulen. Es ist löblich, daß der Kanzler 2004 zum Innovationsjahr gemacht hat. Doch Ausschüsse bringen noch keine Innovation. An den Schulen ist seit 2000, der ersten Pisa-Studie, nichts passiert. Das Thema Hochschulwettbewerb behandeln wir auch seit Jahren, geschehen ist nichts. Die Hochschulen müssen ihre Studenten aussuchen können und sich über Studiengebühren finanzieren.

Deutschland gilt als innovationsfeindlich, die Bürger sehen die Risiken, nicht die Chancen neuer Entwicklungen?

Wir müssen Märkte eröffnen, von denen wir uns aufgrund von Regierungsentscheidungen verabschiedet haben. Nehmen wir den Pharmamarkt. Wir waren einmal die Apotheke der Welt. Heute finden sie unter den Top zehn Pharmaunternehmen kein deutsches mehr. Die besten Köpfe, die wir haben, wandern ins Ausland ab, weil Forschung und Entwicklung behindert, zum Teil sogar untersagt werden. Relativ kurzfristig ließe sich hier etwas ändern, wenn wir uns öffnen. Das birgt auch Risiken, aber die müssen wir eingehen.

Dazu sind viele nicht bereit . . .

Große Teile der Bevölkerung wollen den hohen Lebensstandard mit aller Macht festhalten. Sie sind aber nicht bereit, Risiken einzugehen, sondern denken ,es reicht ja noch für mich'. Wir müssen die persönliche Freiheit suchen. Ohne Eigenverantwortung jedes Bürgers kommt unsere Gesellschaft nicht voran.

Ein Teil der Standortproblematik liegt in der Tarifpolitik. Muß sich der BDI-Präsident hier nicht stärker einmischen?

Ich respektiere die Arbeitsteilung mit den Arbeitgeberverbänden. Ich habe aber lange Tariferfahrung. Die Arbeitgeber sind seit vielen Jahren nicht streikfähig, bei einer durchschnittlichen Eigenkapitalausstattung von unter 18 Prozent ist ein produzierendes Unternehmen nicht streikfähig. Die Wirtschaft ist so stark vernetzt, daß selbst ein begrenzter Streik große Teile flächendeckend lahmlegt. Ich glaube einfach, daß die Zeit vorbei ist, wo Sie Arbeitskämpfe in dieser Form austragen können. Da muß uns die Politik helfen, damit vernünftige Tarifvereinbarungen möglich werden. Ich bin kein Gewerkschaftsfresser, die Gewerkschaften haben große Verdienste. Ich fordere aber Flexibilität. Der Flächentarifvertrag sollte nur den Rahmen setzen, auf betrieblicher Ebene sollten wir freie Hand bekommen, so wie ich es in vier von meinen fünf Unternehmen in Deutschland seit Jahren praktiziere. Da arbeiten wir 38, 40, 42 Stunden, der Ausgleich erfolgt über Jahresarbeitskonten. Diese Freiheit fordere ich flächendeckend ein. Ich kann aber auch verstehen, wenn der Kanzler sagt, das ist Sache der Tarifparteien, laß uns über andere Themen sprechen.

Vielleicht über das Antidiskriminierungsgesetz, mit dem er den deutschen Kündigungsschutz noch verschärft?

Da wird in der Tat noch einmal auf den Kündigungsschutz draufgesattelt. Wir müssen künftig beweisen, warum wir jemanden nicht eingestellt haben. Ich kann nur auf meine Erfahrungen in Amerika verweisen. Wenn wir dort jemanden einstellen müssen, schalten wir teure Personalberater ein. In Amerika darf ich einen Bewerber nicht einmal mehr nach dem Alter fragen.

Zu den wenigen Dingen, die der Kanzler offenkundig sofort in Angriff nehmen will, gehört der Ruin des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Die Wirtschaft scheint dies nicht zu stören. Hoffen Sie klammheimlich auf neue schuldenfinanzierte Investitionsprogramme?

Nein. Ich sage klar: Wehret den Anfängen. Das, was die Bundesregierung jetzt in Brüssel macht, ist das Schlimmste, was sie tun kann. Daß den Pakt jeder so auslegen kann, wie er möchte, das lehne ich ab. Unsere Schuldenlast von 1,4 Billionen Euro ist schon so groß, daß wir sie uns kaum noch vorstellen können. Wenn wir diese Schulden tilgen wollen und pro Jahr 100 Milliarden Euro abbauen, dann dauert das 30 Jahre. Das ist eine Generation. Jetzt sind wir dabei, in sechs Jahren viermal die Schuldengrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu überschreiten. Ich bin wertkonservativ. Wir wollen das, was wir erreicht haben, bewahren. Wir dürfen nicht alles auf unsere Enkel abwälzen. Dabei ist es sehr einfach, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. In weniger als einer Legislaturperiode kann man den Etat rumdrehen, wenn man alle Subventionen drei Jahre lang um zehn Prozent kürzt und den Sozialhaushalt deutlich herunterfährt.

Sie sind ein Gegner der paritätischen Mitbestimmung in den Aufsichtsräten . . .

Heute wird die Aufsichtsratssitzung dreigeteilt, Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter tagen vorab getrennt, das Ergebnis der eigentlichen Sitzung steht dann schon fest. Das halte ich für eine Farce, das gehört abgeschafft. Die Mitbestimmung ist kein Exportschlager. Die meisten Unternehmensführer in den Vereinigten Staaten, mit denen ich mich unterhalte, haben Schwierigkeiten zu verstehen, wie wir dieses Modell leben. Die fragen mich, wo hilft das dem Unternehmen? Wirtschaftlich betrachtet ist die Mitbestimmung Unsinn. Daher muß sie gesetzlich geändert werden. Wir haben dazu europataugliche Vorschläge gemacht.

Etwa die Einführung der Drittelparität?

Der Aufsichtsrat sollte höchstens zwölf Mitglieder haben, besser noch weniger. Es wäre ausreichend, ein Drittel der Sitze an die Belegschaft oder ihre gewählten Vertreter zu geben. Ich bin dagegen, daß wir betriebsfremde Gewerkschaftsfunktionäre bei uns im Aufsichtsrat haben, nur weil ihnen Plätze reserviert wurden.

Was könnte man Mitarbeitern bieten, wenn sie auf Einfluß im Aufsichtsrat verzichten, zum Beispiel Gewinnbeteiligung?

Ich kenne viele Mittelständler, die solche Erfolgsbeteiligungen praktizieren, auch in meinem Unternehmen. Ich stehe da mehr unter dem Eindruck, daß die Gewerkschaften das nicht wollen.

Auf öffentlichen Druck hin droht jetzt auch die Offenlegung der Vorstandsgehälter per Gesetz.

Ich bin völlig gegen die Veröffentlichung von Vorstandsgehältern. Damit bin ich zwar nicht mehrheitsfähig. Ich will aber begründen, warum ich dagegen bin. Ich behaupte, die Veröffentlichung führt zu einer Sozialisierung auf höchstem Niveau. In Amerika sehen Sie, wohin das führen kann: dreistellige Millionengehälter. Wenn wir das alles so öffentlich machen, wird das bei uns auch so kommen. Und zwingen wir dann als nächste die Eigentümer und Manager von Familienunternehmen sich zu offenbaren? Abzuraten ist von einer gesetzlichen Verpflichtung.

Fürchten Sie Neiddiskussionen?

Die Neiddiskussion ist ein weiteres Argument. Es ist mir völlig unverständlich, daß erfolgreiche Sportler oder Show-Größen, die sich ihrer Steuerpflicht in Deutschland entziehen, immer noch bejubelt werden. Aber wenn ein Unternehmer in den neuen Ländern investiert hat, weil der Staat Investitionsanreize gegeben hat, muß ich mir sagen lassen, ich hätte Steuerschlupflöcher genutzt. Ich habe getan, was der Staat von mir wollte: Ich habe zwei sehr schöne, erfolgreiche Betriebe in Crimmitschau in Sachsen aufgebaut, die glänzend laufen, und 350 Beschäftigte haben.

Auch um Nebeneinkünfte von Parlamentariern wird gestritten. Wie stehen Sie zum „gläsernen Abgeordneten"?

Wir müssen mehr Transparenz in allen Parlamenten schaffen. Nebeneinkünfte müssen erkennbar sein, auch wer für wen tätig ist. Ich bin aber völlig dagegen, daß die Einkommenshöhe veröffentlicht wird. Jemanden wie mich, einen Mitunternehmer würden Sie dann schon aus vertragsrechtlichen Gründen ausschließen.

Das Gespräch führten Heike Göbel und Holger Steltzner.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.01.2005, Nr. 21 / Seite 12

MfG
kiiwii  

06.02.05 21:49

129861 Postings, 7485 Tage kiiwii"Bundespropaganda-Ministerin" S.Christiansen jetzt

Mal wieder reinschauen

MfG
kiiwii  

06.02.05 21:52

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiNa, Herr Thumann, schon Schiss in der Hose ?

Jetzt hat er schon Angst um seine Kredite von der Deutschen Bank!
Hab ich es nicht heute Morgen noch gesagt ??

MfG
kiiwii  

06.02.05 21:55

129861 Postings, 7485 Tage kiiwii9 Millionen, sagt dieser Professor

na auch da lieg ich ja mit meinen 10 mio nicht so ellenweit daneben.


MfG
kiiwii  

06.02.05 21:55

21799 Postings, 8933 Tage Karlchen_IQuelle: Du hattest behauptet, dass jeden Tag

1200 Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Bei deiner Quelle geht indes um den  Rückgang bei den SV-Beschäftigten - der garnicht zur Diskussion stand. Und selbst bei diesen ist die Zahl nicht korrekt.  

06.02.05 21:58

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiidann ergänze ich:"...ans Ausland"

um genau die geht es. (auch wenns im Artikel so nicht steht)
Is leider so.

MfG
kiiwii  

06.02.05 21:59

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiIm Handelsblatt stand es genauer.

06.02.05 22:01

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiBundesagentur muß jetzt Sozialarbeit machen,

sagt Clement.


MfG
kiiwii  

06.02.05 22:05

21799 Postings, 8933 Tage Karlchen_IAlso doch keine Quelle - hätte mich auch gewundert

Wo sollten denn die Zahlen auch herkommen? Die gibt es nicht - und kann es auch nicht geben.  

06.02.05 22:09

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiDann müsst Ihr halt statt der taz mal das

Handelsblatt lesen...
Kannst dir auch selber raussuchen.
Die Zahlen gibts und sie sind zutreffend.

Aber macht mal nen runden Tisch, bringt wahrscheinlich mehr (Honorar)


MfG
kiiwii  

06.02.05 22:13

21799 Postings, 8933 Tage Karlchen_I@kiiwii: Geht das in deinen Kopf nicht rein?

Das HB hat solche Zahlen genauso wenig wie jeder andere. Ist einfach so - wo sollten die die denn herhaben?

Gibt es einfach nicht.  

06.02.05 23:04

69033 Postings, 7498 Tage BarCodeIch weiß ja nicht kiiwii,

welche Laus dir in Bezug auf Herrn Thumann über die Leber gelaufen ist. Vielleicht, dass er nicht nur hohle Sprüche gegen die Regierung abliefert? Also für mich ist er gegen den Hundt, den Meister des Textbausteins, eine echte Wohltat. Bei dem hat man das Gefühl, ihm geht es nicht um Polemik, sondern darum, Ziele zu formulieren und daraus Forderungen zu stellen, ohne Ansehen des Parteibuches. Dass er dabei als Inhaber eines Familienunternehmens diesen Blickwinkel verstärkt zum Ausdruck bringt, ist auch eher positiv zu bewerten. Immerhin sind 70% der deutschen Arbeitsplätze in Familienunternehmen und nicht bei den großspurigen Maulhelden aus dem Vorstand der Deutschen Bank.

Gruß BarCode  

06.02.05 23:13

8970 Postings, 7538 Tage bammieSabine Christiansen war heute sehr interessant

Teilweise konnte man bei den Vorschlägen seitens Thumann, aus den Gesichtern von Merkel und Clement, deren innerlichen Reaktionen ablesen.



 

07.02.05 00:06

23 Postings, 7039 Tage ÖKOSCHLEUSERM.Welches Signal gibt der Norden?

Eurorechte im Blickpunkt

Welches Signal gibt der Norden?

Berichte aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz, Frankreich, Belgien und Spanien


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An dem Bündnis von DVU und NPD, das bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen erfolgreich war, wollen sich die Republikaner einstweilen nicht beteiligen. "Mit diesen Lumpen können wir nicht zusammenarbeiten", erklärte Parteichef Schlierer auf dem jüngsten REP-Bundesparteitag in Veitshöchheim. Bei den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen am 22. Mai soll die alte Spaltung bekräftigt werden: Nationaldemokraten und Republikaner treffen dort mit Konkurrenzlisten aufeinander. Die DVU kandidiert nicht. Vorher, im Februar, stimmen allerdings die Bürger in Schleswig-Holstein ab. Dort steht rechts allein die NPD auf dem Wahlzettel. Ihr Abschneiden wird - so oder so - für die weitere Entwicklung weichenstellend sein. Unser Überblick:

Deutschland

Erst wenige Wochen im Landtag zu Dresden vertreten, macht die dortige NPD-Fraktion gewaltigen Wirbel. Bei der Wahl des neuen sächsischen Ausländerbeauftragten erhielt der nationaldemokratische Kandidat Mirko Schmidt 14 Stimmen und damit zwei Stimmen mehr, als die NPD-Fraktion Mitglieder hat. Schon zur Wahl des Ministerpräsidenten hatte der NPD-Bewerber Uwe Leichsenring zwei Zusatzstimmen aus den anderen Fraktionen eingeheimst. Noch bemerkenswerter die Wahl des sächsischen Jugendhilfeausschusses: Dabei entfielen auf die beiden NPD-Kandidaten 21 bzw. 22 Abgeordnetenstimmen. Offenkundig gelingt es nicht, die Nationaldemokraten parlamentarisch zu isolieren. Das hat bei den Kartellparteien und ihren Medien gehörigen Katzenjammer ausgelöst. CDU-Fraktionschef Hähle nannte die Abstimmungsergebnisse eine "üble Sauerei".

Auch im Potsdamer Landtag ging die Abgrenzung zu Bruch. Die DVU-Fraktionsvorsitzende Liane Hesselbarth wurde von fünf Abgeordneten der anderen Parteien in die G-10-Kommission gewählt (zuständig u.a. für die Genehmigung von Telephonabhörungen). Überdies hätten bei der Wahl Hesselbarths ins Landtagspräsidium einige CDU-Abgeordnete in offener Abstimmung für die DVU-Politikerin votiert, empört sich ausgerechnet die PDS.

Die Geschehnisse in Brandenburg und Sachsen strahlen auf andere Bundesländer aus. In Schleswig-Holstein trat der bisherige Landesvorsitzende der Schill-Partei, Kay Oeckel, zur NPD über, die sich dadurch für die bevorstehende Landtagswahl gestärkt sieht. Um nach einem möglichen Nord-Erfolg den Anschluß nicht zu verpassen, wurde trotz organisatorischer Lücken nun auch für die nordrhein-westfälische Landtagswahl eine nationaldemokratische Bewerberliste aufgestellt - mit Parteichef Udo Voigt an der Spitze.

Die schleswig-holsteinische NPD-Kandidatenriege wird von Uwe Schäfer und Ingo Stawitz angeführt. Letzterer saß schon von 1992 bis 1996 im Kieler Landtag, zunächst als Fraktionsvorsitzender der DVU, dann für die Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH).

Auf dem Bundesparteitag der Republikaner im bayerischen Veitshöchheim wurde Parteichef Rolf Schlierer wiedergewählt. Allerdings entfielen auf den 49jährigen nur 145 von 249 Stimmen. Der überraschend angetretene Gegenkandidat Björn Clemens, ein junger Rechtsanwalt aus Düsseldorf, brachte es auf 99 Stimmen, was viele Delegierte als Blamage für Schlierer werteten. Clemens, der danach im Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender bestätigt wurde, gilt als - moderater - Kritiker des Abgrenzungskurses, mit dem sich Schlierer innerhalb des rechten Spektrums weitgehend isoliert hat.

Die eigentliche Sensation des REP-Parteitages wurde von den Medien schon gar nicht mehr registriert: Mit großer Mehrheit hoben die Delegierten den Ruhstorfer Beschluß vom 8. Juli 1990 auf. Damals hatte es geheißen: "Wir Republikaner lehnen jegliche Zusammenarbeit mit NPD oder DVU kategorisch ab." Außerdem war verfügt worden: "Niemand, der in extremistischen und verfassungsfeindlichen Organisationen... eine aktive Rolle gespielt hat, darf in Zukunft eine Funktion in unserer Partei übernehmen." Der Ruhstorfer Beschluß, obwohl nur selektiv angewandt, hatte die Partei in eine Dauerkrise mit zahlreichen Austritten, Ordnungsmaßnahmen, Personal- und Kursstreitigkeiten geführt. Daß er jetzt ohne viel Aufhebens entsorgt wurde, rehabilitiert im nachhinein die Opfer und Kritiker des Beschlusses, kommt aber viel zu spät und ändert nichts mehr an den personellen und politischen Schäden.

Um das Eingeständnis einer 14jährigen Fehlentwicklung zu übertünchen, wurde Schlierer auf dem Parteitag vor allem gegen die NPD ausfällig ("Lumpen"). Zugleich ließ er eine neue Resolution verabschieden, die, schwammig formuliert, viele Auslegungen zuläßt. Die Republikaner suchen nun die "Zusammenarbeit" mit anderen Rechtsparteien, die sich "uneingeschränkt zum Grundgesetz bekennen". Das trifft bei Sichtung der Programme auf sämtliche Rechtsparteien zu.

Zugleich heißt es in dem neuen REP-Papier, daß "gemeinsame Aktivitäten und Kandidaturen mit der NPD bei deren derzeitigen Zielen" nicht in Betracht kommen. Was damit konkret gemeint ist, bleibt offen. Es geht jedenfalls nur um "Derzeitiges", nicht um zwingend Dauerhaftes. Auch beschränkt sich die Absage auf "gemeinsame Aktivitäten und Kandidaturen". Das läßt, klug interpretiert, durchaus Raum für allerlei Kontakte und Wahlabsprachen.

Ein erstes Signal sandte der REP-Parteitag per Resolution nach Dresden. Überschrift: "Solidarität mit Andreas Molau". Molau ist Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Vize-Chefredakteur der Parteizeitung und sieht sich Repressionen ausgesetzt, die sogar auf seine Kinder übergreifen. Erstmals solidarisieren sich die Republikaner mit einem führenden Kopf der NPD-Arbeit. Daß Schlierer gleichzeitig von "Lumpen" spricht, rechnen Beobachter zu den Widersprüchen und Inkonsequenzen eines persönlich motivierten Schlingerkurses, der die Partei immer wieder vor Rätsel stellt.

DSU und Deutsche Partei, die mit ihren Vorsitzenden Rink und Kappel als Gäste auf dem REP-Parteitag vertreten waren, sind sich noch uneinig, wie es weitergehen soll. Ein Kleinbündnis mit den Republikanern gegen das Großbündnis von DVU und NPD stößt bei den Mitgliedern auf Ablehnung. Die Mehrheit will sich nicht in neue Konkurrenzkämpfe jagen lassen, sondern zum Gesamterfolg der deutschen Rechten aktiv beitragen. Noch ist der Weg dazu nicht ganz gefunden.
hg/de

Österreich

Der Kärntner Landeshauptmann und langjährige FPÖ-Vorsitzende Jörg Haider hat sich für ein schärferes Asylrecht ausgesprochen und in diesem Zusammenhang angekündigt, sich selbst an die Spitze eines entsprechenden Volksbegehrens stellen zu wollen. Die Zahl der Asylanten müsse drastisch reduziert werden. Für das Jahr 2004 hat das Wiener Innenministerium rund 106 Millionen Euro für die Betreuung von Asylanten eingeplant. "Da wird täglich Diebstahl an Österreich betrieben", kritisiert Haider. Das "soziale Paradies" für Asylanten müsse beendet werden.

Beendet sehen will Haider auch die Bevormundung von Bürgern und Wirtschaft durch einen ausufernden EU-Zentralismus. In einem Pressegespräch im Dezember zog der Kärntner Landeshauptmann eine kritische Bilanz aus zehn Jahren österreichischer EU-Mitgliedschaft: "Der Brüsseler Zentralismus ist ärger als erwartet, die Wirtschaftspolitik benachteiligt den Mittelstand, die Budgetproblematik in den Mitgliedsländern wird durch die Maastricht-Kriterien verschärft, und der Euro hat zu einem massiven Kaufkraftverlust bei den Konsumenten geführt."


Niederlande

Gut zwei Jahre nach der Ermordung Pim Fortuyns steigen in den Niederlanden erneut die rechten Wahlchancen. Als neuer Hoffnungsträger wird der unabhängige rechtsliberale Parlamentsabgeordnete Geert Wilders gehandelt, der bis vor kurzem der zweitstärksten Regierungspartei VVD (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie) angehörte, diese aber wegen ihres Pro-Türkei-Kurses in der Frage des EU-Beitritts verließ.

Wilders konnte sich in den letzten Wochen immer wieder mit harscher Kritik am Islam profilieren, den er für unvereinbar mit westlichen Kulturwerten hält. Auch die offizielle niederländische Einwanderungspolitik hält er für falsch; notwendig sei ein radikaler Zuwanderungsstopp, um eine "Islamisierung" der Niederlande zu verhindern.

Wilders werden Ambitionen nachgesagt, demnächst eine eigene politische Partei ins Leben zu rufen. Beobachter prognostizieren schon jetzt, daß sie das Erbe der "Liste Pim Fortuyn" antreten könnte, deren Parlamentsarbeit infolge interner Zwistigkeiten nach einem Überraschungserfolg im Mai 2002 zum Erliegen gekommen ist. Wären heute Wahlen, könnte Wilders nach Einschätzung von Demoskopen mit mindestens 18 Sitzen im niederländischen Parlament rechnen.


Schweiz

Bei der jüngsten Landtagswahl in Basel verfehlte das Rechtsbündnis "Schweizer Demokraten (SD) / Volks-Aktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat (VA)" ganz knapp mit 4,9 Prozent den Parlamentseinzug. Nur acht Stimmen fehlten. Die "Schweizer Demokraten", bei der vorherigen Wahl noch allein angetreten, verloren ihre fünf Sitze im Großen Rat (Landtag). Damit ist die politische Rechte zum ersten Mal seit 1968 nicht mehr im Basler Parlament vertreten. "Wir werden nun außerparlamentarische Opposition betreiben", kündigte SD-Präsident Markus Borner an. Die Partei werde sich nicht auflösen, sondern in vier Jahren wieder antreten. In Basel war erst kürzlich die Fünf-Prozent-Hürde eingeführt worden.

Politische Beobachter vermuten, daß die fehlenden acht Stimmen beim Auszählen "verschwunden" sind. So wurden Wahlzettel, auf denen die "Schweizer Demokraten" angekreuzt waren, unter fadenscheinigen Vorwänden für ungültig erklärt. VA-Spitzenkandidat Eric Weber hält einen bewußten Betrug für nicht ausgeschlossen.

Frankreich

Seit Wochen halten die französischen Medien den "Fall Gollnisch" am Köcheln. Der langjährige Le-Pen-Weggefährte, Europaabgeordnete, Jurist und Professor für Japanologie an der Universität von Lyon hatte sich auf einer Pressekonferenz kritisch zur offiziösen Holocaust-Dogmatik geäußert ("über die Anzahl der Toten könnten die Historiker diskutieren") und war daraufhin vom etablierten Meinungskartell heftig attackiert worden. Auch im Europaparlament wird über Sanktionen gegen Gollnisch nachgedacht. FN-Parteichef Jean-Marie Le Pen hat sich deshalb in einem Brief an den Präsidenten des Europaparlaments, Joseph Borell, gewandt, in dem er mit Nachdruck den Schutz der parlamentarischen Immunität Gollnischs einfordert. Le Pen:

"Haben Sie eigentlich schon einmal vom ersten Amendment der amerikanischen Verfassung gehört, das den US-Bürgern die Freiheit des Geistes, des Glaubens und der Meinungsäußerung garantiert? Glauben Sie, daß Sie den Amerikanern Nachhilfe in Sachen Recht und Demokratie geben können? Sie täten vielmehr gut daran, sich von ihnen inspirieren zu lassen. (...) Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments bitte ich Sie und die Mitarbeiter Ihres Büros, mir Aufschluß darüber zu geben, welche Meinungen verboten sind oder welche Positionen man nicht verlassen darf, wenn man nicht riskieren will, Sie ‚zu schockieren' [Zitat aus einem Schreiben Borells; d. Red.]."


Belgien

Steigenden Zuspruch verzeichnet in diesen Wochen die flämische Rechte. 27 Prozent der Wähler, so aktuelle Umfragen, bekennen sich zu ihr, obwohl kürzlich ein Gerichtsverfahren letztinstanzlich mit einer Verurteilung des "Vlaams Blok" wegen "Rassismus" endete. Tatsächlich hatte die Partei lediglich die Präferenz für Einheimische vertreten und Zuwanderer zur Anpassung aufgefordert. Das wurde ihr von der politischen Justiz als "systematischer Ansatz zur Diskriminierung" angelastet.

Für Parteichef Frank Vanhecke hat sich Belgien durch den Richterspruch als "Bananenrepublik" disqualifiziert: "Der Gerichtshof nimmt keine Rücksicht auf unsere eine Million Wähler. Wir leben nicht mehr in einer Demokratie." Man erwäge jetzt, den europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg anzurufen.

Als weitere Konsequenz löste sich der Vlaams Blok formell auf und wurde im gleichen Zuge unter anderem Namen neu gegründet. Die Partei nennt sich jetzt "Vlaams Belang" ("Flämisches Interesse"). Programmatisch und personell hat die Umbenennung keine Auswirkungen. Parteichef Vanhecke sieht jedoch einen Solidarisierungsschub beim Wähler, der das Brüsseler "Rassismus"-Urteil als Akt politischer Willkür interpretiere. Im flämischen Parlament stellt "Vlaams Belang" bereits die zweitgrößte Fraktion.

Der zweite führende Kopf von "Vlaams Belang", Filip Dewinter, hat unterdessen bekräftigt, daß seine Partei mit artverwandten europäischen Kräften zusammenarbeiten will. Man habe bereits Kontakte zum französischen Front National, zur italienischen Lega Nord und zur Freiheitlichen Partei Österreichs. Denkbar sei eine gemeinsame Kandidatur zur nächsten Europawahl: "Ich biete Jörg Haider an, Spitzenkandidat unserer Bewegung zu werden", sagte Dewinter dem österreichischen Nachrichtenmagazin "News" und fügte hinzu: "Ich hatte mehrere Gespräche mit Haider und hatte sehr wohl das Gefühl, daß er Interesse an so einer Kooperation hätte." Allerdings versteht man bei "Vlaams Belang" nicht, weshalb der Kärntner Landeshauptmann für einen EU-Beitritt der Türkei wirbt. Dewinter: "Wir rechtsnationalen Parteien in der EU müssen gemeinsam die Islamisierung Europas bekämpfen."

Ausgerechnet der belgische Kronprinz Philippe, eigentlich zur Überparteilichkeit verpflichtet, startete jetzt einen Generalangriff auf "Vlaams Belang". Den 44 Jahre alten Prinzen stören die Autonomiebestrebungen der flämischen Rechten. "In unserem Land gibt es Menschen und Parteien wie den Vlaams Belang, die gegen Belgien sind, die unser Land zerstören wollen", sagte Philippe in einem Zeitschrifteninterview. "Ich kann Ihnen versichern, daß sie es mit mir zu tun bekommen werden."

Von den zehn Millionen belgischen Staatsbürgern sind 58 Prozent Flamen, 31 Prozent Wallonen und ein Prozent Deutsche. Der offizielle Ausländeranteil liegt bei acht Prozent. Durch den innerbelgischen Finanzausgleich fließen umfangreiche Subventionen von den Flamen zu den französischsprachigen Wallonen. Diese Umverteilung begünstigt den Ruf nach flämischer Eigenständigkeit, was wiederum dem belgischen Herrscherhaus mißfällt.
av

Spanien

In Spanien gibt es eine neue Rechtspartei. Rund 1900 Personen besuchten den Gründungskongreß in Madrid und hoben nach jahrelanger Vorarbeit die "Spanische Alternative" ("Alternativa Española") aus der Taufe. Die neue Kraft verortet sich selbst in der franquistischen Tradition und akzentuiert in ihrer Programmatik christlich-abendländische Werte. Besondere Schwerpunkte sind eine restriktivere Zuwanderungspolitik, der Schutz der nationalen Volkswirtschaft und die Bewahrung bzw. Wiederherstellung der nationalen Souveränität. Insbesondere die Abkommen mit der NATO, der EU und den USA müssen deshalb nach Auffassung der "Alternativa Española" neu verhandelt werden.

Großgeschrieben wird auch die Zusammenarbeit mit anderen patriotischen Bewegungen in Europa. So waren auf dem Madrider Gründungskongreß Vertreter unter anderem der polnischen "Partei für Recht und Gerechtigkeit" und der österreichischen Freiheitlichen zugegen, deren "Volksanwalt" Ewald Stadler die Notwendigkeit eines Zusammenstehens gegen den linksliberalen Zeitgeist hervorhob.

Der frischgekürte Generalsekretär der "Alternativa Española", Rafael Lopez-Die-guez, gab als erste politische Etappenziele seiner Partei den Einzug in die Regionalparlamente sowie Erfolge bei den Parlamentswahlen 2008 und bei der Europawahl 2009 an. Die spanische Rechte hatte in den letzten Jahrzehnten an Überalterung und Zerstrittenheit gelitten.



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servus  

07.02.05 09:55

13475 Postings, 9080 Tage SchwarzerLordDie Sendung Christiansen mag ich mir nicht ...

... mehr anschauen. Da gewinnt man keine neuen Erkenntnisse.  

07.02.05 12:35

23 Postings, 7039 Tage ÖKOSCHLEUSERM......Strumpfhosen-Model Sabine Christiansen (JF)

© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. 06/05 04. Februar 2005

Demokratie auf Abruf
Die Beschneidung von Freiheitsrechten dient nur dem Machterhalt der Herrschenden
Thorsten Hinz

Die erste Großkampfwoche des Gedenkens liegt hinter uns. Die politische Vernunft stand unter Vollnarkose, und diese gebar Ungeheuer. Vielleicht werden sie sich bald wieder verflüchtigt haben, doch virtuell bleiben sie als Drohung im Raum. Die etablierten Parteien wälzten Pläne zur Einschränkung des Demonstrations- und Versammlungsrechts und der Redefreiheit im Parlament. Dann schalt ein Ex-Verfassungsschutzpräsident das Bundesverfassungsgericht (BVG), es sei mit der Zurückweisung des Verbotsantrags gegen die NPD seiner politischen Verantwortung nicht nachgekommen.

Ein Historiker nutzte eine Gedenkveranstaltung des Bundestags, um unter dem Applaus der Abgeordneten (Ausnahme: Otto Schily) zu fordern, das Gericht solle im Kampf gegen rechte Verfassungsfeinde „die Samthandschuhe ausziehen“. Der BVG-Präsident, anstatt die obszöne Sprache und die Anmaßung durch souveränes Schweigen zurückzuweisen, verbreitete via Interview, man könne das Verbotsverfahren ja wiederholen. Und statt die weltweit einmalige staatliche Parteienfinanzierung abzuschaffen, will CDU-Ministerpräsident Peter Müller dafür sorgen, daß nur noch die Etablierten in ihren Genuß kommen.

Nur die Sorge um Demokratie und Rechtstaatlichkeit treibe sie um, beteuern CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und, ach ja, die PDS mit frommem Augenaufschlag. Denken sie nicht wenigstens ein kleines bißchen auch an sich selber? Bei der CDU liegt das auf der Hand. Die Sachsen-Union galt unter Kurt Biedenkopf als Ost-Pendant zur CSU, doch dieser Traum ist seit dem NPD-Erfolg perdu. Die Wahl in Schleswig-Holstein ist wohl vergeigt, auch die in NRW. Die Bundestagswahl 2006 kann die Union so desolat, wie sie sich präsentiert, ebenfalls nicht mehr gewinnen. Sie kann bloß hoffen, daß Rot-Grün sie verliert. Kaum vorstellbar, daß der vorzügliche Wahlkämpfer Gerhard Schröder ihr diesen Gefallen tun wird. Falls gleichzeitig eine Rechtspartei in den Bundestag einzieht, würden CDU/CSU sich in einer strukturellen Minderheitsposition wiederfinden. Schuld daran wären sie selber, denn sie haben alles getan, um Wähler, die irgendwie konservativ, national oder anderweitig dem Zeitgeist abhold sind, zu vergraulen.

Doch statt Selbstkritik und -korrektur zu üben, schlagen Unionspolitiker eine Verfassungsänderung vor, um „Volksverhetzung“ im Parlament unter Strafe zu stellen. Ihr Hintergedanke: Wenn diejenigen Abgeordneten, die Positionen besetzen, die zu vertreten wir zu feige sind, in ihrer politischen Rhetorik kastriert werden, dann wird sie keiner mehr wählen, und die Stimmen fallen wieder auf uns. Die Verfassung wird zum Ochsenziemer gemacht, mit dem man sein Stimmvieh in die Wahlkabinen treibt! CDU/CSU täuschen sich jedoch über ihre Erfolgsaussichten. Der Begriff „Volksverhetzung“ ist nicht antitotalitär, sondern antifaschistisch konnotiert, das Urheberrecht in Sachen Antifaschismus aber liegt bei der Linken. Deshalb hat die PDS sofort Zustimmung signalisiert. Die Union wird sich noch wundern, wie schnell ihre Abgeordneten Gauweiler, Geis und Glos vor dem Kadi stehen, sollte dieser Unsinn ins Grundgesetz kommen.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist ganz begeistert davon, das Versammlungsrecht einzuschränken, denn die „Liberalität“ beziehe sich „auf die Freiheit der Meinungsäußerung, aber sie darf sich nicht beziehen auf Neonazi-Propaganda, auf die Beleidigung von Opfern, auf das Entstehen von Nazitum in Deutschland“. Auch das sind Begriffe, die zum politischen Mißbrauch einladen. Es genügt, sich gegen Multikulti zu erklären, um heute als Nazi zu gelten. Weiterhin: Noch nie hat Thierse sich beschwert, wenn die von ihm gehätschelten Antifaschisten Veranstaltungen für Bombenopfer mit Losungen wie „Keine Träne für Dresden“ oder „Do it again, Bomber-Harris!“ störten.

Verfassung und Gesetze sind in einer Demokratie, die sich beim Wort nimmt, nicht dazu da, Tugendpfade vorzuschreiben, die die Bürger unter Strafandrohung zu befolgen haben, sondern sie umreißen einen Raum der Freiheit, in dem sich zum Beispiel die politische Auseinandersetzung abspielt. Dort haben selbst Gegner, ja sogar Feinde ihren Platz, solange sie nicht zur Gewalt greifen und durch Angst das Politische zerstören. Sie werden dort als mephistophelisches Prinzip wirksam, als „Teil von jener Kraft / die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. Das geschaffene Gute sind der geschärfte Verantwortungssinn der Demokraten und die Herausforderung an ihre Professionalität.

Doch der real existierende Parlamentarismus in Deutschland ist, wie Konrad Adam in der Welt in Anlehnung an Max Weber schrieb, eine Herrschaft der „Spießbürger“, „eines Typs, dessen ganzer Ehrgeiz sich auf materielle Ziele konzentriert und auf die Interessen der eigenen Generation beschränkt ist, dem jedenfalls das Bewußtsein ‘für das Maß der Verantwortung gegenüber unserer Nachkommenschaft fehlt’“. In der Tat: Der Schuldenstand des Bundes liegt bei mehr als 1,4 Billionen Euro (über 17.000 Euro pro Kopf), die Zinslast frißt bereits ein Viertel des Staatshaushalts. Was bleibt zukünftigen Generationen noch zum Leben? In zahlreichen deutschen Städten wird, ausgelöst durch eine verantwortungslose Einwanderungs- und Integrationspolitik, in den unteren Jahrgängen bald eine depravierte Bevölkerungsmehrheit bestehen, die kaum Deutsch kann, keinen Beruf hat und kein normales Einkommen erzielt. Wie soll unter diesen Umständen der innere Frieden gewahrt bleiben? Und wer wird ihn bezahlen? Man könnte beinahe bis ins Endlose fortfahren. Was hat die Politik darauf außer Gefasel zu sagen? Natürlich nichts!

Die wieder losgetretenen Diskussionen um die rechtsextremistische Gefahr sind ein Manöver, das von der Ratlosigkeit der politischen Klasse ablenken soll. Der aktuelle Gedenkreigen, in den die Debatte sich einfügt, dient ihr zur Selbstlegitimation, einen anderen Legitimationsgrund außer der NS-Vergangenheit weiß sie jedenfalls nicht zu nennen. Nimmt man noch das Antidiskriminierungsgesetz hinzu, mit dem die Bürger zum politisch korrekten Verhalten gezwungen werden sollen, ferner, daß die Finanzbehörden, also der Staat, bald hemmungslos die private Kontenführung beobachten können und sich so potentiell den Zugriff auf die Privatvermögen sichern, dann muß man kein NPD-Sympathisant sein, um zu sehen, daß die aktuellen Kampagnen und Gesetzesvorschläge auf eiskalte Herrschaftssicherung abzielen. Eine Demokratie aber, die sich in der Runde ewiggleicher Fernsehnasen erschöpft, die sich allsonntäglich beim Strumpfhosen-Model Sabine Christiansen versammeln, verdiente ihren Namen nicht mehr.



servus  

07.02.05 12:54

8970 Postings, 7538 Tage bammie@SL, kommt drauf an,

diesmal wars ganz interessant. Zum Vorschlag der Erbschaftssteuer, waren das keine positiven Gesichter aus Merkel und Clement. Hinterher hatten sie sich allerdings positiv geäußert. Etwas merkwürdig.


@Ökoschleuser: Bist du überzeugter oder wärest du gerne FDJ'ler ? ;P


greetz  

07.02.05 12:57

13475 Postings, 9080 Tage SchwarzerLordEin Blick auf die Teilnehmerliste genügt zumeist.

Immer die gleichen Gesichter. Sollten mal jemand als einfachen Bürger dazusetzen, das würde interessant. Ansonsten krümmt man da niemandem ein Haar. Ein Wirtschaftsminister darf dann nach über 2 Jahren Amtszeit konstatieren, daß man jetzt endlich mal alle Fakten auf dem Tisch habe. Nach 2 Jahren! War zumindest in der Presse zu finden. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.  

07.02.05 13:27

8970 Postings, 7538 Tage bammieso hatte sich Clement auch artikuliert

Merkel hatte schon ganz Recht, es wird viel zu lang an Lösungen rumgedoktort, bis es letztendlich viel zu kompliziert und realitätsfern in die Tat umgesetzt werden kann. Bis dahin haben wir vielleicht schon eine weitere Million arbeitslose


 

07.02.05 21:19

129861 Postings, 7485 Tage kiiwiiStaatszuschuss an die NPD verdoppelt sich

SPIEGEL


Staatszuschuss an die NPD wird verdoppelt  (?)


Verfassungsschützer warnen nach den jüngsten Erfolgen der NPD bei Landtagswahlen vor einer Aufbruchstimmung in der rechtsextremen Szene. Der Zuschuss des Staates an die Partei wird sich nach einem Zeitungsbericht wegen der guten Wahlergebnisse in diesem Jahr fast verdoppeln.


Berlin - Gemäß der laufenden Festsetzung der staatlichen Parteienfinanzierung werde die NPD 2005 rund 700.000 Euro zugewiesen bekommen, berichtet die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Bundestagsangaben. Im vergangenen Jahr hatte die Partei dem Blatt zufolge 334.291 Euro an Steuergeldern erhalten.

Die rechtsextreme Partei habe im vergangenen Jahr durch gute Ergebnisse bei der Europa- und der Sachsen-Wahl die Zahl ihrer Stimmen im letzten Wahlzyklus auf 481.058 erhöhen können. Ende 2003 hatte sie den Angaben zufolge bei den vorhergehenden 16 Landtagswahlen, der Bundestags- und der Europawahl nur 44.714 Stimmen gesammelt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wolle die Zuschüsse an alle in deutschen Parlamenten vertretenen Parteien Mitte des Monats verkünden, heißt es.

Verfassungsschützer warnen unterdessen vor einer Aufbruchstimmung in der rechtsradikalen Szene. "Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg hatten schon Signalwirkung in den Kreisen. Es ist jetzt Bewegung in der Szene", zitiert die "Welt" den Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Heino Vahldieck. Die NPD in Sachsen und die DVU in Brandenburg hatten bei den Landtagswahlen im Herbst den Einzug in die Parlamente geschafft.

Auch der baden-württembergische Verfassungsschutz sieht das Thema NPD nicht als rein sächsisches Problem. Auch wenn DVU und NPD im Südwesten derzeit kaum eine Rolle spielten, könne sich die Lage in den nächsten Monaten schnell ändern, sagte Hans-Jürgen Doll, Vizepräsident beim Landesamt für Verfassungsschutz, den "Stuttgarter Nachrichten". Doll forderte dazu auf, "sich mit diesen Gruppen gezielt auseinander zu setzen. Nur so kann man ihnen den Nährboden entziehen."

Die enge Kooperation mit der NPD spaltet nach Informationen des "Tagesspiegels" die DVU-Fraktion im Brandenburger Landtag. Inzwischen gingen zwei ihrer sechs Abgeordneten zu dem Annäherungskurs auf Distanz, berichtet die Zeitung. Bei ihnen handele es sich um den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Michael Claus sowie Markus Nonninger.

Die NPD sei ihm "viel zu revolutionär", zitiert das Blatt Nonninger. Es sei zweifelhaft, dass man bei ihr "alle Teile ständig unter Kontrolle halten kann". Die Partei würde die Menschen eher erschrecken als überzeugen. Der 33-jährige DVU-Politiker blieb nach eigenen Angaben auch dem Treffen seiner Partei mit sächsischen NPD- Abgeordneten am vergangenen Dienstag im Potsdamer Landtag fern.

Nonninger sehe auch die gemeinsame Liste skeptisch, mit der NPD und DVU zur Bundestagswahl 2006 und Europawahl 2009 antreten wollen. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Nonningers Fraktionskollege Claus kritisch zur Zusammenarbeit mit der NPD geäußert.



MfG
kiiwii  

07.02.05 21:56

129861 Postings, 7485 Tage kiiwii"NPD gefährdet Simonis' Wahlerfolg"

NPD gefährdet Simonis' Wahlerfolg

Die Rechtsextremen könnten in den schleswig-holsteinischen Landtag einziehen

von Martin Lutz und Hans-Jürgen Leersch


Berlin - Das Abschneiden der NPD ist der große Unsicherheitsfaktor bei der Wahl in Schleswig-Holstein. Knapp zwei Wochen vor der Entscheidung liegen die Rechtsextremen in den Umfragen zwar maximal bei 2,5 Prozent. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid rechnet aber mit Protestwählern, deren genaue Zahl sich vor dem Urnengang nur schwer ermitteln läßt.

"Das Potential der Rechtsparteien bündelt sich weniger in braunem Gedankengut, sondern in einem sehr sprunghaften Protestwahlverhalten", sagte Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner der WELT. Dies hätten die Wahlen in Sachsen gezeigt.

Angesichts von fünf Millionen offiziellen Arbeitslosen und der daraus erwachsenden Zukunftsangst sei der Nährboden für Protestwähler so günstig wie nie. Das eigentlich rechte Klientel mache lediglich ein Drittel des Wählerpotentials aus. "Entspannt zurücklehnen sollte sich keine Partei in Schleswig-Holstein", so Schöppner. Bei der Wahl 1992 war die rechte DVU mit 6,3 Prozent in den Landtag eingezogen.


In den Parteizentralen wird denn intern auch befürchtet, daß die NPD von Protesten gegen die hohe Arbeitslosigkeit profitieren könnte. Gespannt wird das Wahlbarometer für Schleswig-Holstein der Mainzer Forschungsgruppe Wahlen erwartet, das am Freitag veröffentlicht wird. "Wir planen eine Kampagne für eine hohe Wahlbeteiligung unter dem Motto: Wählen gehen. Jetzt erst recht!", sagte SPD-Sprecher Christian Kröning der WELT. Im Unterschied zum Grünen-Koalitionspartner wolle seine Partei die Rechtsextremen aber nicht auf Plakaten thematisieren. Anne Lütkes, Justizministerin und Spitzenkandidatin der Grünen, läßt neuerdings 1700 Plakate mit der Aufschrift "Kein Zutritt für Rechts" kleben.


Der Einzug der NPD in den Landtag hätte weitreichende Folgen für Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). Eine neue Fraktion könnte bewirken, daß Simonis nur in einer Großen Koalition mit der CDU oder mit einer Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen die nötige Regierungsmehrheit zustande brächte. Eine Beteiligung der CDU an der Landesregierung käme Parteichefin Angela Merkel zugute. Ähnlich wie die SPD in Sachsen könnte die CDU-Führung die neue Teilhabe an der Macht in Kiel als Erreichen des Wahlziels herausstellen. Mögliche Folge wäre eine bessere Startposition für die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai. Außerdem würde die im Falle einer Wahlniederlage als sicher erscheinende Personaldebatte über Merkels Eignung als Kanzlerkandidatin wenigstens aufgeschoben.


CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen setzt indes auf Sieg. Auch wenn ihm ein NPD-Erfolg den stellvertretenden Ministerpräsidentenposten sichern würde, warnt er davor, in der Diskussion um die Arbeitslosigkeit die NPD hochzureden. Diese Gefahr bestehe, wenn man das Problem der Arbeitslosigkeit immer mit Schuldzuweisungen verbinde, sagte Carstensen gestern in Kiel. "Wir haben einen hervorragenden Trend", sagt der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann, der in Carstensens Mannschaft als Finanzminister vorgesehen ist. Die Umfragen, die die SPD im Moment vorne sehen, würden die Stimmung im Land nicht richtig wiedergeben. An einen Einzug der NPD in den Landtag glaubt Austermann nicht.


Zu Gelassenheit rät Wolfgang Kubicki, Spitzenmann der Landes-FDP: "Das Phänomen NPD wird in Schleswig-Holstein völlig überbewertet."


Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) befürchtet für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein indes nichts Gutes. Mit der CDU hatte der sächsische Regierungschef Mitte September die absolute Mehrheit eingebüßt, die NPD sitzt seitdem mit im Dresdner Landtag. Noch drei Wochen vor der Wahl hatte Forsa prognostiziert, die NPD werde mit vier Prozent der Stimmen rechnen können. Tatsächlich erhielten die Rechtsextremen aus dem Stand 9,2 Prozent.



WELT, Di, 8. Februar 2005



MfG
kiiwii  

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