Zwangslagen und vermeintliche Einstiegkurse (I)von Ronald Gehrt Guten Morgen, verehrte Leserinnen und Leser! Rallye oder keine Rallye, das scheint jetzt die tägliche Frage zu sein. Dauernd höre ich „ist das schon das Ende der Korrektur?“, „kommen jetzt in diesem überverkauften Markt wieder die Bullen zum Zuge?“ oder „sind das nicht wirklich ideale Einstiegskurse?“ wenn sich die Kurse mal ein, zwei Prozent nach oben bewegen (innerhalb der Handelssitzungen natürlich). Was sind denn das für Fragen? Gestern erreichte der Dow Jones genau die 10%-Korrektur-Marke, gemessen von seinen unlängst erreichten Rekordhochs. Prompt wurde massiv gekauft – binnen 70 Minuten sauste der Index 170 Punkte nach oben. Der Nasdaq 100 hat in einem eigentlich eher provisorischen Abwärtstrendkanal die untere Begrenzung touchiert. Sofort schossen die Kurse genau dort wieder nach oben. Gleichzeitig höre, lese und sehe ich in den Medien, wie fieberhaft nach dem idealen Einstiegskurs gesucht wird. Als würde man irgendwas gewinnen, wenn man genau am Tief einstiegt. Ich darf daran erinnern, dass derjenige, der den tiefsten Kurs erwischt, das nur erreicht, wenn er rein spekulativ in ein fallendes Messer greift ... und dabei einfach Glück hat. Und doch tönt es allenthalben, als wäre das erstrebenswert. Eine Rallye ist immer drin ... na und?Ich höre natürlich besorgte Stimmen, sicher. Aber wer anfängt, die Gewinnchancen ab dem aktuellen Niveau zu den vorherigen Hochs (oder noch höher) auszurechnen und fiebrig am Computer auf „die Chance“ wartet, hört so etwas nicht. Ich bitte Sie: Lassen sie sich nicht einwickeln. Wenn nun eine Rallye beginnt, na und? Was etwas taugen würde, ist eine Trendwende nach oben, am besten im Anschluss an eine vernünftige Bodenbildung. Aber senkrecht runter und dann einfach danach dauerhaft rauf ... das kommt selten vor. Und wenn es nach zwei, drei Prozent sofort wieder fünf nach unten geht ... was bringt es Ihnen? Auch, wenn ich kein Prophet bin und sein kann, behaupte ich: In diesem Umfeld, in dem wir stehen, wird es nicht einfach mal so wieder rauf gehen wie im März oder Mai – auch, wenn viele davon ausgehen (was in sich schon genug Gefahr birgt)! Klar, Shortpositionen werden immer wieder eingedeckt und treiben die Kurse. Die, die es ohne Zocken nicht aushalten können, steigen immer wieder ein und treiben die Kurse ebenfalls blitzschnell nach oben. Im Dax stapeln sich die Kauforders im Dax Future derer, die viel mehr als ihren Einsatz verlieren würden, wenn es weiter runter geht. Das alles kann die Aktienmärkte ganz selbstverständlich mal eben 4-5% binnen allerkürzester Zeit nach oben treiben. Jederzeit. Vielleicht sogar noch weiter. Aber sehen Sie sich doch mal die Charts an: Seit mehreren Wochen ist die vorherrschende Richtung abwärts. Und wir haben zuletzt mehrfach solche Rallyes nach oben erlebt, die blitzschnell in sich zusammenbrachen und welche die, die nicht geistesgegenwärtig und konsequent sofort wieder ausgestiegen sind, mit blutigen Nasen zurückließen. Und dann soll ausgerechnet eine popelige kleine Parallele im Nasdaq und die im Prinzip völlig irrelevante Linie von 10% nach unten im Dow Jones die Basis dafür sein, dass Sie mit Ihren Ersparnissen in einen abwärts weisenden Trend einsteigen sollen? Wer kann das wollen und hoffen außer denen, die dringend steigende Kurse brauchen? Ich rate dazu, sich bei aktuell bullishen Lächlern immer zu fragen, wo das Interesse hinter der Predigt zum hurtigen Einstieg liegt ... bei Ihrem Wohl oder desjenigen, der predigt? Hier geht es für zu viele nicht mehr um „wollen“, sondern um „müssen“Auch, wenn ich mich wiederhole: Wir stehen nicht einfach in einem stinknormalen Rücksetzer, der einfach ein überhitztes Kursniveau bereinigt. Hier wird im Moment der Dreck aus allen finsteren Ecken der Finanzindustrie herausgekehrt. Man kehrt noch ... und wird auch noch lange kehren. Wie der Trader-Veteran Art Cashin am Mittwoch treffend sagte: Wir befinden uns in einem Umfeld, in dem aus Freiwilligkeit Zwang geworden ist! Wir erleben damit ein Szenario, das bestenfalls mit der Situation 1998 vergleichbar ist. Konkret: Der Yen ist zu Dollar und Euro nahezu senkrecht gestiegen. Von 165 Yen pro Euro vor einer Woche (!) auf heute unter 152. Der Währungsgewinn aller Carry-Trades des letzten halben Jahres ist weg. Hier sind gigantische Summen betroffen, für die das „soll ich oder soll ich nicht“ ein Ende hat. Um nicht wegen des Hebels dieser Aktionen katastrophale Verluste zu erleiden, müssen viele nun diese Positionen auflösen. Was bedeutet, dass sie gezwungen sind, die Aktien oder Anleihen, die sie über diese Carry-Trades in Europa oder den USA gekauft haben, zu verkaufen. 
Die schauderhafte Zahl an eingefrorenen und/oder notleidenden Hedge Funds sollte eigentlich jeden Anleger abschrecken, ausgerechnet jetzt auf eine Wende zu hoffen. Gestern war der Termin, bis zu dem die Investoren den Hedge Funds melden mussten, dass sie ihr Geld wiederhaben, sprich aussteigen wollen. Bei den fröhlichen Nachrichten ... glauben Sie, das werden nur wenige sein? Und, liebe Leser, was können diese Hedge Funds als einziges tun, um diesen Anlegern ihr Geld zu geben? Sie müssen einen Teil ihrer gigantischen, teilweise auf Kredit finanzierten Positionen glattstellen! Sie können nicht, sie müssen! Das selbe gilt für ganz normale Aktienfonds. Auch hier sind die Abflüsse groß geworden. Was müssen die Fonds tun, um an das Geld zu kommen, das sie den Investoren geben müssen? Sie müssen Aktien verkaufen. Sie könnten oder möchten nicht, sie müssen! Und das sind nur die Faktoren, die unmittelbar auf die Kurse wirken. Auch die mittelbaren Faktoren haben auf einmal viel Unfreiwilligkeit in sich: Die mittelbaren ZwängeWas tun diejenigen, die von den vielerorts in den USA schlagartig und massiv angehobenen Kreditrestriktionen und den angehobenen Kreditzinsen betroffen sind? Sie müssen ihre Investitionen entweder teuer bezahlen (was die meisten nicht wollen oder können) – oder sie auf Eis legen. Davon sind der neue Kühlschrank des Nachbarn ebenso betroffen wie Unternehmensübernahmen. Was tun diejenigen US-Familien, deren Hypotheken nun teurer bis - für manche – unbezahlbar werden, weil die Zinsanpassung vollzogen wird? Weniger konsumieren, um die höhere Belastung tragen zu können? Vielleicht. Das wäre aber schlecht für die US-Wirtschaft. Oder verkaufen? Wie denn, wenn ein solches Überangebot an Häusern herrscht, dass sie, wenn überhaupt, nur mit Verlust verkaufen könnten? Das wäre ebenso schlecht für die US-Wirtschaft. Und die rettenden Engel der Notenbanken? Sie pumpen immer noch ihre Milliarden in den Markt, um ihn am laufen zu halten. Viele Banken nutzen diese Schnellkredite, um ihre eigenen Schieflagen zu stützen. Damit das Kartenhaus nicht heute, sondern morgen zusammenbricht. Und alle warten auf ein Wunder. Vor allem in Form einer Zinssenkung. Doch mal ehrlich: Was würde die in einem solchen Umfeld schon mehr bewirken als die Erkenntnis, dass auch die sonst so souveränen Notenbanken in Angst geraten und deswegen Maßnahmen vornehmen, die kurzfristig heilen und langfristig schaden? Nach uns die Sintflut? ... bitte lesen Sie weiter im 2. Abschnitt ...
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Zwangslagen und vermeintliche Einstiegkurse (II)von Ronald Gehrt Darüber hinaus sehen wir Tag für Tag, wie die angeblich so isolierten, irrelevanten Sub-Prime-Kreditproblemchen immer mehr Auswirkungen auf alles haben: Den Kreditmarkt, die Aktienmärkte, die Anleihen, den Konsum. Und bald auch auf den Arbeitsmarkt. Und weil’s gerade reinpasst: Lausige Konjunkturdaten!Zudem ist es ja nicht so, als ob sonst alles bestens wäre. Drei Konjunkturdaten gab es gestern, alle drei waren negativ. Wir haben bis auf ganz wenige Ausnahmen in den letzten zwei Monaten die Wahl gehabt: Prognose getroffen oder schlechter. Kein gutes Zeichen. Gestern erfreute uns der Immobilienmarkt mal wieder mit Neuigkeiten. So fielen die Neubaubeginne im Juli erneut um diesmal –6,1% auf nur noch 1,381 Millionen Einheiten, der tiefste Stand seit ca. 10 Jahren. Und die Baugenehmigungen sackten um –2,8% auf 1,373 Millionen durch, ebenfalls das schwächste Niveau seit gut 10 Jahren. Kaum erwähnenswert, dass man mehr erwartet hatte. Und der Konjunkturindex der Notenbank von Philadelphia (kurz Philly-Fed), der um 18 Uhr unserer Zeit folgte, lag mit +/- 0,0 ebenfalls deutlich unter der Prognose. Nach +9,2 im Juli hatte man hier ein gehaltenes Niveau zwischen 8 und 10 erwartet. Zwar stieg der Ausblick für die kommenden sechs Monate, aber der hatte sich schon so oft als voll daneben erwiesen, dass dieser nicht beachtet wurde. 
Viele Gründe für weiter fallende Kurse, aber für eine Wende?Und da reden dann welche von Einstiegskursen? Von „wer erwischt die Rallye“? Sie können gerne anderer Ansicht sein. Aber ich für meinen Teil, der nun schon reichlich kleine und große Dramen an den Börsen mitgemacht habe, stelle mich hin und propagiere das Gegenteil: Ich finde in der jüngeren Vergangenheit nur zwei vergleichbare Situationen, in welchen dies ebenso klar war: 1998 und 2000. Jede Rallye von ein paar Prozent ist in meinen Augen in diesem Umfeld, das sich eben nicht über Nacht einfach so wegplappern lässt, die Chance, um sukzessive Positionen abzubauen. Ausgenommen natürlich für Trader, die einfach schnell und konsequent einsteigen und wieder rausgehen. Aber für richtige Investments ist das hier meiner Ansicht nach ganz eindeutig noch keine Einstiegschance. Vielleicht, wer weiß (ich bezweifle es indes sehr) auf diesem Kursniveau – aber dann nur nach einer ordentlichen Bodenbildung. Aber wahrscheinlich wird das Tief deutlich weiter unten liegen. Die Wunder-Rallye von New YorkNun haben die Börsen in den USA nach massivsten Verlusten eine Wende hingelegt und leicht im Minus, der S&P 500 sogar leicht im Plus geschlossen. Das ist fein. Und dass dabei gleitende Durchschnitte verteidigt wurden, ist typisch. 
Sehen Sie, diese Rallye mit fast positivem Ausgang, beim Dow Jones vom 200 Tage-GD weg um 350 Punkte nach oben in 45 Minuten, warum kam die? Sind die negativen Faktoren erledigt? Nein. Nicht mal einer davon. Immer an solchen Marken wie eben z.B. „10%-Korrektur“ und „200 Tage-Durchschnitt“ machen die computergesteuerten Handelssysteme „klick“ und legen los. Das ist vor allem dann ein leichtes Spiel, wenn die Bären sich mit über 300 Punkten nach unten schon verausgabt haben. Das haben wir nicht einmal, sondern Hundertmal in den letzten zehn Jahren erlebt. Das ist halt so. Diese „Wunder“ hatten wir in den vergangenen drei Wochen schon zweimal ... Sie sehen, was das bislang brachte. Das sind aber keine „Kaufprogramme“. Fallen diese gestern verteidigten Linien, machend die Programme „klack“ und dann geht es senkrecht nach unten wie in den Tagen zuvor. Klar, das kann ein, zwei feste Tage nach sich ziehen ... muss aber nicht. Die Lage ist und bleibt die selbe – da hat diese „Wunder-Rallye“ nicht den Hauch eines Einflusses. Also lassen Sie sich bitte nicht zu früh in den Markt locken! Im Gegensatz zum „unfallbaren“ Dax (auf Basis 22 Uhr zu 22 Uhr Mittwoch +0,8%, haha) , der wohl wie prophezeit nun zum heutigen Verfalltermin für Optionen brav auf die gewünschte 7.400 schweben könnte, finden sich an Wall Street durchaus handfeste Chartzonen, deren Überbieten zumindest charttechnisch positive Signale generieren würde. Zu den Charts dazu kommen wir dann am Montagmorgen Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende – bis Montag! Ronald Gehrt |