hinterfragt die Nachhaltigkeit des 3 D Geschäftsmodells
Ich mache für Herrn Neumann nicht die Mickymaus
Herbert Kloiber sitzt in seinem Büro und spricht über Fernsehen, das Kino und die Macht in Berlin 14. Februar 2010 Auf der Berlinale feiert sich das deutsche Kino. Derweil sitzt in München der Inhaber des „Kinosenders“ Tele 5, Herbert Kloiber, dem die nationale Filmförderung aus Berlin nicht passt. Er würde sie am liebsten auflösen.
Herr Kloiber, Sie sind mit Ihrer Gesellschaft, der Tele München Gruppe, Kinobetreiber mit Cinemaxx, Sie sind Produzent, Filmhändler und haben Sender - ATV in Österreich, hierzulande einen Teil von RTLII und ganz und gar Tele5. Und Sie haben etwas gegen die deutsche Filmförderanstalt FFA und das neue Filmfördergesetz. Warum?
Die Filmförderung soll von einer freiwilligen Abgabe auf einen verpflichtenden Prozentsatz umgestellt werden. Und das auch noch rückwirkend bis zum Jahr 2004. Dabei haben gerade die Kinobetreiber - die überwiegend in deutscher, mittelständischer Hand sind - und ein kleiner Sender wie unser Tele5, in den Jahren 2004 bis 2006 eine harte Zeit durchgemacht. Tele5 hat noch nie einen von der FFA geförderten Film gesendet, wir bedienen uns aus diesem Topf also gar nicht. Wir haben in vier Jahren hundert Millionen Euro investiert - also Verluste geschrieben, wir haben vier geschlossene Bilanzen.
Und die Kinobetreiber darf die Politik nicht als Profiteure, Heuschrecken oder Milliardenabsahner betrachten, denen man einfach mal so in die Tasche greifen kann, um Probleme zu lösen, die man selbst geschaffen hat. Ich verstehe das als Bestrafung für Leute, die sich in den letzten Jahren um den Film gekümmert haben, wir unterstützen mit unserem Sender Tele5 ja allein dadurch, dass wir die Rechte kaufen und senden. Für die kommenden Jahre sind wir bereit, einem Abgabeabkommen beizutreten, rückwirkend aber nicht. Ich habe wirklich keine Lust, für Herrn Neumann die Mickymaus zu machen. Und ich zahle auch nicht gerne in die FFA ein, weil ich den Eindruck habe, dass dort nicht sehr effizent gewirtschaftet wird.
Mit der Filmförderung an sich stehen Sie aber nicht aufs Kriegsfuß.
Zum Thema Die deutsche Filmförderung steht am Abgrund Bernd Neumann über die Zukunft der Filmförderung Gar nicht, ich habe am Aufbau des Filmfernsehfonds Bayern gerne mitgewirkt. Ich bin aber generell der Ansicht, dass Kulturförderung eine Sache der Bundesländer ist. Sie ist dort besser aufgehoben, zudem gibt es einen regionalen Wettbewerb. Der Gremienüberbau in einer großen Bundesanstalt ist nicht der Humus, auf dem gute Förderkultur gedeiht. Der deutsche Film würde nicht ärmer, wenn man das Geld der FFA auf regionale Töpfe und den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) verteilte, es gäbe nur etwas weniger Bürokratie. Der nächste Schritt der Eskalation bei der geplanten Abgabeordnung der FFA ist unschwer zu erkennen: Statt unter Vorbehalt werden die Kinoketten dann gar nicht mehr zahlen.
Das klingt nach Anarchie ...
... das ist es aber nicht, wir sind gesetzestreu! Aber ich habe nicht gehört, dass der Kulturstaatssekretär Bernd Neumann mit Kinoketten oder Fernsehsendern gesprochen hätte, die er jetzt zur Kasse bittet. Darauf müssen die Vorstände der Cinemaxx, Cinestar oder UCI irgendwann reagieren, indem sie das Geld so lange bei einem Anwalt hinterlegen, bis endgültig geklärt ist, welchen Prozentsatz sie wirklich zu zahlen haben. Vielleicht findet man ja auch einen Modus, der uns die siebzehn Millionen Euro zurückerstattet.
So viel haben Sie bis heute eingezahlt?
Sogar noch etwas mehr. Grundsätzlich werden auch Mittel von der FFA zur Renovierung der Kinoketten auf der Basis ausgezahlt: ein Drittel Förderung, zwei Drittel Eigenmittel. Viele Kinoketten konnten in den Krisenjahren 2004, 2005 und 2006 diese Mittel aber gar nicht abrufen, weil sie nicht in der Lage waren, die nötigen Eigenmittel aufzubringen. Also hat sich das Geld bei der FFA aufgestaut und wurde dann einfach umgewidmet. Statt Renovierung hat die FFA nun das Thema Digitalisierung in den Vordergrund geschoben. Und damit ist ein anderes Politikum aufgetreten: Das Kino der Zukunft ist digital.
Kinobesucher könnten denken, das Kino der Zukunft ist 3D.
3D ist momentan wirklich ein Treiber. Letztlich ist 3D eine wiederbelebte Technologie, das gab es ja schon mal in den fünfziger und siebziger Jahren. Nur jetzt ist es perfektioniert und mit „Avatar“ vielleicht sogar schon an einem Kulminationspunkt angekommen.
Das heißt, 3D könnte bald schon wieder Geschichte sein?
Der Trend kann in drei bis fünf Jahren vorbei sein. Oder aber die Kinoketten können dann nicht mehr so wie heute einen Premiumpreis für 3D verlangen: Wer zum Beispiel in Nürnberg die Möglichkeit hat, „Avatar“ für neun Euro in 2D zu sehen oder für dreizehn Euro in 3D, der entscheidet sich in achtzig Prozent der Fälle für die teurere Vorführung in 3D. Dadurch hatte das Kino in Deutschland - bei rund 300 3D-Sälen - im vorigen Jahr dreizehn Prozent mehr Zuschauer, aber 23 Prozent mehr Umsatz. Dieser Unterschied kommt vor allem durch das 3D-Supplement.
Was haben Sie für die 3D-Aufrüstung Ihrer Kinoleinwände bezahlt?
Wir haben bei Cinemaxx 2009 sieben Millionen Euro für die 3D-Installation ausgegeben. Diese Investition soll sich in drei Jahren amortisieren über den Ticketpreis. Und das haben wir gemacht ohne Subvention, ohne Mittel von der FFA. Wir haben uns jedenfalls nicht einfangen lassen von der Fremdbestimmung, die mit der Digitalisierung ja auch einhergeht ...
... weil die FFA 3D nicht fördert?
Genau. 3D wird nicht gefördert, die normale Digitalisierung dagegen, die nur das Ende des alten Zelluloid-Kinos bedeutet, soll gefördert werden. Wenn Sie so wollen, ist das eine ein Ferrari Testarossa, das andere ein Fahrrad mit Stützrädern.
Wie hat sich Ihr Sender Tele5 im letzten Jahr geschlagen?
Unser Businessplan war immer, dass wir 2009, 2010 den Break Even erreichen, das gelingt. Sie müssen bedenken, dass Sie in Deutschland allein für die Verbreitung eines Senders mit fünfzehn Millionen Euro zu rechnen haben. Das müssen Sie als Erstes einspielen, dazu kommen Abgaben, die Rechtekosten, das nennen wir den „Break Even I.“. Den haben wir.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen der Tele München und Tele5? Die Muttergesellschaft hat die Filme, die werden Tele5 zugewiesen, der Sender muss zahlen und nehmen, was kommt?
Das ist ganz einfach. Wir haben rund 23.000 TV-Rechte. Die großen, neuen Pakete, in denen etwa Filme wie „Shutter Island“ mit Leonardo DiCaprio oder „Twilight“ enthalten sind, werden dreißig Monate nach dem Kinostart in die Free-TV-Vermarktung gegeben, dazwischen liegt der DVD-Verkauf. Angeboten werden die Filme dem Fernsehen etwa eineinhalb Jahre nach der Kinoauswertung, dann greifen die großen Sender zu. Die Rechte werden meistens für drei bis fünf Jahre vergeben. Danach geht es in die Zweitvermarktung, und da kommt die Redaktion von Tele5 ins Spiel - mit einer Wunschliste. Und so kommt es zu einer Ausstrahlung von rund 2000 Filmen im Jahr. Auch „Batman“ war gerade bei Tele5 zu sehen.
Tele5 bezahlt den üblichen Marktpreis?
Tele5 zahlt einen sozusagen zwischen der linken und der rechten Tasche für gerechtfertigt gehaltenen und steuerlich geprüften Marktpreis.
Der Sender hat im Krisenjahr 2009 sogar die Werbeeinnahmen erhöht.
Unser Geschäftsführer Kai Blasberg hat zuletzt vierzig neue Kunden gewonnen. Tele5 hat sich unter den kleinen Sendern der dritten Generation bestens positioniert - als der Kinosender. Der Slogan „Wir lieben Kino“ gilt.
Wie steht es um die RTL-II-Beteiligung? Wie plazieren Sie dort Ihre Filme?
Wie jeder andere auch. Sehr viele Kinofilme laufen dort übrigens nicht.
Wieso sind Sie, mit rund einem Drittel, überhaupt dabei? Die Teilhaber - RTL, Bauer, Burda und Sie - lagen sich in den letzten Jahren ganz schön in den Haaren.
Als ich aus Tele5 - dem von Gerhard Zeiler einst geführten Originalsender -, ausgestiegen war, mit einem Gewinn von immerhin 180 Millionen Mark, kam Helmut Thoma, der Geschäftsführer von RTL, auf mich zu und lud mich ein, gemeinsam RTLII zu starten. Das konnte RTL - damals CLT und Bertelsmann - aus medienrechtlichen Gründen allein nicht machen. Und das mit den Streitereien - glauben Sie das doch nicht. Ich habe gerade gesehen, dass sich die Gewinnausschüttungen von RTLII in den letzten zehn Jahren auf mehr als 150 Millionen Euro summieren. Seit der ehemalige Geschäftsführer Josef Andorfer RTLII vor Jahren verlassen hat, wird auch gar nicht mehr gestritten. Jetzt ist Ruhe im Saal, die Zahlen stimmen, 95 Prozent des Gewinns werden ausgeschüttet. Wer will sich da beklagen?
Alles strebt ins Internet, Filme bestellt man sich heute „on demand“ und schaut Heimkino. Was bedeutet das für Ihr Geschäft - Film, Kino, Sender?
Die Kreativität des Produkts - der Film - bleibt das Entscheidende. Es verändert sich die Distribution, und darauf muss man sich einstellen. Für die Kabelanbieter zum Beispiel bauen wir schon Filmpools auf, die man on demand abrufen kann. Dem Kino wurde im vergangenen Jahr der Wirtschaftskrise wegen ein Absturz vorhergesagt - das Gegenteil ist eingetreten. Wenn Sie mich fragen, was in fünf, zehn Jahren sein wird, kann ich nur sagen, dass unsere Verkaufs- und Rechtsabteilung, die heute zwanzig Leute mehr beschäftigt als vor zehn Jahren, noch einmal zehn mehr umfasst, die sich um die Verteilung der Rechte auf allen Übertragungswegen kümmern werden. Wir verkaufen heute schon jeden Film in einem Zyklus von zehn Jahren an mindestens 25 Nutzer. Die Nutzung des Films vervielfacht sich.
Irgendwann haben Sie gesagt, 2011 könne für Sie an der Spitze der Tele München die Zielgerade sein. Danach klingt es im Augenblick nicht.
Habe ich das wirklich gesagt? Ich habe überhaupt keine Überlegungen, die Tele München abzugeben oder aufzugeben und mich selbst hier ab- oder aufzulösen. Die nächsten drei Jahre will ich Ihnen garantieren. Danach lade ich Sie herzlich wieder zum Gespräch ein, dann bin ich fünfundsechzig, aber das muss auch nicht unbedingt ein Grund sein. ----------- "Drei Dinge treiben den Menschen zum Wahnsinn. Die Liebe, die Eifersucht und das Studium der Börsenkurse." John Maynard Keynes |