manager-magazin.de, 06. September 2006, 08:37 Uhr ROHSTOFFE Knapp und teuer
Seit Chinas Wirtschaft brodelt, werden die Rohstoffe weltweit knapp. Eisenerz und Kupfer beispielsweise sind plötzlich zu einer ungewöhnlich begehrten Ware geworden – und die Rohstoffunternehmen zu gesuchten Übernahmezielen. Experten erwarten ein neues Rohstoffjahrzehnt.
Hamburg - Wieder ein Spitzenwert: Der Preis für die Feinunze Silber kletterte in der vergangenen Woche bis auf 13,05 Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit Mitte Mai. Ein einziges 159-Liter-Fass Rohöl kostet derzeit rund 70 Dollar und damit so viel, wie lange Jahre nicht mehr. Behalten Experten recht, dürfte der Rohstoff-Boom sogar noch einige Jahre anhalten. "Rohstoff-Haussen laufen über Jahrzehnte", sagt beispielsweise Börsenprofi Marc Faber zu manager-magazin.de. "Die, die wir gerade erleben, ist erst fünf Jahre alt. Da ist noch Spielraum."
Die Rohstoffbranche hat die Erkundung neuer Lagerstätten vernachlässigt
Grund für den aktuellen Lauf der Rohstoffe ist vor allem die Nachfrage nach Metallen und Mineralien, die in der Industrie gebraucht werden. Solange die Konjunktur auf Hochtouren läuft, bleibt auch die Rohstoffnachfrage der Industriestaaten hoch – und damit auch die Preise der Rohstoffe.
Zuletzt hat die Europäische Zentralbank noch ihre Wachstumsprognose für Europa angehoben. Die Eurobanker rechnen für dieses Jahr nun mit einer Wachstumsrate von 2,2 bis 2,8 Prozent in Euroland und für 2007 von 1,6 bis 2,6 Prozent; im Juni waren noch Werte von 1,8 bis 2,4 sowie 1,3 bis 2,3 Prozent vorhergesagt worden.
Engpass für mehrere Jahre
Mehr noch: Die Nachfrage nach Rohstoffen hat sich von der Konjunktur im Westen ein wenig abgekoppelt, ohne dass die Preise sinken. Denn mittlerweile ordern vor allem die riesigen Schwellenländer China und Indien tonnenweise Mineralien, Metalle und Brennstoffe für ihre brodelnde Wirtschaft. Experten der Citibank haben ausgerechnet, dass die Rohstofforders der Chinesen mittlerweile 65 Prozent des jährlichen zusätzlichen Rohstoffverbrauchs ausmachen, und das weltweit. Selbst wenn es in einigen Monaten in den etablierten Industriestaaten nicht mehr ganz so gut laufen sollte wie derzeit, bleibt die Rohstoffnachfrage deshalb wohl auf vergleichsweise hohem Niveau, glauben Experten.
"Wir sind sicher, dass die Angebots- und Nachfragesituation für viele Metalle und Mineralien, die hinter dem Preisauftrieb der Rohstoffe steckt, auf Jahre fortbestehen wird", sagt Graham French zu manager-magazin.de, Manager der Global Basics und International Growth Fonds der britischen Investmentgesellschaft M&G.
Der Mann könnte recht behalten. Die aktuell hohen Rohstoffpreise sind auch Folge eines Lieferengpasses, der so schnell nicht behoben werden kann. Seit Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts haben die Rohstoffmultis viel zu wenig Geld in die Suche nach neuen Vorkommen investiert.
Die Folgen sind bereits jetzt zu spüren: Die Vorräte werden knapper. "Von vielen Analysten werden signifikante Lieferdefizite für die meisten Rohstoffe vorhergesagt, und zwar gleich für die nächsten Jahre. Besonders prekär ist die Lage für Kupfer-, Zink-, Nickel-, Eisenerz- und Kohlevorkommen", sagt French.
Er rechnet deshalb auch damit, dass die Rohstoffpreise in den kommenden Jahren steigen werden – ebenso, wie die Aktiennotierungen der Rohstoffunternehmen, die so begehrt sind, wie lange nicht mehr.
Die Minenindustrie hat nicht zuletzt deshalb eine gewaltige Übernahmewelle erfasst. Allein im laufenden Jahr haben sich die Rohstoffunternehmen gegenseitig Firmenkaufofferten für rund 100 Milliarden Dollar unterbreitet, haben Investmentgesellschaften ausgerechnet. Zuletzt lieferten sich der US-Konzern Phelps Dodge und die brasilianische Companhia Vale do Rio Doce eine spektakuläre Bieterschlacht um den weltweit zweitgrößten Nickelproduzenten Inco.
Eisenerzmine in Australien: Weltmarktführer BHP Billiton kauft Minen und Gesellschaften zu Milliardenpreisen Im vergangenen Jahr stach das australisch-britische Unternehmen BHP Billiton die Schweizer Xstrata im Kampf um den australischen Bergbaukonzern WMC aus. Für 7,2 Milliarden Dollar kaufte sich die Gesellschaft mit Sitz in Melbourne und London schließlich die Bergbaufirma, die ein Drittel der Uranvorkommen sowie die viertgrößten Gold- und Kupferreserven der Welt besitzt.
Kreditfachleuten machen die Firmenkäufe bereits Sorgen. Die Bonitätswächter von Moody's beispielsweise fürchten, dass die hohen Übernahmepreise sich unter Umständen langsamer bezahlt machen als gedacht, sollten die Rohstoffpreise einige Monate nachgeben und die Gewinne der Rohstofffirmen so zwischenzeitlich unter Druck geraten.
Nach Meinung des Börsenexperten Faber ist das auch nicht so selten. "Kurzfristig besteht derzeit die Gefahr, dass manche Rohstoffpreise um bis zu 40 Prozent sinken, besonders die Kupfer oder Rohölnotierungen können dafür anfällig sein. Am großen Aufwärtstrend ändert das aber nichts", glaubt Faber.
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