Im ruhigeren Fahrwasser [23.11.2006, WAZ]
Bei der KHS AG kann man sich wieder besser voll auf die Arbeit konzentrieren, nachdem die Auktion für die Aktien der Muttergesellschaft abgesagt wurde. Reisgen im WAZ-Gespräch: Interessenten gibt es viele
Sie haben nicht gezittert. Besorgt waren sie dennoch. Seit gestern können sich die Beschäftigten der KHS AG an der Juchostraße - dort arbeiten weit über 1000 der insgesamt über 4000 Beschäftigten weltweit - wieder besser auf die Arbeit konzentrieren. Die drohende Versteigerung von 68 Prozent der Aktien der KHS-Muttergesellschaft, der Klöckner Werke AG, (die WAZ berichtete), wurde von der HSH Nordbank ausgesetzt. Die Auktion war für den 27. November geplant.
Valentin Reisgen, Vorstandsvorsitzender bei KHS AG und Vorstandsmitglied der Klöckner Werke AG, gestern im Gespräch mit der WAZ: „Ich vermute, dass es auch später keine Versteigerung der Aktien gibt." Es gebe viele Kaufinteressenten an dem profitablen und gesunden Unternehmen. Und nun gebe es auch die Zeit, das optimale Ergebnis für die Muttergesellschaft Klöckner Werke AG und für die KHS AG herauszuverhandeln. Vielleicht schon in vier Wochen, vielleicht aber auch erst im März 2007 werde klar sein, wer der neue Mehrheitsgesellschafter bei der Muttergesellschaft und damit KHS sei. Die Klöckner Werke AG halten 100 Prozent der KHS-Aktien. KHS ist das eigentliche Kerngeschäft der Mutter, die 87,5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Dortmunder Tochter macht.
Nachdem die HSH-Nordbank der Frankfurter WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG einen Kredit über 200 Mio Euro kündigte, war diese in Bedrängnis geraten. Am 21. November wurde das Insolvenzverfahren für WCM eröffnet. Als Pfand für den Kredit besitzt die HSH das 68-Prozent-Aktienpaket von WCM an der Klöckner Werke AG. Nach gegenwärtigem Börsenkurs ist das Aktienpaket rund 240 Mio. Euro wert.
Bei KHS bestand die große Sorge, dass die HSH Nordbank „richtig Geld" machen wollte. Schon einmal habe die Bank ein Aktienpaket von WCM - das des Immobilienkonzerns IVG - günstig ersteigert und anschließend mit dickem Gewinn an einen Investor verkauft. Reisgen kündigte gestern an, dass man in diesem Zusammenhang juristisch gegen die HSH-Nordbank vorgehen werde „mit guter Erfolgsaussicht." Es gehe um viel Geld. Anfang November hatte bereits ein WCM-Aktionär eine Anzeige gegen die HSH Nordbank beim Bundeskartellamt eingereicht.
Nun gehe man aktiv in die Offensive, so Reisgen - nachdem man bereits in die Öffentlichkeit mit den Unternehmensplanungen bis 2009 gegangen war. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll ein Gutachten (Due Dilligence Prüfung) erarbeiten. Danach werde ein Gläubigerausschuss über den Verkauf entscheiden.
Heftig operativ gearbeitet und für die Zukunft geplant wird auch noch: „Wir haben Aufträge bis weit ins Jahr 2007", so Reisgen. Nachdem man in China eine Beteiligung einging (die WAZ berichtete), soll das neue Werk in Indien im Frühjahr 2007 eröffnet werden. Zur Sortimentskomplettierung plane KHS den Kauf eines Herstellers von Steckblasmaschinen, das sind Maschinen zur Herstellung von Kunststoffflaschen.
KHS sei einer der Weltmarktführer in der Getränke- und Verpackungsindustrie - und werde es bleiben, so Reisgen. Bis 2009 soll der Umsatz auf 930 Mio Euro steigen (2005 = 713 Mio Euro). Am 30. November berät der KHS-Gesamtbetriebsrat über die aktuelle Situation. |