...ist Wirecard von einer Gruppe philippinischer Bankangestellten und Rechtsanwälte um 1,9 Milliarden gelinkt worden, indem die sich gegenseitig gefälschte Transferbescheinigungen ausgestellt haben. Die Treuhandkonten waren zur Abwicklung von eCommerce Transaktionen gedacht - es ist in Asien normal, dass die vom Zahlungsabwickler zwar sofort durchgeführt, aber erst mit Verzögerung verbucht werden (Alibaba, Lazada etc.). Wirecard wusste davon spätestens seit dem KPMG-Prüfbericht, aber wahrscheinlich früher, und hat versucht, diese gewaltige Summe zu verorten, was aber nicht gelungen ist. Weil sie genau wussten, welche Konsequenzen das haben würde, haben sie bis zuletzt mit der Öffentlichkeit Versteck gespielt, in der Hoffnung, EY würde aus Angst vor einem Reputationsschaden doch noch ein Testat ausstellen - denn sie haben in der Vergangenheit offenbar gefälschte Belege dieser zwei Banken durchgewunken (wieso? wer kann's wissen). EY hat aber offenbar sehr kurzfristig die Reißleine gezogen, um sich nicht noch tiefer mit reinzureiten. Braun hat noch kürzlich für 2,5 Mio zugekauft, wahrscheinlich um im Klagefall glaubhaft darlegen zu können, dass er von den Dimensionen nichts gewusst hat, oder einfach aus Realitätsverweigerung. Wenn man sich für Superman hält, gesteht man sich ungern ein, betrogen worden zu sein.
Wie bewertet man das als Anleger?
1) Wenn die Kreditgeber heute die credit line aufkündigen, müsste Wirecard alle Verbindlichkeiten aus der Masse stemmen. Das ginge sogar, aber ohne Kredite wird die Aufrechterhaltung des Betriebs schwierig. Man muss hoffen, dass die Banken den Reputationsschaden für sich selbst größer halten als den Bilanzschaden. Das kann gut gehen, weil Wirecard in erster Linie selbst betrogen worden zu sein scheint. Das kann aber wegen der katastrophalen Compliance auch nicht passieren. 2) Wenn die BaFin Wirecard die Banklizenz entzieht, kann der Laden dicht machen, weil Kreditkartenunternehmen und Banken dann keine Geschäfte mehr über ihn abwickeln dürfen. Das passiert aber nicht heute.
Also: Im günstigsten Fall kommt heute die Stellungnahme zur Verlängerung / Reorganisation der Credit Line, und der Kurs wird zum Verfall nochmal gepuscht, weil so viele Putoptionen satt im Gewinn stehen. Im schlechtesten Fall ziehen die Kreditgeber und Geschäftspartner die Reißleine. Die BaFin wird aber nicht heute oder nächste Woche die Lizenz killen, sondern den Sachverhalt erstmal prüfen müssen. Das lässt mich hoffen, dass es trotz der unglaublichen Schlamperei doch noch zu einer Rettung des laufenden Geschäfts kommt, denn das ist ja OK.
Eine einzige positive Sache hat es ja: daraus wird mit Sicherheit mal ne Netflixserie gemacht werden, und die kann man sich noch mit seinen Enkeln angucken und sagen, stell dir vor, ich war da auch mit drin. Dann werden die Enkel halt sagen, warst du komplett bescheuert :-)?
Ich bin selbst mit 2500 im minus und sag mir momentan, auf den Rest kommt es jetzt auch nicht mehr drauf an. Ich zieh das jetzt bis zum bitteren Ende durch, bin mir aber bewusst, dass der Kurs auch einstellig werden kann.
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