Schwellenländer befeuern deutschen Export Getty Images Turbinenproduktion bei Siemens: Die Ausfuhren nach Übersee stiegen um 26,2 Prozent China, Brasilien und Co. lassen deutsche Ausfuhren boomen, vor allem den Schwellenländern verdankt die Industrie ein sattes Plus beim Export. Doch es gibt auch kritische Stimmen: Die Regierung vernachlässige den Binnenmarkt, warnt Uno-Ökonom Flassbeck. Wiesbaden - Die deutschen Exporteure machen derzeit blendende Geschäfte, die eindrucksvollen Wachstumsraten sind allerdings vor allem der starken Nachfrage aus Ländern außerhalb der EU geschuldet. Die Ausfuhren nach Übersee stiegen im ersten Halbjahr um 26,2 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahr auf 178,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Besonders hohe Zuwächse erzielten die Lieferungen nach Brasilien (plus 61,3 Prozent), nach China (plus 55,5 Prozent) und in die Türkei (plus 38,8 Prozent). Die Ausfuhren nach Japan stiegen um 24,3 Prozent. Insgesamt wuchs der Export um 17,1 Prozent auf 458,3 Milliarden Euro. Die Versendungen in die EU-Mitgliedsländer erhöhten sich dagegen nur um zwölf Prozent auf 279,8 Milliarden Euro. Vor allem Kunden aus Portugal (plus 26,5 Prozent) und Schweden (plus 25,1 Prozent) nahmen mehr ab, während die Lieferungen nach Griechenland (minus 12,7 Prozent) und Dänemark (minus 1,7 Prozent) schrumpften. Trotz der geringeren Wachstumsraten ist der Handel innerhalb der EU mit einem Absatz von fast 280 Milliarden Euro weiter das wichtigste Standbein der deutschen Exporteure. Die USA (30,8 Milliarden Euro) und China (25,2 Milliarden Euro) folgen mit weitem Abstand. China wichtigster Lieferant Deutschlands Bei den Importen avancierte China mit einem Anstieg seiner Lieferungen um 35,6 Prozent auf 34,6 Milliarden Euro zum wichtigsten Partner Deutschlands vor den Niederlanden. Wobei die "niederländischen" Einfuhren auch die Lieferungen aus aller Welt über Rotterdam umfassen und daher verzerrt sind. Auch Russland konnte mit einem Zuwachs von 38,3 Prozent auf 15,4 Milliarden Euro deutlich mehr Waren absetzen. Innerhalb der EU steigerten sich die Bezüge vor allem aus Schweden (plus 23,3 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro), Polen (plus 22,3 Prozent auf 13,5 Milliarden Euro) und aus den Niederlanden (plus 16,5 Prozent auf 33,2 Milliarden Euro). Die Einfuhren stiegen insgesamt um 15 Prozent und beliefen sich auf 383,6 Milliarden Euro. Der Boom im Außenhandel stößt allerdings nicht bei allen Beobachtern auf ungeteilte Zustimmung. Ökonomen und Politiker im Ausland werfen Deutschland eine Art Lohndumping vor, um als wichtige Exportnation im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die Binnenwirtschaft bleibe dabei außen vor. Die niedrigen Löhne sind auch Heiner Flassbeck, Chefökonom der Uno-Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad), ein Dorn im Auge. "Das deutsche Wachstum dürfte in diesem Jahr zu etwa drei Vierteln vom Außenbeitrag gestützt werden", erklärte Flassbeck in der "Financial Times Deutschland". Konsum und Investitionen in Deutschland stiegen derzeit nur aufgrund der Konjunkturpakete, das Plus sei daher nur temporär. Er forderte einen deutlichen Lohnzuwachs für die deutschen Beschäftigten, um die Binnennachfrage zu stärken. mik/dapd http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,717331,00.html |